Diese Woche haben deutsche Zeitungen die Geschichte eines 24-jährigen US-Soldaten erzählt, der im Irak-Krieg schwer verwundet wurde. Auch nach 40 Operationen blieb sein Gesicht übel entstellt; er hat keine Augen, keine Nasen, keine Haare, kaum einen Mund. Das Happy-End geht so: Seine Jugendliebe Renée hat ihn geheiratet, sie hält auch nichts von plastischer Chirurgie, der Schlüsselsatz lautet: "Ich will Ty so, wie er jetzt ist."
Das ist ungefähr das Gegenteil von dem, was Lette passiert, der häßlich ist und das nicht einmal merkt. Erst als sein Chef ihn nicht zur Präsentation seiner eigenen Erfindung, eines Starkstromsteckers, fahren lassen will und auch seine Frau deutliche Worte findet, wird ihm klar, was los ist.
Nun will allerdings er sich nicht mehr, wie er ist und lässt sich ein neues Gesicht verpassen. Ein wundervolles Gesicht. Damit wird er zum Werbe-Star seiner Firma, zum Liebling aller Frauen - und zum Arschloch, der den Sozialdarwinismus, Auslese durch Schönheit in diesem Fall, gründlich ausleben will:
Lette und seine Frau Fanny spielen Lars Eidinger und Bibiana Beglau, die aber auch noch die 73-jährige Inhaberin der Firma Nuklearktik mit viel Interesse für die "40-Zentimeter Stecker-Buchsen-Anwendung" gibt und eine Arzthelferin. Lettes Chef Scheffler ist auch noch Chirurg, und Lettes Assistent Karlmann gleichzeitig der Sohn der alten Dame. Vier Schauspieler übernehmen also acht Rollen, und der Wechsel der Identitäten - ohnehin eine der essentiellen "Verabredungen" im Theater, die den Autor Marius von Mayenburg interessiert hat - wird entweder gar nicht oder mit Hilfe der wenigen Requisiten ins Werk gesetzt: Gummihandschuhe, Thermoskannen, und immer wieder Äpfel, die geschält, gegessen, aufgespießt oder aufgehängt werden, wie übrigens auch Lette und Karlmann: in ähnlicher Montur wie Paraglider, an Stahlseilen schwingend, fliegen sie durch die Luft.
Der Autor hat einen durchlaufenden Text geschrieben, und in seiner einzigen Regieanweisung darüber hinaus festgelegt, dass Lette normal aussehen sollte und auch nach den Operationen "keinerlei Veränderungen an den Gesichtern der Schauspieler zu sehen sind". Chirurg Scheffler nämlich hat Lettes Gesicht in Serie gehen lassen, denn natürlich wollen alle so aussehen wie er. Schnell ist Lettes Distinktionsgewinn futsch - seine Frau hat jetzt die Wahl! -, und das Happy End geht dann so: Lettes Selbstmord wird vom schwulen Muttersöhnen Karlmann, inzwischen auch gesichtsoperiert, verhindert:
Von der lust- und geräuschvoll in Szene gesetzten Schönheitsoperation über die Sex-Ökonomie-Debatte bis zur vollständigen Auflösung der Identitäten in gerade mal einer guten Stunde, das ist beachtlich. Dabei ist der Text witziger als die Inszenierung, wobei er sich mit Tiefgang kaum aufhält. Vermutlich muss Regisseur Benedict Andrews seine Protagonisten deshalb so ausführlich in der Luft baumeln lassen, ob im 7. Himmel oder über dem Abgrund ist am Ende nicht sicher. Die Untiefen des Stücks aber können demnächst bestimmt noch handfester ausgelotet werden.
Das ist ungefähr das Gegenteil von dem, was Lette passiert, der häßlich ist und das nicht einmal merkt. Erst als sein Chef ihn nicht zur Präsentation seiner eigenen Erfindung, eines Starkstromsteckers, fahren lassen will und auch seine Frau deutliche Worte findet, wird ihm klar, was los ist.
Nun will allerdings er sich nicht mehr, wie er ist und lässt sich ein neues Gesicht verpassen. Ein wundervolles Gesicht. Damit wird er zum Werbe-Star seiner Firma, zum Liebling aller Frauen - und zum Arschloch, der den Sozialdarwinismus, Auslese durch Schönheit in diesem Fall, gründlich ausleben will:
Lette und seine Frau Fanny spielen Lars Eidinger und Bibiana Beglau, die aber auch noch die 73-jährige Inhaberin der Firma Nuklearktik mit viel Interesse für die "40-Zentimeter Stecker-Buchsen-Anwendung" gibt und eine Arzthelferin. Lettes Chef Scheffler ist auch noch Chirurg, und Lettes Assistent Karlmann gleichzeitig der Sohn der alten Dame. Vier Schauspieler übernehmen also acht Rollen, und der Wechsel der Identitäten - ohnehin eine der essentiellen "Verabredungen" im Theater, die den Autor Marius von Mayenburg interessiert hat - wird entweder gar nicht oder mit Hilfe der wenigen Requisiten ins Werk gesetzt: Gummihandschuhe, Thermoskannen, und immer wieder Äpfel, die geschält, gegessen, aufgespießt oder aufgehängt werden, wie übrigens auch Lette und Karlmann: in ähnlicher Montur wie Paraglider, an Stahlseilen schwingend, fliegen sie durch die Luft.
Der Autor hat einen durchlaufenden Text geschrieben, und in seiner einzigen Regieanweisung darüber hinaus festgelegt, dass Lette normal aussehen sollte und auch nach den Operationen "keinerlei Veränderungen an den Gesichtern der Schauspieler zu sehen sind". Chirurg Scheffler nämlich hat Lettes Gesicht in Serie gehen lassen, denn natürlich wollen alle so aussehen wie er. Schnell ist Lettes Distinktionsgewinn futsch - seine Frau hat jetzt die Wahl! -, und das Happy End geht dann so: Lettes Selbstmord wird vom schwulen Muttersöhnen Karlmann, inzwischen auch gesichtsoperiert, verhindert:
Von der lust- und geräuschvoll in Szene gesetzten Schönheitsoperation über die Sex-Ökonomie-Debatte bis zur vollständigen Auflösung der Identitäten in gerade mal einer guten Stunde, das ist beachtlich. Dabei ist der Text witziger als die Inszenierung, wobei er sich mit Tiefgang kaum aufhält. Vermutlich muss Regisseur Benedict Andrews seine Protagonisten deshalb so ausführlich in der Luft baumeln lassen, ob im 7. Himmel oder über dem Abgrund ist am Ende nicht sicher. Die Untiefen des Stücks aber können demnächst bestimmt noch handfester ausgelotet werden.