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Aufwind im Silicon Valley

Forschungspolitik. - Seit der Wahl von Barack Obama zum neuen US-Präsidenten, sind die Hoffnungen, die in den neuen Mann gesetzt werden, groß. Besonders viel erwarten junge kalifornische Startups auf dem Sektor grünen Energietechnik von der Präsidentschaft.

Von Ralf Krauter |
    Blauer Himmel und T-Shirt-Temperaturen. Wer dieser Tage mit der Cable Car durch die Straßenschluchten San Franciscos rumpelt, tut sich schwer, allzu lange trüben Gedanken nachzuhängen - obwohl es auch im erfolgsverwöhnten Kalifornien reichlich Grund zur Sorge gibt. Die Hightech-Industrie, der Job-Motor des Silicon Valley, leidet unter der Wirtschaftskrise. Der Halbleiterhersteller Applied Materials in Santa Clara beispielsweise gab vor einigen Tagen bekannt, im kommenden Jahr 1800 Stellen abzubauen. Die Zahl jener, die ihre Kredite nicht mehr abzahlen können und ihre Häuser verkaufen müssen, ist rasant gestiegen.

    Aber Kalifornien wäre nicht Kalifornien, wenn nicht der feste Glaube an ein besseres Morgen allgegenwärtig wäre. Dana Smirin, selbstständige Beraterin und Expertin für nachhaltiges Wirtschaften, ist eine von vielen, die große Hoffnungen in den neuen Mann in Washington setzen. Nicht zuletzt, weil der neue Präsident eine nachhaltige Klimapolitik durchsetzen will. Dutzende Unternehmen, die in Kalifornien an Technologien gegen den Klimakollaps tüfteln, wittern deshalb Morgenluft, erklärt Dana Smirin zwischen zwei Terminen in der Lobby eines 5-Sterne-Hotels im Zentrum San Franciscos.

    "Kalifornien hat das Potenzial, eine weltweit führende Rolle dabei zu spielen, umweltfreundliche Produkte rasch auf den Markt zu bringen. Zum Beispiel in Form von Joint Ventures mit Schwellenländern wie Brasilien, Indien, Südafrika oder China. Auf diese Weise ließen sich klimaschonende Techniken für Energieversorgung und Verkehr schnell im großen Stil in die Praxis umsetzen – in den USA und in anderen Ländern, die auf clevere Technologien für ein nachhaltiges Wachstum setzen."

    Elektroautos, Biokraftstoffe, Windparks, preiswerte Solarzellen und riesige Solarthermiekraftwerke spielen eine Schlüsselrolle bei der künftigen grünen Revolution made in California. Die zugehörigen Technologien der nächsten Generation werden zwischen San Francisco und San Jose seit ein paar Jahren entwickelt. Zum Beispiel beim 2006 gegründeten Unternehmen Brightsource Energy in Oakland, das unter anderem auch von der Ökotechnik-Stiftung des Suchmaschinengiganten Google gesponsert wird. Brightsource plant den Bau fünf solarthermischer Großkraftwerke, die in der Mojave-Wüste Sonnenwärme einfangen und in Strom für die Ballungszentren Los Angeles und Las Vegas verwandeln sollen. Dank patentierter Technik sollen die Sonnenwärme-Fänger sechs Prozent höhere Wirkungsgrade erreichen als die konkurrierenden Parabolspiegelrinnen, die derzeit in Südspanien entstehen.

    Charles Ricker, stellvertretender Chef von Brightsource, ist zufrieden mit dem Wahlausgang, betont aber, dass auch der republikanische Präsidentschaftskandidat John McCain nicht umhin gekommen wäre, erneuerbare Energien stärker zu fördern als George W. Bush. Wie das gehen könnte, haben einzelne Bundesstaaten längst vorgemacht. Allen voran Kalifornien.

    "Die treibende Kraft für den Ausbau erneuerbarer Energien sind Gesetze, die eine Reihe von Bundesstaaten in Kraft gesetzt haben. Sie zwingen die Energieversorger, einen wachsenden Anteil ihres Stromes aus regenerativen Quellen zu gewinnen. In Kalifornien muss diese Quote bis 2010 bei 20 Prozent liegen. 2017 sind bereits 33 Prozent vorgeschrieben. Deshalb suchen die Energieversorger momentan händeringend nach Anbietern von Strom aus Wind, Sonne und Biomasse."

    Für Leute wie Charles Ricker bedeutet das glänzende Geschäfte - bisher in Kalifornien, künftig vielleicht landesweit. Denn die Chancen, dass umweltpolitische Vorstöße in Washington demnächst häufiger auf offene Ohren stoßen als bisher, stehen gut. So hat Barack Obamas Team unter anderem bereits signalisiert, zügig grünes Licht für jene strengen Kohlendioxidgrenzwerte für PKW zu geben, die Kaliforniens Gouverneur Arnold Schwarzenegger schon länger plant, aufgrund eines Vetos der Washingtoner Umweltbehörde EPA bislang aber nicht einführen durfte.

    Dass Mary Nichols, die Vorsitzende der kalifornischen Luftreinhaltungsbehörde als künftige Chefin der EPA im Gespräch ist, ist ein weiteres Indiz dafür, dass nach Jahren des Stillstandes beim Klimaschutz bald einiges in Bewegung kommen dürfte. Die Ideenschmiede zwischen San Francisco und San Jose würde davon profitieren. Die Voraussetzungen sind günstig. Denn auch für den Posten des obersten Technologieberaters von Barack Obama werden namhafte Manager aus dem Silicon Valley gehandelt.