Freitag, 19. April 2024

Archiv


Augenweide Art Cologne

Vom 18. bis zum 22. April lockt die Art Cologne wieder internationale Galeristen, Sammler und Kunstbegeisterte an den Rhein. Nach Jahren der Krise steht die Kölner Kunstmesse heute glänzend da.

Stefan Koldehoff im Gespräch mit Burkhard Müller-Ullrich | 17.04.2012
    Burkhard Müller-Ullrich: Und damit kommen wir von amerikanischer Belletristik zur Kölner Kunstmesse Art Cologne, die tatsächlich die älteste Kunstmesse der Welt ist – mit ihrer noch nicht ganz 50-jährigen Geschichte. Heute wurde sie zum 46. Mal eröffnet, und die Stimmung, wenn ich Sie so sehe, Stefan Koldehoff, scheint prächtig zu sein, was ja heutzutage nicht selbstverständlich ist. Aber auf diesem Markt herrschen andere Gesetze als in der Wirtschaft, und das wichtigste Gesetz lautet wohl: je Griechenland, desto Kunst …

    Stefan Koldehoff: Ja das scheint tatsächlich so zu sein. Wenn Sie da durch die Gänge streifen, in die Kojen gehen, dann sehen Sie überall strahlende Gesichter, und zwar sowohl bei den Galeristen als auch bei den Sammlern. Offenbar ist eine große Bereitschaft da, Geld für Kunst auszugeben, und wenn man den Galeristen glauben darf, nicht nur als Investment, sondern das sind Bilder, die tatsächlich hinterher an die Wand finden, also auch aus Liebe zur Kunst, und das ist in der Tat gerade in Köln in den - na sagen wir mal - letzten zehn Jahren nicht immer so gewesen. Die Messe galt als auf dem Abstieg befindlich, Berlin war der große Newcomer. Nun hat sich das Blatt gewendet, im letzten Jahr musste man in Berlin bekannt geben, dass dort das Art Forum, die Messe, künftig nicht mehr stattfinden wird. Ob sie jemals wiederbelebt werden kann, steht noch in den Sternen. Und dafür steht Köln umso glänzender da. Es ist wirklich ein fantastisches Angebot, ein sehr solides Angebot, eine gute Mischung aus bekannten Namen, großen Werken, aber auch Newcomern. Da hat man sich in Köln immer in besonderen Abteilungen drum gekümmert. Also eigentlich eine Augenweide und eine Lust für jeden, der sich es leisten kann.

    Müller-Ullrich: Um mal kurz bei diesem Städtevergleich zu bleiben. Kann man an irgendwelchen Faktoren ablesen, was Köln richtig und Berlin falsch macht?

    Koldehoff: Na ja, das Wichtige ist tatsächlich die Frage: Wie viele Sammler zieht man an? Und da gehören zwei Dinge zu: erstens die Annehmlichkeiten, die man als Messeleitung den großen Sammlern zugesteht. Das geht bis hin zur Miete für Privatflugzeuge auf dem Flughafen, die von der Messe übernommen werden, Hotelzimmer, VIP-Programme, abendliche Führungen durch große Ausstellungen in Museen, Abendessen und und und. Aber es muss natürlich auch das Angebot stimmen.

    Müller-Ullrich: Es geht aber bis zu peinlichen Details, habe ich gehört, nämlich dass Rundfunkanstalten, die dort einen Stand haben, nur positiv berichten dürfen.

    Koldehoff: Ja, wir bekamen tatsächlich – das Deutschlandradio ist dort traditionell mit einem Informationsstand vertreten – einen Schrieb von der Messeleitung, dass das nur möglich sei, wenn wir auch garantieren würden, positiv zu berichten. Da haben wir dann kurz trocken drüber gelacht und gesagt, dass wir selbstverständlich journalistisch unabhängig bleiben, so auch dieses Jahr wieder. Wenn ich Ihnen jetzt also sage, es ist eine fantastische Messe, dann tue ich das nicht, damit wir diesen Stand behalten können, sondern weil es tatsächlich so ist.

    Müller-Ullrich: Okay. – Fantastisch wird sie unter anderem durch die "price range". Das heißt, man kann auch preiswert kaufen?

    Koldehoff: Das ist ja immer der große Irrtum, dass dort nur die richtig fetten Bilder für die richtig hohen Summen zu kaufen seien. Das ist ganz und gar nicht so – unter anderem deswegen, weil viele Kunstvereine dort vertreten sind, aber auch kleine Galerien, wo Sie dann beispielsweise eine handsignierte Grafik von Joseph Beuys für 500 Euro bekommen, oder ein "Ex Libris" von Louise Bourgeois für 200 Euro zusammen mit einem kleinen Büchlein. Der Preis geht aber durchaus auch weiter hoch: kleine Gemälde von Max Ernst für 235.000 Euro bis hin zu Joan Miró, Pablo Picasso oder großen Gemälden von Ernst Ludwig Kirchner aus dem Nachlass. Da legt man dann auch schon mal vier, fünf, sechs Millionen für an. Eingeschränkt übrigens das Angebot – das sollte man auch noch ganz klar sagen – auf die Kunst des 20. und 21. Jahrhunderts und auf Originale. Es hat natürlich in Köln einen kleinen Beigeschmack, diese Definition in den Ausschreibungsrichtlinien, denn es ist die erste Kölner Messe nach dem großen Kunstfälscherskandal vom vergangenen Herbst. Aber da, haben die Mitglieder des Auswahlkomitees, mit denen ich heute sprechen konnte, gesagt, hätte man ein großes Auge drauf gehabt, diesmal sei tatsächlich alles original.

    Müller-Ullrich: So ein Rundgang auf der Art Cologne ist ja auch immer eine Entdeckungsreise auf den Spuren des Grellen, des Abwegigen und des reinen Quatsches. Schöne Entdeckungen gemacht?

    Koldehoff: Leider nicht in dem Maße, wie ich mir das vielleicht gewünscht hätte. Die große Bling-Bling-Kunst, die noch vor drei, vier Jahren in war, Installationen mit möglichst vielen Glühbirnen, alles bewegt sich, alles flackert, war diesmal so gut wie gar nicht da, noch nicht mal in der Abteilung "NADA". Das ist eine Gruppe von Galerien, die sich in New York zusammengefunden hat, aber durchaus auch deutsche Galerien gefragt hat, ob sie mitmachen würden, die die ganz junge, noch unbekannte, noch nicht durchgesetzte Kunst präsentiert. Erstaunlich brav das Ganze, erstaunlich viele Klassiker, überall Andy Warhol, überall Sam Francis, überall Gerhard Richter. Also so wild, wie man sich es vielleicht gewünscht hätte, ist es gar nicht dieses Jahr.

    Koldehoff: Stefan Koldehoffs Impressionen von der Art Cologne, die heute eröffnet wurde, aber nur für VIPs und Presse, ab morgen Mittag dann fürs breite Publikum.