Archiv


Aufzeichnungen 1973-1984 II

Büchermenschen leben gefährlich. Ihr Reich der Freiheit ist bekanntlich die Bibliothek, eine hermetische Festung, die freilich nicht immer gegen störende Einmischungen der Außenwelt verteidigt werden kann. In die Utopie des einsamen Lese-Glücks brechen unvermeidlich die Zumutungen des Sozialen ein, die listigen Boten des Alltags, die den Büchermenschen in seinem Paradies der Lektüre existenziell bedrohen. So kann es einem ergehen wie dem hageren Privatgelehrten und Sinologen Peter Kien, dem tragischen Helden in Elias Canettis Roman "Die Blendung", der sein Leben damit verbringt, tagtäglich die "vier hohen weiten Räume" seiner Bibliothek zu durchmessen, die aus immerhin fünfundzwanzigtausend Bänden besteht, und in der ihn, wie es heisst, "kein überflüssiger Mensch, kein überflüssiges Möbelstück von seinen Gedanken ablenkte". Kien, der Wächter der Bibliothek, hat die "Welt im Kopf", und wenn ihn denn Stimmen erreichen, so sind es die Gespräche in und zwischen den Büchern. Aber das Paradies wird für den weltlosen Büchermenschen bald zur Hölle. Eine dreiste Haushälterin, ein böser Zwerg und ein sadistischer Hausmeister halten ihn von seinen Lektüreräuschen solange ab, bis er den Verstand verliert und zum Brandstifter wird. So geht am Ende des Romans die Bibliothek in Flammen auf und der Büchermensch verbrennt sich und sein Reich der Freiheit im selbstgelegten Feuer.

Michael Braun |
    Natürlich ist Peter Kien, der weltabgewandte Sinologe und wahnsinnige Leser, eine Kunstfigur. Und dennoch hat er als diese Kunstfigur, die im Kontext des erstmals 1935 publizierten Romans zuerst "Kant", später dann "Brand" heißen sollte, einige Züge mit seinem Schöpfer gemeinsam. Denn auch Elias Canetti, der als sephardischer Jude in Bulgarien und England aufgewachsene Kosmopolit, war von Kindesbeinen an ein leidenschaftlicher, ja fanatischer Büchermensch. Aufgewachsen zwischen vielen Sprachen: dem altertümlichen Spanisch seines Elternhauses, dem Bulgarischen, Russischen und dem Deutschen, entwickelte sich Canetti schon früh zum Bücherwurm. In einer Aufzeichnung aus dem Jahre 1957 hat er sich zu dieser Passion bekannt und zugleich die Gefahren angedeutet, die sich für einen kompromißlosen Allesleser und "Papiersäufer" ergeben:

    "Meine Bibliothek, die aus Tausenden von Bänden besteht, die ich mir zu lesen vorgenommen habe, wächst zehnmal so rasch als ich lesen kann. Ich habe versucht, sie zu einer Art Universum zu erweitern, in dem ich alles finde. Aber dieses Universum wächst in schwindelerregendem Maße.

    Der Autor Canetti, der sich hier und an vielen anderen Stellen seiner Aufzeichnungen zu seinen rauschhaften "Abenteuern mit Büchern" und "Buchorgien" bekennt, die er als schönste und produktivste Momente seines "schöpferischen Prozesses" bezeichnet, ist ganz offenkundig geistesverwandt mit dem Sinologen Kien, mit dem ihn auch die Faszination für die Geschichte und Philosophie Chinas verbindet. Die Selbstverbrennung Kiens, sein Autodafe, mag so auch den Versuch des Autors Canetti darstellen, sich von einer monströsen Bibliomanie zu befreien und zu einer genuin literarischen Produktivität vorzustoßen.

    Mit Ausnahme der späten autobiographischen Bücher, hat Canetti seit den dreißiger Jahren keine größeren Prosawerke mehr veröffentlicht, obwohl doch die "Blendung" ursprünglich nur als Auftakt zu einer acht Romane umfassenden "Comedie Humaine an Irren" geplant war. Stattdessen widmete er sich fast drei Jahrzehnte lang der Ausarbeitung der kulturanthropologischen Studie "Masse und Macht", seines epochalen Hauptwerks, in dem er seine pessimistische Menschenkunde weit vorantrieb, um schließlich "unser Jahrhundert an der Gurgel zu packen", wie er selbst sein Erkenntnisideal umschrieb.

    Um sich von der Arbeit an "Masse und Macht" und von der Fixierung auf ein einziges Thema zu entlasten, kultivierte Canetti seit 1942 die Prosaform der "Aufzeichnungen", die ihm schon bald zur "unentbehrlichen täglichen Übung" wurden.

    In seinem 1965 entstandenen Essay "Dialog mit dem grausamen Partner" erhebt Canetti die Aufzeichnungen zum bevorzugten Genre, das der "Vielfältigkeit", ja "Tausendfältigkeit" des schöpferischen Individuums entspreche. Tatsächlich liefert uns die Literaturgeschichte des 20. Jahrhunderts gute Gründe, Aufzeichnungen zur "4. Stufe der Autobiographie", wie Martin Walser einmal gesagt hat, oder gleich zur literarischen Leitform zu erheben. Canetti selbst betont die Spontaneität, produktive Asystematik und Widersprüchlichkeit der Aufzeichnungen, in denen man das Stimmengewirr der modernen Welt ideal einfangen könne:

    "Aufzeichnungen sind spontan und widersprüchlich. Sie enthalten Einfälle, die manchmal unerträglicher Spannung, oft aber auch großer Leichtigkeit entspringen...Ein Mensch, und das ist sein größtes Glück, ist vielfältig, tausendfältig, und er kann nur eine gewisse Zeit so leben, als wäre er´s nicht. In solchen Augenblicken, da er sich als Sklave seiner Absicht sieht, hilft ihm nur eines: er muß der Vielfalt seiner Anlagen nachgeben und wahllos verzeichnen, was ihm durch den Kopf geht. Es muß so auftauchen, als käme es von nirgends her und führe nirgends hin, es wird meist kurz sein, rasch, blitzartig oft, ungeprüft, uneitel, und ohne jede Absicht."

    Spontaneität, Wahllosigkeit und assoziativer Furor gehören aber keineswegs zu den stilistischen Prinzipien der Canettischen Aufzeichnungen. Die Sentenzen, Notate, Aphorismen, Denkbilder, Erinnerungen, kurze Porträtskizzen und Erzählfragmente, die in seine Aufzeichnungsbücher Eingang finden, sind bei Canetti bis in die letzte vokabuläre Bewegung durchkomponiert, aus den Sätzen ist jede Redundanz entfernt, in ihrer semantischen Dichte funkeln sie wie Kristalle. Sie sind tatsächlich "Protokolle eines strengen Denkprozesses", wie es in der Vorrede zum Band "Die Provinz des Menschen heißt, in dem Canetti erstmals seine

    Aufzeichnungen aus den Jahren 1942 bis 1948 veröffentlicht hat. Viele weitere Aufzeichnungsbücher sollten folgen, so zum Beispiel "Das Geheimherz der Uhr" im Jahr 1987 oder die posthum erschienenen "Nachträge aus Hampstead" aus dem Jahr 1994. Mit dem Nachlaßband "Aufzeichnungen 1992-1993" schien das Lebenswerk des Aufzeichnungsschriftstellers Canetti abgeschlossen. Nun hat der Hanser Verlag aus dem Nachlaß Canettis noch einen weiteren Band hervorgezaubert, der ein Seitenstück zum Band "Das Geheimherz der Uhr" bildet. Denn wie die Notate im "Geheimherz der Uhr" stammen diese Aufzeichnungen aus den Jahren 1973 bis 1984 und flankieren den Beginn und die Fortführung der Arbeit an den großen autobiographischen Romanen "Die gerettete Zunge", "Die Fackel im Ohr" und "Das Augenspiel".

    In kühler Selbstkritik rekapituliert das Ich der Aufzeichnungen die Arbeit an den autobiographischen Lebenserzählungen und benennt zwei Motive der Niederschrift: zum einen eine unstillbare "Altgier" und zum andern den Versuch der Lebensrettung:

    "Die Lebensgeschichte, die wahrscheinlich als eines der Werke meines Lebens gelten wird, ist aus Altgier entstanden. Es ist mit, während der längsten Zeit des Lebens gelungen, die Altgier, die ein Erbteil der Juden ist, zu umgehen. Ich habe sie irgendwo rechts oder links liegengelassen und mich anstatt ihrer jeder anderen Spielart von Altgier zugewendet. Erst ganz spät, vor 9 Jahren, als es um das Leben Georgs ging, habe ich nach der eigenen mir zugehörigen Altgier gegriffen, wie nach einer Medizin, durch deren Gebrauch ich ihn retten konnte. Seither bin ich darin aufgegangen. Noch ist das Resultat mager, selbst wenn man vom ursprünglichen Zweck der Lebensrettung absieht und das so Enstandene bloß als Werk betrachtet. Aber es könnte sich viel mehr vorbereitet haben, das noch blockiert ist und wenn ich die frisch aufgerichteten Widerstände erst einmal niedergerissen habe, ist alles möglich."

    Literatur wird hier als Überlebensmittel bestimmt, als Versuch, dem Tod eine Niederlage zuzufügen und dem Bruder das Leben zu retten. Hier ist freilich gleich anzufügen, daß die Figur des Überlebenden dem Autor suspekt ist. Denn "der Überlebende" ist in Canettis faszinierender Anthropologie der Mächtige, der alle Menschheitsschrecken verursacht. Der Augenblick des Überlebens gilt Canetti als "Augenblick der Macht" und der Anblick des Todes löse stets Befriedigung aus, "denn man selbst ist nicht der Tote", wie es lapidar in "Masse und Macht" heißt. Auch der Schriftsteller, der als einziger Gegenspieler und Widersacher des Todes erscheint, kann als Machthaber triumphieren. In seiner Schrift über Kafka, dem langen Essay "Der andere Prozeß", hat Canetti anhand der Briefe Kafkas an Felice diesen Zusammenhang von Schreiben und Macht veranschaulichen wollen.

    Diese existenziellen Spannungsverhältnisse von Überleben und Macht, von Tod und Tötung, von Leben und Verwandlung bilden neben Personenporträts und Leseerfahrungen auch den Stoff der Aufzeichnungen. Canetti macht es sich darin zur Aufgabe, dem Tod die Masken abzureißen und sich in einen, wie es heißt, "unerschütterlichen Haß gegen den Tod" hineinzuschreiben. Der Tod als existenzieller Skandal, als furchtbare Kränkung des Menschen liefert dem Autor immer wieder den Anlaß, seine schöpferische Phantasie zu mobilisieren. Lange vor der Entstehung der Aufzeichnungsbücher, in seiner Rede zum 50. Geburtstag des Schriftstellers Hermann Broch im November 1936, hat Canetti die schöpferische Tätigkeit des Schriftstellers als einzig probates Mittel gegen die Herrschaft des Todes beschrieben. Der Dichter, so Canetti, müsse in seinem "Drang zur Universalität, der sich durch keine Einzelaufgabe abschrecken läßt", auch beharrlich "gegen die Zeit" stehen, er müsse anschreiben gegen die Zeit und die absolute Herrschaft des Todes in ihr:

    "Denn aus der Tatsache des Todes leitet sich diese Forderung her. Der Tod ist die erste und älteste, ja man wäre versucht zu sagen: die einzige Tatsache. Er ist von monströsem Alter und stündlich neu. Er hat den Härtegrad Zehn, und wie ein Diamant schneidet er auch. Er hat die absolute Kälte des Weltraums, Minus Zweihundertdreiundsiebzig Grad. Er hat die Windstärke des Hurrikans, die höchste. Er ist der sehr reale Superlativ, von allem; nur unendlich ist er nicht, denn auf jedem Weg wird er erreicht. Solange es den Tod gibt, ist jeder Spruch ein Widerspruch gegen ihn. Solange es den Tod gibt, ist jedes Licht ein Irrlicht, denn es führt zu ihm hin. Solange es den Tod gibt, ist nichts Schönes schön, nichts Gutes gut."

    Die Aporie jedes literarischen Widerstands gegen den Tod ist offenkundig: Denn die Arbeit des Schriftstellers, die Verwandlung des Lebens in Schrift kann den Augenblick der Annihilation nur hinausschieben, den Tod nur verzögern. Canetti weiß um diese Aporie. In seinem trotzigen Widerstand gegen den Tod erkennt er in einer Aufzeichnung aus dem Jahr 1973, daß sein Feind fast zu einer Art Bruder geworden ist:

    "Der Tod ist mein Bleigewicht, und ich gebe mir verzweifelt Mühe, es nicht zu verlieren."

    Was Canetti, dem Partisan wider den Tod, bleibt, ist der ausdauernde Haß auf diejenigen Künstler und Schriftsteller, die als "Angestellte des Todes ein Buch nach dem andern zu seiner Rechtfertigung schreiben". Die Liste seiner Feinde, die entweder zur Gewöhnung an den Tod beigetragen oder sich literarischer Langeweile schuldig gemacht haben, ist so imposant wie lang. In den Aufzeichnungen der Jahre 1973 bis 1984 sind es vor allem Richard Wagner, Sigmund Freud und Jean-Paul Sartre. Gerade diese so giftigen wie luziden Porträts verhaßter Zeitgenossen, in denen Canetti beachtliche Mengen an produktiver Haßenergie freisetzt, gehören zu den vortrefflichsten Stücken der Aufzeichnungen. Als Personenporträtist ist er virtuoser Übertreibungskünstler, dem es gelingt, den Menschen, wie es in einer älteren Aufzeichnung heißt, "präzis zu übertreiben" und ihn damit zur Kunstfigur zu verallgemeinern. So hat Canetti auch für den jüdischen Kulturhistoriker und Philosophen Gershom Scholem vorzugsweise bissige Anmerkungen übrig. Scholem, der wie kein anderer die jüdische Geistesgeschichte erforscht hat, wird hier sehr lakonisch und boshaft kommentiert:

    "Zwei Worte sind für Scholem intakt: "Jude" und "groß". Alle Juden und alle Großen waren früher. Er allein kennt sie. Er allein hält sie am Leben."

    Aber auch die geistesverwandten Kronzeugen und bewunderten Vorbilder werden immer wieder aufgerufen: Stendhal, der große französische Diarist und Liebesethnograph; Karl Kraus, bei dem Canetti die Schule der Sprachempfindlichkeit durchlief; Robert Musil, Vorbild in der Unvollendbarkeit von universalistischen Romanen und natürlich Franz Kafka, der in seiner Vollkommenheit dem Verfasser der Aufzeichnungen "die Lust auf Expansion" nahm. Wem die "Lust auf Expansion" genommen wird, der muß dann eben die Form der Aufzeichnungen kultivieren. Denn hier gilt die Methode der asystematischen, offenen Denkbewegung als Erkenntnisgewinn: "Ausführlichstes und Kürzestes gegeneinandersetzen."

    Canetti ist Antisystematiker, der Aphoristisches mit Diskursivem schroff auseinanderprallen läßt. Denn in jedem geschlossenen theoretischen System wittert er Gewalt, Macht und Alleinvertretungsansprüche. Für ihn zählt die autonome, sich in Paradoxien und Widersprüche verwickelnde Denkfigur, die aus geschlossenen Systemen heraus und das Denken ins Offene führt :

    "Die Abneigung gegen Systeme entspringt einem Gefühl des Verlusts. Immer geht etwas verloren, wenn ein System sich schließt. Was es abstößt, erweist sich später oft als das Wichtigste. Die Handlichkeit des Systems wird zu teuer erkauft. Auch passen sich Dinge den Schachteln an, in die sie gezwängt werden und verlieren dabei ihre Form. Noch wichtiger ist, daß sie als Teil des Systems ihre Verwandlungsfähigkeit verlieren. Sie zeugen nicht mehr, sie sind entmannt. Sie sind nur noch für immergleiche Vervielfältigungen geeignet. Das System ist es, das die Form unserer Produktion bestimmt hat. Die Dinge, die als unabhängige Worte noch Leben enthalten, sind zu Gegenständen geworden. Sie atmen nicht, sie sterben nicht, sie zerbrechen."

    Mit dem Begriff der "Verwandlungsfähigkeit" verweist Canetti auf einen zentralen Begriff seiner Poetik, den er in seiner Münchner Rede zum "Beruf des Dichters", vorgetragen im Januar 1976, ausführlich erläutert hat. Dort definiert Canetti den Dichter als den "Hüter der Verwandlungen", der sich, mit Ovids "Metamorphosen" und Homers "Odyssee" im Rücken, das literarische Erbe der Menschheit zu eigen macht und in seinen poetischen Maskenspielen befähigt ist, in jede Rolle zu schlüpfen und "zu jedem zu werden, "auch zum Kleinsten, Naivsten und Ohnmächtigsten". Metamorphosen, Verwandlungen sind die Antriebskräfte und Grundimpulse des Lebendigen - und Aufzeichnungen erweisen sich für Canetti als die literarische Gattung der Verwandlungsfähigkeit.

    Durch ihre vollkommene Form haben seine Aufzeichnungen auch etwas Gesetzgeberisches an sich. Sie lesen sich wie die Maximen und Reflexionen eines Schriftstellers, der jeden seiner Sätze in den Rang des Kanonischen heben möchte. Der Anteil einer wirklich angreifbaren poetischen Subjektivität ist in den Aufzeichnungen Canettis soweit zurückgenommen, die behauptete Spontaneität und Unkontrolliertheit so sehr domestiziert, daß man sich als Leser mitunter gegen ihre Normativität und Perfektion zur Wehr setzen will.

    Für die Zügelung der poetischen Subjektivität hat Canetti seine Gründe. Er faßt sie in einer ganz knappen Sentenz zusammen: "Ungenauestes aller Worte: <ich> <."

    Dieser diffusen Instanz, dem eigenen Ich, kann und will sich der Verfasser der Aufzeichnungen nicht anvertrauen. Stattdessen vertraut er auf die immanenten Objektivität seiner Beobachtungen und Einfälle, die er in geschliffene Säte verwandelt.

    "Immer noch hörst du das Schneiden der Sätze. Sie sind das Archaische in diesem Zeitalter der Explosionen."

    Aufzeichnungen, hat Hugo Dittberner einmal behauptet, leisten sich keine triumphalen Großgebärden, sondern schreiben gleichsam aus den Elementarteilen eines Textes heraus: Wort, Zeile, Satz, Absatz. Bei Canetti bricht dagegen etwas Triumphales in den Aufzeichnungen durch. Sie sind zwar durchwirkt von Paradoxien - das Paradoxon ist geradezu eine Lieblingsfigur von Canetti -, aber stets so mit suggestiver Bedeutung aufgeladen, daß kein Widerspruch dagegen erlaubt scheint. In ihren schönsten Passagen erreichen auch die soeben erschienenen Aufzeichnungen der Jahre 1973 bis 1984 jenes Stilideal der eleganten Luzidität und Durchlässigkeit, wie sie Canetti an den "Sudelbüchern" seines großen Vorbilds Georg Christoph Lichtenberg diagnostiziert hat:

    "Seine Neugier ist durch nichts gebunden, sie springt von überall her, auf alles zu. Seine Helligkeit; auch das Dunkelste wird hell, indem er denkt. ...Er weicht Theorien nicht aus, aber jede Theorie ist ihm Anlaß zu Einfällen. Er kann mit Systemen spielen, ohne sich in sie zu verwickeln...Man nimmt ihm alles ernst, aber nicht zu sehr. Eine Gelehrsamkeit leicht wie Licht."</ich>