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Aufsichtsrat kontrolliert Universitäten

Große Unternehmen haben einen Aufsichtsrat. Der soll den Betrieb kontrollieren und aufpassen, dass sich das Unternehmen finanziell nicht übernimmt. Ein solches Modell hat das Land Schleswig-Holstein für seine Universitäten eingeführt. Nur heißt der Aufsichtsrat dort Universitätsrat. Die Proteste waren groß bei der Einführung des Unirats vor fast einem Jahr.

Von Jens Wellhöner |
    Beim Thema "Universitätsrat" verzieht der Kieler Uni-Präsident Thomas Bauer sein Gesicht. Auch nach zehn Monaten ist er mit dieser Einrichtung noch nicht versöhnt:
    "Zunächst einmal sitze ich kritisch daneben, weil ich dieses Gremium für überflüssig halte. Die Uni Kiel hat sich sehr gut selber verwalten können. Und in direkten Verhandlungen mit dem Ministerium auch für sich selber streiten können."

    Der Unirat hat umfangreiche Kompetenzen: Er beschließt unter anderem, welche Fächer an welcher Uni unterrichtet werden, wie viel Personal dort arbeitet. Und wie die Gelder aus dem Landeshaushalt auf die einzelnen Hochschulen verteilt werden. Die Vertreter der Unis haben in ihm allerdings kein Stimmrecht: Experten von außerhalb Schleswig-Holsteins treffen die Entscheidungen: Insgesamt neun Professoren und Vertreter der Wirtschaft, vom Wissenschaftsminister ernannt. Die Universitäten Kiel, Lübeck und Flensburg durften sie ihrer Landesregierung aber vorschlagen. Claus Frömsdorf, Jurist und Geschäftsführer des Universitätsrats:

    "Das sind erfahrene Wissenschaftler. Denen geht es nicht um eine regionale Politik in Lübeck, Flensburg und Kiel. Sondern es geht denen um eine gescheite und gute Wissenschaftslandschaft. Dass die Mittel zwischen den Universitäten besser verteilt werden."

    In Zeiten knapper Kassen tobt in Schleswig-Holstein ein regelrechter Verteilungskampf zwischen den Unis. Das Problem: Flensburg und Lübeck sind kleine Hochschulen, Kiel dagegen eine große Uni mit vielen Fächern und über 20.000 Studierenden. Der Kieler Uni-Präsident Thomas Bauer:

    "Die finanziellen Möglichkeiten gestatten nicht, dass man die Universitäten Lübeck und Flensburg weiter ausbaut. Ein weiterer Ausbau könnte nur auf Kosten der Universität Kiel geschehen, wie es auch in der Vergangenheit so gewesen ist. Und dagegen werden wir uns erbittert wehren. Und hoffen, dass der Universitätsrat erkennen wird, dass dieses Land eine gute Volluniversität braucht und diese auch erhalten will. "

    Der Unirat befindet sich mitten zwischen den Fronten. Sein Geschäftsführer Claus Frömsdorf stellt aber eines klar: Der Rat hat in Fragen der Struktur der Hochschulen immer das letzte Wort:

    "Also, Strukturfragen sind natürlich auch Entscheidungen, das kann durchaus sein, dass nach einer Diskussion eine Verlagerung von Fächern oder Instituten von einer Universität zur anderen stattfindet. Das ist richtig. "

    Die Entscheidungen des Unirats werden also wahrscheinlich noch für Zündstoff sorgen. Student Andre Hentschel, ASTA-Vorsitzender an der Uni Kiel, beurteilt die Arbeit des Rats aber differenziert:

    "Also, der Universitätsrat hat Licht und Schatten. Licht, weil es ein Gremium ist, das tatsächlich unabhängig ist und nicht vom Ministerium gesteuert. Schatten: Es ist ein Gremium, das nicht öffentlich tagt, man weiß nicht, was hinter Mauern passiert."

    Im Unirat sitzen auch Studierendenvertreter der drei Hochschulen in Kiel, Lübeck und Flensburg. Ein Stimmrecht haben sie allerdings nicht. Andre Hentschel:

    "Man sitzt da, fühlt sich wie ein Querulant. Man macht auf ein paar Dinge aufmerksam: Ob man immer gehört wird, ist eine andere Sache."

    Claus Frömsdorf sieht es ganz klar: Ihm und seinen Kollegen schlägt im Unirat offenes Misstrauen entgegen. Jedoch:

    "Das wird abgebaut. Und wir werden, also jedenfalls ist das auch mein Teil, Konflikte gar nicht erst entstehen lassen."

    Das Ziel sei, den Wissenschaftsstandort Schleswig-Holstein zu stärken. Dafür müssten die Unis mit einer Stimme sprechen. Ob das tatsächlich klappt und sich das neue Modell Universitätsrat in Schleswig-Holstein bewährt: Das bleibt auch nach fast einem Jahr Amtszeit des Rats noch unklar.