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Aus Alt- mach Neu-Beton

Die Ruhr-Universität ist die erste Nachkriegsuniversität Deutschlands und steht seit guten 44 Jahren am Rande Bochums. Die Jahrzehnt haben Spuren hinterlassen: Die durch ihre Betonbauweise oft verschmähte Universität soll jetzt eine Komplettsanierung bekommen.

Von Sebastian Krüger |
    Auffälliges und lautes Klacken bei fast jedem Schritt. Besucher schauen verwundert, Studierende und Angestellte haben sich längst an diese Geräuschkulisse gewöhnt. Es sind die großen Steinplatten auf dem Vorplatz der Uni-Bibliothek, die sich im Laufe der Jahre gelöst haben, nun recht locker hin und her schwingen und klappern.

    "Diese Platten liegen an vier Punkten auf, auf kleinen Betonklötzchen und wenn die sich irgendwie verändern, fangen die also an zu klappern. Das ist also keine Sache, die sicherheitsgefährdend ist, es ist eine reine Geräuschssache. Man kann jetzt alle Platten aufnehmen und wieder schön ausrichten, dann wird es ganz ruhig hier werden."

    Wilfried Scheffer ist verantwortlicher Betriebsleiter des technischen Gebäudemanagements der Universität. Ein Sicherheitsrisiko sind die Platten nicht, ein Symbol für den Zustand der Universität allemal. Irgendwie scheint hier alles locker und nicht mehr ganz so optimal. Auffällig auch das alles bestimmende Grau. In den Sechzigerjahren schick, in den Achtzigerjahren verpönt, heute mitunter denkmalgeschützt.

    "Diese Betonstruktur der Ruhr-Universität ist als Gesamtposition oder Komposition auch in Zukunft so vorgesehen, allerdings vielleicht in einer optisch ansprechenderen Art, man kann Farbe verwenden, man kann sonstige Hilfsmittel verwenden. Aber Beton als solches ist weiterhin Grundstruktur der Ruhr-Universität, auch bei dem neuen Gebäude."

    Die Ingenieurswissenschaften bekommen ein flaches kubusförmiges Bauwerk. Die Ausschreibung läuft, im Sommer kommt es dann zum ersten Spatenstich. Professor Ulrich Kunze, Inhaber des Lehrstuhls für Werkstoffe und Nanoelektronik, wird der Erste sein, der mit seinem gesamten Lehrstuhl umziehen wird. Der Blick in sein Büro vermittelt allerdings keinen Sanierungsbedarf - ein helles Zimmer, neue Möbel, schöner Ausblick ins Ruhrtal. Aber hier liegt auch nicht das Problem, erklärt Professor Kunze:

    "Das Problem liegt darin, dass sich die Sicherheitsvorschriften sich in den letzten 15 Jahren massiv verschärft haben und viele Dinge, die wir jetzt hier betreiben sind provisorisch. So ein bisschen mit großzügigem Augenzudrücken an den Sicherheitsvorschriften vorbei."

    So hängen zum Beispiel in den Gängen Abgasrohre in der Plastikversion, die eigentlich mit Aluminium ummantelt seinen müssten. Außerdem haben fast alle Gebäude der Ruhr-Uni ein Asbest und PCB-Problem. Mittlerweile sind die kritischen Teile der Wände versiegelt. Es ist somit aber auch automatisch unmöglich im Haus kleinere bauliche Veränderungen vorzunehmen. Wer hier sanieren möchte, muss kernsanieren! 60 bis 70 Millionen wird der erste Schritt kosten, zwei Jahre Bauzeit sind eingeplant:

    " Dieser Raum braucht kein Fenster, der braucht Abzüge und die funktionieren.

    Okay

    Also rein technisch ist dieser Raum in Ordnung, nur in das eigentliche Konzept der Arbeiten des Lehrstuhls ist diese Art von Chemie ganz unglücklich angebunden. Denn wenn man hier die Proben weiter prozessiert, muss man weiter über den Flur laufen, man kommt also mit unreiner Umgebungsluft zusammen, auch hier wie Sie sehen, dass ist kein Reinraum, dass ist ein ganz normaler belüfteter Raum. Wir bräuchten eigentlich für unsere Prozesstechnologie Reinräume und die werden wir im neuen Gebäude haben." "

    Neue Labore und eine optimierte Zusammenstellung der Bereiche sprechen für den Umbau. Auch die Energieeffizienz soll sich verbessern. Aktuell verursacht die Uni über 12 Millionen Euro Strom- und Wärmekosten jährlich. Ist die Sanierung des Campus abgeschlossen, könnten bis zu 30 Prozent davon gespart werden. Einen Eindruck, wie die Universität sich nach der Sanierung präsentieren könnte, vermittelt die neue Mensa. Nach über drei Jahren Bauzeit, ist sie das Vorzeigeobjekt der Uni geworden.

    "Ich glaube, ich stell mich da an mit der vegetarischen Gourmet-Frühlingsrolle."

    Zwölf Uhr Mittags - der Mensabetrieb ist im vollen Gange. Die Mensa erstrahlt in einer Kombination aus Edelstahl, hellem Parkett, modernem Granitboden, im Bistrobereich steht ein Kickertisch, daneben einladende Ledersofas. Das integrierte Veranstaltungszentrum und die entsprechende Seminarräume wirken lichtdurchflutet. Neue Möbel, grauer Teppichboden und Kunst an den Wänden.

    "Das könnte die Zukunft sein, ja, in den vorhandenen Strukturen, die wir in den zu sanierenden Gebäuden haben. Genauso - oder so ähnlich - stellen wir uns die Sanierungsart der Institutsgebäude vor."

    Wilfried Scheffer vom technischen Gebäudemanagement formuliert im Konjunktiv. Erst wenn die Baufirmen bestimmt worden sind geht es an die konkrete innenarchitektonische Planung. Dass die aktuellen Verantwortlichen der Universität dafür ein Händchen haben, beweisen sie durch die Mensa.