"Die Räuber" stellten sich auf der Opernbühne ein, als Giuseppe Verdi auf dem Sprung war, Verdi zu werden. Und dies hieß: mehr als nur der emsige und effektsichere Zulieferer eines Musiktheaterbetriebs, der sich einen der großen klassischen dramatischen Stoffe nach dem anderen anverwandelte und ausbeutete. Shakespeares, Lord Byrons, Schillers, Victor Hugos Texte wurden rüde eingekürzt und umgeschneidert. Bei diesen Einverleibungen blieb allemal - die Weiterverarbeitung der Schillerschen "Jungfrau von Orleans" zur "Giovanna d'Arco” ist dafür ein abschreckendes Beispiel - allzu viel vom guten Gehalt der zugrunde liegenden Stücke auf der Strecke. Der Wert des Zugewinns durch die nur zu oft holzschnittartige Musikalisierung war meist auf den emotional-sentimentalen Sektor beschränkt. Dies erklärt auch, warum die frühen Verdi-Opern - mit Ausnahme von "Nabucco" - sich in der Konkurrenz mit den originalen Dramen nicht behaupten konnten.
"I Masnadieri” aber stehen, wie gesagt, auf der Schwelle zu dem, was sich dann mit der Fortspinnung der Schiller-Kabale "Luisa Miller” andeutete und zum grandiosen "Don Carlo" führte: der Neuerschaffung der Tragödien aus dem Geist der Musik.
So in etwa hätte es bei der Premiere der Verdischen "Räuber" in der Frankfurter Oper klingen sollen. Bei der Generalprobe am Freitag konnten sich Olga Mykytenko und Alfred Kim, die fürstliche Waise Amalia und der auf die schiefe Bahn geratende Grafensohn Carlo, noch auf den Klangteppich der Damen und Herren des Frankfurter Museumsorchesters stützen. Doch am Sonntag Abend kam es überraschend anders: Die gewerkschaftlich gut organisierten Mitglieder der Kapelle streikten - es geht um die Grundsatzfrage, ob die Theaterorchester in Deutschland vom öffentlichen Dienst abgekoppelt werden sollen und dürfen (was die Arbeitgeberseite ebenso anstrebt wie tiefere Einschnitte in die den Orchestermitgliedern seit langem zugute kommende Privilegienstruktur).
In Frankfurt wurde aus der Not eine Tugend: Zwei Korrepetitoren betätigten sich als Streikbrecher und absolvierten den Instrumentalpart am Klavier. Zu hören war, wie Nahe gerade die effektivsten Nummern der "Masnadieri" der Trivialmusik der späten 1840er Jahre sind - das, was Franz von Suppé damals in Wien schrieb, klang fatal ähnlich. Verdi war eben doch noch nicht so ganz Verdi. Das kam erst gerade (und noch nicht durchgängig) zum Vorschein.
Das Orchester also stand draußen vor der Tür. Seine eloquenteren Mitglieder warben (in dekorativen gelben Plastikwesten) bei den teilweise völlig verständnislos und verärgert reagierenden teuren Anzügen und Pelzmäusen für ihr Anliegen. Und dann setzte sich drinnen das Klavier in Bewegung. Da der Regisseur Benedikt von Peter auf ein Bühnenbild zunächst verzichtete, wirkte das Unterfangen wie eine Klavierhauptprobe. Und die Sänger, des warmen Klangmantels entkleidet, wirkten in der ungemütlichen Situation tatsächlich teilweise recht bloßgestellt - vornan Ashley Holland als der böse Francesco, die Kanaille Franz. Es ist mit der angeblichen Kunst des Intendanten Loebe, kompetente Stimmen zu versammeln, keineswegs so weit her, wie ein Teil der Frankfurter Presse im Wohlwollen pro domo gern behauptet.
Auch die Regieleistung des jungen Herrn von Peter ist kein Geniestreich. Sie schwankt zwischen halbherziger Aktualisierung in Zonen des heutigen Lebens oder Sterbens und der Ausstaffierung der böhmischen Räuberbande als Altherrenclub einer Zeit, die längst vergangen ist. Der Böhmerwald wird über den Räubermützen abgeseilt - kopfüber kommen die Fichtenwipfel nieder. Dieser einzige optische "Einfall" mag den Comic-Charakter des Librettos unterstreichen. Er rettet das obsolete Stück nicht in ein neues Theaterland. Schillers Drama mit neuer Bühnenmusik wäre womöglich die künstlerisch verantwortliche Antwort auf das Problem.
"I Masnadieri” aber stehen, wie gesagt, auf der Schwelle zu dem, was sich dann mit der Fortspinnung der Schiller-Kabale "Luisa Miller” andeutete und zum grandiosen "Don Carlo" führte: der Neuerschaffung der Tragödien aus dem Geist der Musik.
So in etwa hätte es bei der Premiere der Verdischen "Räuber" in der Frankfurter Oper klingen sollen. Bei der Generalprobe am Freitag konnten sich Olga Mykytenko und Alfred Kim, die fürstliche Waise Amalia und der auf die schiefe Bahn geratende Grafensohn Carlo, noch auf den Klangteppich der Damen und Herren des Frankfurter Museumsorchesters stützen. Doch am Sonntag Abend kam es überraschend anders: Die gewerkschaftlich gut organisierten Mitglieder der Kapelle streikten - es geht um die Grundsatzfrage, ob die Theaterorchester in Deutschland vom öffentlichen Dienst abgekoppelt werden sollen und dürfen (was die Arbeitgeberseite ebenso anstrebt wie tiefere Einschnitte in die den Orchestermitgliedern seit langem zugute kommende Privilegienstruktur).
In Frankfurt wurde aus der Not eine Tugend: Zwei Korrepetitoren betätigten sich als Streikbrecher und absolvierten den Instrumentalpart am Klavier. Zu hören war, wie Nahe gerade die effektivsten Nummern der "Masnadieri" der Trivialmusik der späten 1840er Jahre sind - das, was Franz von Suppé damals in Wien schrieb, klang fatal ähnlich. Verdi war eben doch noch nicht so ganz Verdi. Das kam erst gerade (und noch nicht durchgängig) zum Vorschein.
Das Orchester also stand draußen vor der Tür. Seine eloquenteren Mitglieder warben (in dekorativen gelben Plastikwesten) bei den teilweise völlig verständnislos und verärgert reagierenden teuren Anzügen und Pelzmäusen für ihr Anliegen. Und dann setzte sich drinnen das Klavier in Bewegung. Da der Regisseur Benedikt von Peter auf ein Bühnenbild zunächst verzichtete, wirkte das Unterfangen wie eine Klavierhauptprobe. Und die Sänger, des warmen Klangmantels entkleidet, wirkten in der ungemütlichen Situation tatsächlich teilweise recht bloßgestellt - vornan Ashley Holland als der böse Francesco, die Kanaille Franz. Es ist mit der angeblichen Kunst des Intendanten Loebe, kompetente Stimmen zu versammeln, keineswegs so weit her, wie ein Teil der Frankfurter Presse im Wohlwollen pro domo gern behauptet.
Auch die Regieleistung des jungen Herrn von Peter ist kein Geniestreich. Sie schwankt zwischen halbherziger Aktualisierung in Zonen des heutigen Lebens oder Sterbens und der Ausstaffierung der böhmischen Räuberbande als Altherrenclub einer Zeit, die längst vergangen ist. Der Böhmerwald wird über den Räubermützen abgeseilt - kopfüber kommen die Fichtenwipfel nieder. Dieser einzige optische "Einfall" mag den Comic-Charakter des Librettos unterstreichen. Er rettet das obsolete Stück nicht in ein neues Theaterland. Schillers Drama mit neuer Bühnenmusik wäre womöglich die künstlerisch verantwortliche Antwort auf das Problem.