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Aufklärung ist gefordert

Ab Oktober hat sie bei uns wieder Saison: die Virusgrippe, die Influenza. Da die gefährlichen Grippeviren sehr wandelbar sind, muss die Schutzimpfung jedes Jahr angepasst werden. Nach Angaben der Arbeitsgemeinschaft Influenza ist der aktuelle Impfstoff bereits jetzt verfügbar.

William Vorsatz |
    Die Grippe wird in ihrer Gefährlichkeit weit unterschätzt. Dabei fordert sie alljährlich so viele Todesopfer wie der Straßenverkehr. Und die Bilanz des letzten Winters war besonders verheerend. Dr. Udo Buchholz, Epidemiologe am Robert-Koch-Institut in Berlin:

    Wir hatten in der letzten Saison eine recht starke Grippesaison gehabt, etwas unerwartet, sie war deutlich stärker als in den beiden Vorjahren, in einer durchschnittlichen Influenzasaison gehen wir davon aus, dass durch die Grippe bedingt etwas 5000 bis 8000 Menschen versterben, wir schätzen, dass in der letzten Saison 16000 Menschen daran verstorben sind.

    Viel zu viele vermeidbare Todesfälle, denn eine vorbeugende Grippeimpfung schützt. Von Oktober bis April ist Grippesaison. Da die Grippeviren sich ständig verändern, werden sie in dieser Zeit ganz besonders beobachtet. Bei Patienten mit grippetypische Symptome nehmen 700 behandelnden Ärzte überall im Land Abstriche aus dem Rachen. Diese schicken sie dann an zwei nationalen Influenza-Zentren in Berlin und Hannover.

    Das ist wichtig, um einen Überblick zu haben, welche Viren überhaupt in Deutschland zirkulieren, Eine Stichprobe dieser Viren wird dann an die Weltgesundheitsorganisation geschickt, die von weltweit über hundert anderen Labors ebenfalls eine Stichprobe dieser Viren erhält, und diese wiederum sind Grundlage für die Empfehlung für den Impfstoff für die kommende Saison.

    Im Sommer wird der neue Impfstoff dann noch einmal genau überprüft und anschließend in ausreichenden Mengen produziert. Dieser Tage nun ist er überall einsatzbereit. Die Auswertung der letzten Jahre zeigt, dass der Cocktail später immer ganz gut mit den zirkulierenden Viren übereingestimmt hat. So konnte bei immunisierten Personen eine Grippe entweder völlig verhindert oder wenigstens stark abgeschwächt werden.

    Aber noch immer zögern viele Menschen, sich vorbeugend impfen zu lassen, weil sie Ängste haben. Diese beruhen meist auf mangelnden oder falschen Informationen. So befürchtet jeder Fünfte, die vorbeugende Impfung könne selbst eine Grippe auslösen. Dr. Buchholz:

    Im Grippeimpfstoff sind nur Bestandteile der Grippeviren enthalten, die dazu da sind, dass der Körper Antikörper aufbaut, und dann ein Grippevirus erkennt, es handelt sich also um Totimpfstoffe, die können also daher gar keine Grippe selbst verursachen.

    Und zwei von drei Befragten bezweifeln gar die Zuverlässigkeit des Schutzes. Dabei deckt die Immunisierung nahezu alle Hauptvarianten der saisonal auftretenden Grippeviren vollständig ab und seltene, veränderte Subtypen wenigstens weitgehend. Und wenn Geimpfte dennoch krank werden, so sind es meist Atemwegsinfekte mit grippeähnlichen Symptomen durch andere Erreger. Oder die Zeit nach der Impfung war zu kurz. Etwa zwei Wochen braucht der Körper für den Aufbau des eigenen Schutzes. Dringend zu empfehlen ist die Impfung bei älteren und kranken Menschen mit geschwächtem Immunsystem. Bei der letzten Grippeattacke sind jedoch auffällig viele Kinder erkrankt.

    In jeder Influenzasaison ist die Altersgruppe, die besonders betroffen ist, immer etwas davon abhängig, welcher Erreger kursiert, in der letzten Saison hatten wir feststellen müssen, dass insbesondere Kleinkinder, aber noch deutlicher die Schulkinder, die 5- bis 15-Jährigen etwa, besonders stark von der Welle betroffen waren.

    So erwägt die Arbeitsgemeinschaft Grippe, in der auch das Robert Koch-Institut mitarbeitet, die Ausweitung der Impfschutzempfehlung auf Kleinkinder zwischen dem 9. und 23. Monat. Aber auch vitale, erwachsenen Personen sollten überdenken, ob sie sich nicht besser impfen lassen. Auch sie können erkranken. Und haben oft Schwächere in ihrer Umgebung, die sie ohne Schutz leicht anstecken können: beispielsweise in der Familie, im Arbeitsteam oder in der Schulklasse. Mit ihrer derzeitigen Impfkampagne zielt die Arbeitsgemeinschaft Influenza jedoch vor allem auf die eigenen Reihen.

    Wir wissen, dass die Impfrate bei ärztlichem und Pflegepersonal leider noch bundesweit sehr niedrig ist. Da stehen wir zwar nicht alleine in Europa da, aber wir denken, dass dies sehr wichtig ist, wir schätzen die Impfrate etwa mit 10 bis 15 Prozent ab, und wir wissen, dass einer der wichtigsten Faktoren, um dies zu verbessern, die Aufklärung ist.

    Mit einer gezielten Kampagne soll die Quote nun deutlich gesteigert werden. So hat die Arbeitsgemeinschaft allen Krankenhäusern und Altenheimen Briefpost mit umfangreichem Informationsmaterial zugeschickt. Aber auch für alle anderen gilt: die beste Zeit für einen Schutzimpfung rückt näher. Von Mitte Oktober bis Mitte November ist ideal. Noch rechtzeitig vor Beginn der neuen Welle und spät genug, um den Schutz bis zum Frühling zu gewährleisten.

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