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Augenoperation ohne Schädigung der Netzhaut

Die Ursachen für viele Augenerkrankungen liegen häufig in einer Zellschicht unter der Netzhaut. Das gilt beispielsweise für die okkulte Makuladegeneration oder die Diabetische Makulopathie. Dank neuerer Lasertechnik können diese Erkrankungen gut behandelt werden. Nachteil der Behandlung: Die darüber liegende Netzhaut wird zerstört, das heißt, die Sehkraft der Patienten bleibt damit an diesen Stellen gestört. Forscher an der Universität Kiel haben jetzt eine Lasermethode entwickelt, die die Netzhaut bei Augenoperationen nicht schädigt. Zurzeit wird sie an Patienten erprobt.

Von Jens Wellhöner | 01.03.2005
    Bitte den Kopf nach vorne nehmen ...

    Professor Johann Roider bringt seinen Patienten in Position. Ruhig gibt er seine Anweisungen. Der Behandlungsstuhl im Laserlabor der Uni-Augenklinik Kiel ist bequem: Entspannung ist wichtig vor einer Augenbehandlung.

    So jetzt gucken sie mal geradeaus. Und jetzt ganz ruhig halten, nicht die Augen hin und her bewegen. Vorsicht, jetzt kann es dann blitzen.... So, jetzt hat es geblitzt. Und so werden die nächsten Laserbehandlungen auch sein: Es tut nichts weh, es schmerzt nichts: Es sind nur einige Blitze.

    Grün sehen die kurzen Laserblitze aus. Professor Roider schaut während der Behandlung in eine Art Augenmikroskop. Im Vergrößerungsglas sieht der Mediziner Iris und Pupille seines Patienten.

    Dieser Patient hat eine Flüssigkeitsansammlung im Sehzentrum, unter der Stelle des schärfsten Sehens. Und man kann hier Flüssigkeitsansammlungen sehen.

    Weiße Flecken in der Netzhaut verraten, wo der Laser wirken muss. Flüssigkeitsansammlungen im Bereich der Netzhaut verursachen mehr oder weniger schwere Sehstörungen. Besonders bei Zuckerkranken. Diese so genannte diabetische Makulopathie kann Johann Roider mit seinem Laser gezielt behandeln.

    Nun, dieser neue Laser bewirkt, dass diese Flüssigkeit über die Zellschicht, die man behandelt, wieder herausgepumpt wird.

    Etwa einmal pro Sekunde lässt der Professor seinen Laser blitzen. Nach rund anderthalb Minuten ist die Behandlung auch schon vorbei. Jetzt können im Auge des Patienten gesunde Sehzellen nachwachsen.

    Da diese Flüssigkeitsaustritte so nah am Sehzentrum sind ist man mit einem konventionellen Laser sehr vorsichtig, diese zu behandeln. Die Gefahr besteht, wenn das so nah am Sehzentrum ist, dass der Patient Sehprobleme nach der Behandlung hat. Und das versuchen wir halt mit dieser Methode zu vermeiden.

    Herkömmliche Lasergeräte konnten zwar auch Augenkrankheiten stoppen. Aber der Punkt auf der Netzhaut, auf den der Laser traf, blieb für immer blind. Die große Hitze des Strahls ließ die Netzhautzellen einfach schmelzen. Diese bisher unvermeidliche Nebenwirkung wird durch den Kieler Laser vermieden. Der Grund: Seine Blitze sind 100.000 mal kürzer als bei der bis jetzt üblichen Methode.

    Das ist so: Wenn sie eine Herdplatte für eine Minute anfassen, dann verbrennen sie sich den Finger. Aber wenn sie nur ganz kurz berühren, dann macht es eben nichts.

    Der Kieler Laser schießt durch die Netzhaut hindurch, ohne Spuren zu hinterlassen. Und wirkt nur in der darunter liegenden Zellschicht. Dort, wo die meisten Augenkrankheiten ihren Ursprung haben.
    Seit dem Jahr 2002 haben die Forscher an der Kieler Uni-Klinik ihre Methode erprobt, an 60 Patienten. Im Rahmen einer internationalen Studie. Die Ergebnisse stimmen optimistisch, meinen die Mediziner. Den größten Erfolg haben sie bei einer Krankheit, die vor allem junge berufstätige Menschen betrifft: Durch dauerhaften Stress, kann sich die Netzhaut von der sie ernährenden Zellschicht abtrennen. Oberarzt Hanno Elsner:

    Da haben wir großen Erfolg. Weit über 90 Prozent. Die Sinneszellen, die für das Sehen verantwortlich sind, können sich regenerieren. Und es kommt zum Sehanstieg. Das ist also sehr erfolgreich.

    Hanno Elsner ist sich sicher: Die neue Methode sei effektiv und zudem schonender als das herkömmliche Lasern. Aber ist sie nicht auch teurer?

    Sie kommen mit einem einzigen Gerät aus. Und von der Bedienbarkeit ist es nicht sehr aufwendig. Das kann einer allein bedienen. Und von daher spielt der Kostenfaktor hier, glaube ich, keine große Rolle.

    Die Kieler wollen ihre Studie jetzt auf weitere Augenkrankheiten ausweiten. Und noch mehr Kliniken ihre neue Methode erproben lassen. Dann wird entschieden, ob der neue Laser vielleicht bald überall zum Einsatz kommt.

    Kontaktadresse:

    Professor Johann Roider
    Klinik für Ophthalmologie
    Hegewischstr. 2
    24105 Kiel