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AURA im All

Raumfahrt. - Auf dem kalifornischen Weltraumbahnhof Vandenberg Air Force Base steht seit ein paar Tagen eine Delta-Rakete mit ihrer Nutzlast bereit. Morgen Mittag unserer Zeit soll AURA ins All starten, ein neuer Umweltsatellit der amerikanischen Raumfahrtbehörde Nasa. Er ist der dritte einer ganzen Reihe von Sonden, die die Erde unter verschiedenen Aspekten des Klima-, Atmosphären- und Umweltschutzes untersuchen soll - Projekte, an denen derzeit auch Russland und Europa basteln.

Von Guido Meyer | 09.07.2004
    Die Theorie ist genauso bekannt wie umstritten: Der sogenannte Treibhauseffekt erwärmt die Atmosphäre der Erde und führt zu erhöhter Verdunstung von Meerwasser. Mehr Verdunstung wiederum führt zu einem noch stärkeren Treibhauseffekt. Aber es gibt nach wie vor auch die gegenteilige Voraussage: Mehr Treibgase in der Atmosphäre würden demnach dazu führen, dass Wasserdampf schneller und somit höher steigt und sich Wolken auch in größeren Höhen bilden. Dort aber würde die Kälte dafür sorgen, dass mehr Wasserdampf kondensiert und herunterregnet, der Treibhauseffekt also wieder abnähme.

    Was nun stimmt, soll AURA herausfinden, deren Instrumente unter anderem die höheren Schichten der Troposphäre auf ihren Wasseranteil hin untersuchen sollen. Darüber hinaus soll AURA erstmals ein Gesamtbild der Troposphäre, von der Erdoberfläche bis in zehn Kilometern Höhe erstellen. Dabei sollen die Selbstreinigungskräfte dieser Luftschicht beobachtet werden, das heißt wie zum Beispiel Chemikalien abgebaut werden. Unklar ist, ob dies eben in dieser Höhe oder in der darüber liegenden Stratosphäre geschieht. Die Instrumente von AURA jedenfalls zielen auf den Wassergehalt der Troposphäre. Bei ihrer Arbeit wird die Sonde außerdem von Messinstrumenten an Bord eines Flugzeuges und eines hochfliegenden Ballons unterstützt,...

    ...bei dem ein Laser ausgestrahlt wird, ein Lasersignal, dessen Reflexionen gemessen wird. Die Reflexionen ergeben sich am Wasser in der Atmosphäre, also auch an Wolken, und dadurch können wiederum Rückschlüsse über die Luftfeuchtigkeit, Wassergehalt der Atmosphäre getroffen werden, was wesentlich ist für die Wetterbedingungen auf der Erde.

    Boris Penné, Direktor der Abteilung Vorentwicklung von Sonden bei OHB System in Bremen. Auch in der Alten Welt also wird mit dem Projekt WALES an ähnlichen Messinstrumenten gearbeitet. Penné:

    WALES ist eine der Core-Missionen, die zur Auswahl steht bei der Esa. Core-Missionen sind die Missionen mit dem größten wissenschaftlichen Hintergrund und entsprechend den größten technischen Anforderungen und damit auch dem größten Finanzvolumen. Das Volumen liegt in der Größenordnung von 200 bis 300 Millionen Euro.

    AURA ist eine Sonde der US-Raumfahrtbehörde Nasa, die die Erde fünf Jahre lang auf einer polaren Umlaufbahn in 700 Kilometern Höhe alle 100 Minuten einmal umrunden soll. Zwei Schwestersonden von AURA, nämlich TERRA und AQUA, sind bereits im All und widmen sich den Landmassen und den Ozeanen. Auch die Ozon-Schicht der Erde steht im Visier von AURA. So soll die Sonde herausfinden, ob der Anteil des Gases in der Stratosphäre derzeit tatsächlich wieder im Steigen begriffen ist, wie es einige Modelle voraussagen. Auch dabei wird der Himmelsspäher durch Versuche am Boden unterstützt, die den Anteil der UV-Strahlung messen, der durch die Ozon-Schicht zur Erde dringt. Und neben Ozeanen, Land und Luft sollen auch die Eismassen der Erde demnächst genauer untersucht werden. Europa will noch in diesem Jahr CryoSat starten, die Russen entwickeln derzeit METEOR-M. Penné:

    Der wesentliche Unterschied ist die Primärnutzlast, die einem ermöglicht, Umweltuntersuchungen im Bereich der Polarkappen beziehungsweise für Eis und für Wassermassen Messungen durchzuführen. Das ist für Russland ein interessantes Thema, da der nördliche Bereich komplett mit Eis zu tun hat.

    Für CryoSat, dessen Start für November geplant ist, gibt es von der europäischen Weltraumagentur Esa bereits ein Ergänzungsmodell: Icedance. Boris Penné von OHB.

    Icedance hat ähnliche Aufgaben wie das, was in Russland versucht wird, nämlich Messungen der Eisschollen, Vermessung der Eisschollendicke, Vermessung von Wasser, Wasserhöhen. Wir haben hier in Europa, gerade in Deutschland, im Nordbereich, Tiden, also Flut und Ebbe. Das ist ein wesentliches Phänomen, auch ein Problem, zum Beispiel für die Schifffahrt. Und hier sind sehr genaue Vermessungen notwendig. Das kann Icedance ermöglichen.

    Erst einmal wird der Erde aber eine AURA verliehen. Starttermin ist Sonntagmittag mitteleuropäischer Sommerzeit um drei Sekunden vor zwei nach zwölf.