Im Designeranzug und mit lachsfarbener Krawatte trat Janusz Palikot ans Rednerpult. Seine Botschaft war klar: Die Zeiten, als er mit bunten Jacketts den Polit-Clown spielte, sind vorbei. Das vermittelte der 47-jährige auch durch seine erste Rede als Fraktionschef der Partei "Bewegung Palikots". Zur Regierungserklärung von Ministerpräsident Donald Tusk sagte er:
"Wir haben nichts gehört, was die Armen, die Empörten, die Akademiker ohne Arbeitsplatz mitreißen könnte. Ihnen müssen wir helfen, ihnen müssen wir Geld geben, damit sie auf die Beine kommen. Wir brauchen einen höheren Mindestlohn, einen höheren Steuerfreibetrag und mehr Kindergeld. Der Ministerpräsident hat gesagt, dass die polnische Wirtschaft in den vergangenen Jahren um 15 Prozent gewachsen ist. Aber warum ist dann die Armut in Polen nicht weniger geworden?"
Die Reaktionen auf Palikots Rede waren überschwänglich. Er habe sich als neuer Oppositionsführer präsentiert, meinten auch konservative Kommentatoren, obwohl seine Partei nur drittstärkste Kraft im Parlament ist.
Klar wurde dabei auch: Palikot zog zwar ins Parlament ein, weil er den Einfluss der katholischen Kirche in der Gesellschaft kritisierte und damit offenbar einen Nerv traf. Aber diesen Erfolg will er nutzen, um seine Partei weiterzuentwickeln und zu einem neuen linksliberalen Projekt zu formen. Dafür brauche er aber noch fähige Mitstreiter, sagt der Politologe Bartlomiej Biskup.
"Bisher ist das nur die Partei von Janusz Palikot, alle anderen Abgeordneten lernen erst, was es heißt, Politiker zu sein. Sie haben Schulungen und strengen sich an, aber mehr bisher nicht. Wir werden sehen, ob das reicht, um die anderen linken Parteien in Polen zu schlucken - denn das ist ja gewiss die Absicht von Palikot."
Ein verständlicher Plan, denn die traditionelle polnische Linke ist schwach. Seit sechs Jahren regieren konservative und liberal-konservative Parteien, bei der jüngsten Parlamentswahl holten sie insgesamt knapp 80 Prozent der Stimmen. Die einstige linke Regierungspartei SLD befindet sich dagegen im freien Fall. Die Partei, gegründet von Funktionären des kommunistischen Polen, verlor das Vertrauen der Wähler durch Korruptionsaffären. Im Oktober landete sie bei acht Prozent, dem schlechtesten Ergebnis in ihrer Geschichte.
Ein neuer Vorsitzender soll die Talfahrt aufhalten - Jerzy Miller. Aber er ist eigentlich ein alter Bekannter, ehemaliger Ministerpräsident und für die Probleme der SLD mitverantwortlich.
Selbst sein langjähriger Parteifreund, der Ex-Präsident Aleksander Kwasniewski, rät der SLD, ein Bündnis mit Palikot zu suchen.
"Wir brauchen eine vereinigte Linke, die eine echte Chance hat bei der Parlamentswahl in vier Jahren. Palikot ist bestimmt bereit zu Gesprächen, wenngleich der Teufel natürlich im Detail steckt."
Das entscheidende Detail: Janusz Palikot könnte der einst großen SLD heute die Bedingungen eines Bündnisses diktieren. Er nimmt zwar viele alte Forderungen der Linkspartei einfach nur auf. Aber bei ihm klingen sie glaubwürdiger. Beispiel: Das Holzkreuz, das im Parlament, dem Sejm, hängt, möchte Palikot gerne entfernen. Die SLD will das zwar auch, aber schließlich war es Aleksander Kwasniewski, der als Präsident einem Konkordat mit der katholischen Kirche zustimmte. Ein anderes Thema: gleichgeschlechtliche Partnerschaften Palikot redet nicht nur über Toleranz und Gleichberechtigung, er hat mit Robert Biedron den ersten bekennenden Homosexuellen ins Parlament gebracht.
Bei linken Wählern kann er damit punkten. Aber Palikots Ankündigung, die nächsten Wahlen zu gewinnen, sieht Politikwissenschaftler Bartlomiej Biskup skeptisch:
"Bisher scheint es so, dass Palikot bestimmte Nischen ausfüllt. Aber die polnische Gesellschaft ist grundsätzlich konservativ. Und wir dürfen nicht vergessen, dass auch die anderen Parteien in der Wirtschaftspolitik immer öfter sozialdemokratische Thesen vertreten. Das tut selbst Ministerpräsident Tusk, der früher als Wirtschaftsliberaler auftrat, wenn Meinungsumfragen ihm das nahelegen."
Wenn Palikot einmal regieren möchte, muss er also nicht nur die SLD-Wähler für sich gewinnen. Er muss zum Sprecher eines Wandels werden - hin zu einer Gesellschaft, die weltanschaulich liberaler und offener ist. Aber dieser Wandel deutet sich bisher erst an.
"Wir haben nichts gehört, was die Armen, die Empörten, die Akademiker ohne Arbeitsplatz mitreißen könnte. Ihnen müssen wir helfen, ihnen müssen wir Geld geben, damit sie auf die Beine kommen. Wir brauchen einen höheren Mindestlohn, einen höheren Steuerfreibetrag und mehr Kindergeld. Der Ministerpräsident hat gesagt, dass die polnische Wirtschaft in den vergangenen Jahren um 15 Prozent gewachsen ist. Aber warum ist dann die Armut in Polen nicht weniger geworden?"
Die Reaktionen auf Palikots Rede waren überschwänglich. Er habe sich als neuer Oppositionsführer präsentiert, meinten auch konservative Kommentatoren, obwohl seine Partei nur drittstärkste Kraft im Parlament ist.
Klar wurde dabei auch: Palikot zog zwar ins Parlament ein, weil er den Einfluss der katholischen Kirche in der Gesellschaft kritisierte und damit offenbar einen Nerv traf. Aber diesen Erfolg will er nutzen, um seine Partei weiterzuentwickeln und zu einem neuen linksliberalen Projekt zu formen. Dafür brauche er aber noch fähige Mitstreiter, sagt der Politologe Bartlomiej Biskup.
"Bisher ist das nur die Partei von Janusz Palikot, alle anderen Abgeordneten lernen erst, was es heißt, Politiker zu sein. Sie haben Schulungen und strengen sich an, aber mehr bisher nicht. Wir werden sehen, ob das reicht, um die anderen linken Parteien in Polen zu schlucken - denn das ist ja gewiss die Absicht von Palikot."
Ein verständlicher Plan, denn die traditionelle polnische Linke ist schwach. Seit sechs Jahren regieren konservative und liberal-konservative Parteien, bei der jüngsten Parlamentswahl holten sie insgesamt knapp 80 Prozent der Stimmen. Die einstige linke Regierungspartei SLD befindet sich dagegen im freien Fall. Die Partei, gegründet von Funktionären des kommunistischen Polen, verlor das Vertrauen der Wähler durch Korruptionsaffären. Im Oktober landete sie bei acht Prozent, dem schlechtesten Ergebnis in ihrer Geschichte.
Ein neuer Vorsitzender soll die Talfahrt aufhalten - Jerzy Miller. Aber er ist eigentlich ein alter Bekannter, ehemaliger Ministerpräsident und für die Probleme der SLD mitverantwortlich.
Selbst sein langjähriger Parteifreund, der Ex-Präsident Aleksander Kwasniewski, rät der SLD, ein Bündnis mit Palikot zu suchen.
"Wir brauchen eine vereinigte Linke, die eine echte Chance hat bei der Parlamentswahl in vier Jahren. Palikot ist bestimmt bereit zu Gesprächen, wenngleich der Teufel natürlich im Detail steckt."
Das entscheidende Detail: Janusz Palikot könnte der einst großen SLD heute die Bedingungen eines Bündnisses diktieren. Er nimmt zwar viele alte Forderungen der Linkspartei einfach nur auf. Aber bei ihm klingen sie glaubwürdiger. Beispiel: Das Holzkreuz, das im Parlament, dem Sejm, hängt, möchte Palikot gerne entfernen. Die SLD will das zwar auch, aber schließlich war es Aleksander Kwasniewski, der als Präsident einem Konkordat mit der katholischen Kirche zustimmte. Ein anderes Thema: gleichgeschlechtliche Partnerschaften Palikot redet nicht nur über Toleranz und Gleichberechtigung, er hat mit Robert Biedron den ersten bekennenden Homosexuellen ins Parlament gebracht.
Bei linken Wählern kann er damit punkten. Aber Palikots Ankündigung, die nächsten Wahlen zu gewinnen, sieht Politikwissenschaftler Bartlomiej Biskup skeptisch:
"Bisher scheint es so, dass Palikot bestimmte Nischen ausfüllt. Aber die polnische Gesellschaft ist grundsätzlich konservativ. Und wir dürfen nicht vergessen, dass auch die anderen Parteien in der Wirtschaftspolitik immer öfter sozialdemokratische Thesen vertreten. Das tut selbst Ministerpräsident Tusk, der früher als Wirtschaftsliberaler auftrat, wenn Meinungsumfragen ihm das nahelegen."
Wenn Palikot einmal regieren möchte, muss er also nicht nur die SLD-Wähler für sich gewinnen. Er muss zum Sprecher eines Wandels werden - hin zu einer Gesellschaft, die weltanschaulich liberaler und offener ist. Aber dieser Wandel deutet sich bisher erst an.