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Aufbruchstimmung im Bullentempel

Über 300.000 Studierenden weltweit hat die internationale Organisation IAESTE bereits einen Praktikumsplatz im Ausland vermittelt. Doch wer in 33 Ländern tätig ist, muss sich immer wieder neu strukturieren und abstimmen. Deswegen kommen die überwiegend ehrenamtlichen Mitarbeiter von IAESTE aus aller Welt jedes Jahr zu einem Arbeitstreffen zusammen. Dieses Jahr findet es in Deutschland, im norddeutschen Rendsburg statt.

Von Tomma Schröder |
    Es herrscht gute Stimmung im Bullentempel in Rendsburg. Die ehemalige Viehauktionshalle in dem kleinen norddeutschen Städtchen hat vermutlich selten Besuch von so vielen verschiedenen Nationen erhalten. 67 Teilnehmer aus 33 Ländern haben sich für das Treffen der internationalen Praktikumsorganisation IAESTE angekündigt. Und doch: So ganz füllen will sich die Kneipe an diesem Eröffnungsabend nicht. Der Vulkanausbruch auf Island und das folgende Flugchaos hat auch das jährliche Arbeitstreffen der IAESTE mächtig durcheinandergebracht. Die Norweger müssen wohl ganz zu Hause bleiben, meint Gerhard Gevelmann, Koordinator des Treffens, andere treffen erst verspätet ein.

    "In Schweden ist es etwas schwierig und Großbritannien hat mit Verspätungen zu kämpfen. Wir hoffen aber, dass da morgen noch die ganzen Delegierten eintreffen werden. Es sieht ganz gut aus, dass wir hier durchaus mit fast voller Stärke auflaufen können."

    Und dann heißt es drei Tage lang: Diskutieren, arbeiten, Lösungen finden. Denn auch wenn die Organisation schon seit 1948 besteht und auf eine gewisse Erfahrung zurückblicken kann - es gibt immer wieder neue Aufgaben. Daniel Huppmann vom internationalen IAESTE-Vorstand:

    "Das Ziel ist der Austausch. Das Ziel ist, so viel wie möglich Studenten um die Welt zu schicken. Klingt einfach, ist es nicht. Wenn man die tollste Administration hat, und es weiß kein Student und keine Firma von uns, bringt es nichts. Wenn alle Studenten wissen, dass es IAESTE gibt und die Firmen denken, das ist doof, bringt uns das auch nichts. Das Wichtigste ist, dass wir da im Gleichklang zwischen diesen verschiedenen Arbeitspaketen arbeiten und immer dieses Ziel im Kopf haben, möglichst die Zahl und die Qualität der Praktika zu erhöhen."

    Deshalb wurden für das Arbeitstreffen vier Gruppen gebildet: Verwaltung, Marketing, Internetauftritt und interne Kommunikation sind die Themen. Trockene Materie für eine bunte internationale Gruppe von jungen Menschen. Aber Arbeit und Spaß geht bei IAESTE meistens Hand in Hand, meint Gerhard Gevelmann:

    "Jeder bringt seine Ideen ein, um im Endeffekt zu sehen, dass wir Kultur austauschen, aber auch Erfahrungen und Wissen austauschen. Und dass man halt zusammen Spaß hat und sieht, was die Welt zu bieten hat."

    Was die Welt zu bieten hat, ist aber gerade für Deutsche nicht mehr so leicht zu erkunden, wie früher, meint Günter Müller-Graetschel, Referatsleiter für den Internationalen Praktikantenaustausch beim DAAD:

    "Im Moment haben wir die Situation, dass die Ausländer sehr gerne nach Deutschland kommen, und nicht nur sechs Wochen bleiben, sondern manchmal auch sechs Monate oder zwölf Monate. Aber umgekehrt die Deutschen sehr häufig Skrupel haben, rauszugehen in die weite Welt. Weil sie sagen, wenn ich in diesem Sommer zwei Monate weg bin, dann schaffe ich vielleicht meine Klausur nicht mehr, meine mündlichen Prüfungen nicht mehr, meine Hausarbeiten nicht mehr. Und dementsprechend sind die Rahmenbedingungen für das Auslandspraktikum nicht so günstig."

    Deswegen will Günter Müller-Graetschel nun versuchen, für deutsche Studierende auch kürzere Praktikumszeiten von etwa sechs Wochen möglich zu machen. Keine leichte Aufgabe, zumal die Wirtschaft in der letzten Zeit ohnehin nicht gerade spendabel war mit Praktikumsplätzen. Doch Günter Müller-Graetschel blickt dennoch optimistisch in die Zukunft.

    "Letztendlich geht es uns auch darum, wieder Tritt zu fassen vor dem Hintergrund der gelaufenen wirtschaftlichen Krise, denn da sind unsere Zahlen im letzten Jahr ziemlich zurückgegangen. Und wir haben jetzt eine neue Geschäftsführung, ein neuen Generalsekretär, ein neues Board, und da ist einfach Aufbruchstimmung."

    Und die ist trotz Vulkanausbruch und Wirtschaftskrise auch im Rendsburger Bullentempel deutlich zu spüren. Inder, Amerikaner, Belgier lachen, diskutieren und reden wild durcheinander. Sie alle scheinen zu brennen für ihre Organisation. So wie Patricia Kara aus Lettland:

    "Ich bin begeistert von dieser Organisation. Deswegen versuche ich auch so viel wie möglich dafür zu tun. Es ist einfach super für Studierende. Sie sollten mit den Möglichkeiten von IAESTE die Welt entdecken!"