Mittwoch, 24. April 2024

Archiv


Aus Albertina wird Kant

Zum 750-jährigen Jubiläum von Kaliningrad, dem ehemaligen Königsberg, soll die Universität umbenannt werden: Statt "Albertina" soll sie den Namen des berühmten Stadtsohnes Kant tragen. Die Umbenennung werfe große Schatten voraus, erzählt Katja Grupp, DAAD-Lektorin an der Universität in Kaliningrad: Die Uni habe ein neu angestrichenes Gebäude bekommen, und nicht nur an der Hochschule, sondern in der ganzen Stadt werde kräftig renoviert.

Moderation: Kate Maleike | 01.07.2005
    Kate Maleike: Die Beziehung zwischen Russland und Deutschland wird in ihrer Besonderheit speziell in diesen Tagen wieder deutlich, denn Kaliningrad, das ehemalige Königsberg in Ostpreußen, feiert sein 750-jähriges Jubiläum. Aus diesem Anlass soll auch die Kaliningrader Universität umbenannt werden: Sie soll künftig nicht mehr Albertina heißen, sondern bekommt den Namen des berühmten Stadtsohnes Kant. Zu den heute beginnenden Feierlichkeiten wird auch große politische Prominenz erwartet: Zum Beispiel hat sich der russische Präsident Putin angekündigt, Bundeskanzler Schröder soll auch kommen und Frankreichs Präsident Chirac. Katja Grupp ist an der Universität in Kaliningrad Lektorin des Deutschen Akademischen Austauschdienstes, DAAD. Was bekommen Sie denn an der Uni direkt von den Feierlichkeiten und der Umbenennung mit?

    Katja Grupp: Die Umbenennung wirft große Schatten voraus: Die Uni hat ein neu angestrichenes Gebäude bekommen, Renovierungen finden statt - nicht nur an der Universität, sondern in der ganzen Stadt - anlässlich der Feierlichkeiten. Vom Namen selber hat man bis jetzt noch nicht viel mitbekommen.

    Maleike: Was hält man denn eigentlich an der Uni von der Umbenennung?

    Grupp: Mein Eindruck ist, dass es sehr positiv aufgenommen wird und dass damit eben einer der großen Söhne der Stadt geehrt wird. Ich persönlich finde es ganz schön, weil die Verbindung zwischen Deutschland und Russland dadurch deutlich wird, dass diese russische Stadt mit der deutschen Vergangenheit sich auf diese Persönlichkeit einigen kann.

    Maleike: Das deutsch-russische Verhältnis, haben Sie angesprochen, wird vielleicht gerade in Kaliningrad, also früher Königsberg, ja besonders deutlich und ist durch die jüngste Geschichte stark geprägt. Sie sind als Deutsche vor Ort - warum haben Sie sich damals entschieden dahin zu gehen? Was hat Sie besonders gereizt?

    Grupp: Mich hat wirklich dieses, ja die besondere Lage Kaliningrads gereizt. Diese Insellage inmitten der EU, inmitten von Polen und Litauen. Ich mag Russland sehr gerne, und fand es aber sehr exotisch an diesem westlichen Zipfel Russlands zu sein.

    Maleike: Man weiß aus vielen anderen osteuropäischen Ländern, zum Beispiel aus Litauen, dass Deutsch dort als Sprache immer mehr verdrängt wird durch das Englische. Ist das auch in Kaliningrad so?

    Grupp: Ja. Wobei ich denke, dass da eine Besonderheit ist und ein Unterschied von Kaliningrad zu Russland: Englisch ist erste Fremdsprache an den Schulen, in ganz Russland, und in Kaliningrad ist aber die wichtigste Sprache weiterhin Deutsch - also, neben Russisch selbstverständlich als Muttersprache. Aber einfach durch die vielen Heimweh-Touristen, wie man sie hier nennt, die jedes Jahr nach Kaliningrad kommen, ist der ganze Tourismus auf Deutsche ausgerichtet. Und die sind ein großer Wirtschaftsfaktor und deshalb ist einfach Deutsch die erste Sprache, die hier gelernt wird oder diese Rolle spielt. Das ist finanziell dann auch ganz lukrativ für alle, die sich mit Deutsch beschäftigen.

    Maleike: Wenn man noch nicht dort war, kann man sich wahrscheinlich nur schwer ein Bild von dem machen, was denn die zukünftige Kant-Uni ausmacht. Erzählen Sie uns mal ein bisschen über die Uni: Wie groß ist sie, was wird da gelehrt, welches Renommee hat sie vielleicht auch?

    Grupp: Das ist eine staatliche Universität. Die Studentenzahlen - ich glaube, es handelt sich um 13.000, bin ich mir jetzt aber gar nicht sicher. Es ist eine, ja, normale russische Universität, sage ich mal: Jura, Wirtschaft, Philologien, das alles wird unterrichtet, wird gelehrt. Im Gegensatz zu einer deutschen Uni ist die russische Uni sehr verschult. Jeder Student bekommt einen Stundenplan, nach dem muss er sich richten, und den muss er praktisch abarbeiten. Der hat einen Semesterstundenplan, den muss er erfüllen. Und alle Veranstaltungen sind Pflichtveranstaltungen, es gibt nur ganz wenige Wahlmöglichkeiten für die Studenten.

    Maleike: Gibt es denn auch viele ausländische Dozenten oder studieren da an der Uni in Kaliningrad - die Stadt hat sich ja erst vor 15 Jahren auch dem Ausland gegenüber geöffnet?

    Grupp: Ganz wenige. Also es gibt Lektorinnen aus Schweden, Litauen, Polen - und Irland gab es - und dann kommen manchmal Gastdozenten aus Deutschland. Ausländische Studierende, ganz wenige. Also das sind dann wirklich die Exoten, die sich dann hier hin verirren.

    Maleike: Wäre das was, was Sie sich wünschen würden für die künftige Kant-Uni, dass sie auch internationaler wird und vielleicht auch bei den Studierenden ein bisschen auf der Rechnung steht?

    Grupp: Das würde ich mir wünschen, ja. Das wäre schön, wenn die Uni das schaffen würde, mehr Studierende, internationale Studierende, und auch mehr internationale Lehrende hier zu verpflichten oder anzuwerben. Vielleicht hilft da der Name Kant-Universität, was die Vermarktung der Uni angeht. Wobei das Interesse an Kaliningrad doch recht groß ist. Also gerade von deutscher Seite ist die Nachfrage groß. Manchmal scheitert es dann an internen, administrativen Vorgängen, dass es deutschen Studenten schwer gemacht wird, hierher zu kommen - aber vielleicht ändert sich das ja.