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Aufsicht der Landesmedienanstalten
Wer darf senden, wer nicht?

Die Landesmedienanstalten haben dem deutsch-russischen "Megaradio SNA" eine Zulassung verweigert, zu groß sei die Nähe zum russischen Staat. Währenddessen gilt der deutsch-türkische Sender "Metropol FM" als Positiv-Beispiel. Wie treffen die Landesmedienanstalten die schwierige Entscheidung über die Sendezulassung?

Von Ludger Fittkau | 06.06.2018
    Berlin: Logo des ersten türkischsprachigen Radios in Berlin. Seit dem 07.06.1999 sendet «94,8 Radyo Metropol FM» rund um die Uhr. In dem Privatsender mit ausschließlich deutschen Gesellschaftern wird nur türkisch gesprochen. Die offizielle Einwohnerzahl weist 139 000 türkische Berliner aus, die Dunkelziffer liegt bei 170 000 bis 180 000 Türken. Das Programm von «Metropol FM« richtet sich vor allem an die zweite Generation der Einwanderer, die den größten Teil der türkischsprachigen Bevölkerung ausmacht und deren Kinder.
    Das Logo des ersten türkischsprachigen Radios in Berlin Metropol FM. Der Privatsender gilt als unabhängig vom türkischen Staat - und darf sich deswegen auf weitere UKW-Frequenzen bewerben. (Zentralbild)
    Joachim Becker ist der Direktor der Hessischen Landesanstalt für privaten Rundfunk und neue Medien in Kassel. Seine Anstalt hat die Federführung im laufenden Rechtsstreit der gemeinsamen Kommission für Zulassung und Aufsicht (ZAK) der 14 Landesmedienanstalten mit Megaradio SNA.
    Der Sender mit Sitz in Augsburg übernimmt aus Sicht der Medienanstalten täglich zu viel Radioprogramm, das aus staatlichen russischen Quellen finanziert wird. Joachim Becker:
    "Wo die ZAK, also die Zentrale Aufsichtskommission, die für die Zulassung bundesweiten Rundfunks mittlerweile zuständig ist, wo die ZAK gesagt hat, wir folgen diesem Zulassungsantrag nicht. Sondern wir lehnen ihn ab."
    Megaradio SNA - Programm von "Russland heute"
    Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Kassel in diesem Rechtsstreit wird in Kürze erwartet. Auch die Medienanstalt Berlin-Brandenburg hat Megaradio SNA unlängst eine Lizenz für eine regionale DAB-Plus-Frequenz verweigert.
    Dabei geht es nicht um eine mögliche AfD-Nähe des Programms, die etwa Klaus Staeck, der ehemalige Präsident der Berliner Akademie der Künste Megaradio SNA vorgeworfen hatte. Anja Zimmer, Direktorin der Medienanstalt Berlin-Brandenburg begründet ihre Haltung mit der mangelnden Staatsferne des Programms. Damit sei der Staatsvertrag verletzt:
    "Megaradio kriegt jeden Tag 12 Stunden zugeliefertes Programm des staatlichen russischen Medienunternehmens 'Russland heute' und wird in diesem Zusammenhang auch von 'Russland heute' vergütet. Diese Konstellation ist so ungewöhnlich, dass wir gesagt haben: Die Verantwortung liegt tatsächlich in Teilen nicht bei den Antragstellern."
    Megaradio SNA in Augsburg möchte aktuell zum laufenden Rechtsstreit keine Stellung nehmen, hieß es auf Anfrage des Deutschlandfunks.
    Joachim Becker, der Direktor der Hessischen Landesanstalt für privaten Rundfunks, beobachtet schon seit längerem eine Ausrichtung des Programms auf Themen, die an die Zeit der Sowjetunion und des Ostblocks erinnern. Kein Verbotsgrund, aber skurril:
    "Es werden unglaublich lange Beispiele ausgestrahlt etwa über Kunstwerke aus der DDR-Vergangenheit, die jetzt in irgendwelchen Kellern schlummern. Und es wird dann ellenlang darüber diskutiert, warum holt man die nicht zurück ans Licht und stellt sie wieder aus."
    Für ausländische staatliche Sender: Keine Rundfunklizenz
    Doch Russland ist nicht der einzige fremde Staat, der auf hier lizensierte Programme Einfluss zu nehmen versucht:
    "Wir haben Programme aus dem arabischen Raum, die hier versuchen, ein Bein auf die Erde zu kriegen. Der Rundfunkstaatsvertrag sieht ganz klar vor, dass eben auch ausländische staatliche Sender hier in Deutschland keine Rundfunklizenz erlangen können", betont Joachim Becker.
    "Und jetzt kommt dann häufig halt die Frage auf: Gibt es da Umgehungstatbestände? Also etwa dergestalt, dass man hier in Deutschland etwa eine GmbH gründet und sich das dann alles aus dem Ausland zuliefern lässt. Solche Dinge gibt es, solche Dinge werden hier auch sehr, sehr intensiv geprüft. Man kann nicht alles verhindern, das ist einfach so. Aber auch da sind wir sehr sensibel aufgestellt."
    Positiv-Beispiel: der deutsch-türkische Sender Metropol FM
    Das aktuelle Positiv-Beispiel ist aus Sicht der Landesmedienanstalten der deutsch-türkische Sender Metropol FM. Der Privatkanal, der seit fast 20 Jahren in verschiedenen deutschen Regionen wie Berlin, in Teilen von Rheinland-Pfalz, Stuttgart oder Bremen sendet, schafft es trotz der zuletzt starken politischen Spannungen erfolgreich, mögliche Einflüsse aus der Türkei abzuwehren. Metropol-FM Geschäftsführer Tamer Ergün:
    "Ich habe immer gesagt, wir müssen die Nabelschnur zu den politischen Entwicklungen in der Türkei abschneiden. Damit wir uns hier weiter entwickeln können, das war immer meine Rede. Und das hat sich dann auch bewahrheitet. Wir können einfach als türkisch-sprachige Minderheit hier nicht - und damit meine ich auch die Kurden, die Lasen und alles Mögliche - uns nicht weiterentwickeln, wenn wir ständig die politischen Konflikte aus der Türkei nach Deutschland tragen."
    Aktuell bewirbt sich Metropol FM um ehemalige UKW-Frequenzen des Deutschlandradios etwa in Frankfurt am Main, Darmstadt oder in Mittelhessen, die frei geworden sind. Die Chancen für eine Lizenz stehen nicht schlecht, glaubt man Joachim Becker, der Direktor der Hessischen Landesanstalt für privaten Rundfunk, die zuständig ist:
    "Das ist wirklich ein hochgradig unabhängiges Programmangebot. Das ist auch sehr wertvoll. Das steht nach unseren derzeitigen Erkenntnissen unter keinerlei staatlichem Einfluss der Türkei - in dem Fall."