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Aus CO2 Kunststoff machen

Erdöl bei der Kunststoffproduktion zu ersetzten, ist Forschern der Bayer AG in Leverkusen jetzt gelungen. Sie können hochwertige Kunststoffe mit Hilfe von Kohlendioxid herstellen. Eine entsprechende Pilotanlage geht dort heute in Betrieb.

Von Susanne Kuhlmann |
    Das Besondere ist, dass es nach langer Anlaufzeit endlich geklappt hat, Kohlendioxid in den Produktionsprozess von Kunststoffen einzubauen. Daran beißen sich Chemiker weltweit nämlich schon seit vierzig Jahren die Zähne aus. Dr. Christoph Gürtler ist bei Bayer Material Science Projektleiter von Dream Reactions. So heißt das Projekt - Traumreaktion.

    "Wir sind deswegen besonders stolz drauf, weil es zum ersten Mal gelingt, vernünftig, wirtschaftlich, mit guter Qualität CO 2 nutzbar zu machen für Polymere.
    Polymere kennen wir aus unserem alltäglichen Leben. Zum Beispiel von Matratzen, Schaumstoffmatratzen. Kunststoff im weitesten Sinne, Plastiktüten. Wir kennen sie von Skischuhen. Das sind plastische Urethane, Leichtbauteile für das Auto - Polymere sind im weitesten Sinne überall."

    In der Anlage, die heute in Betrieb geht, wird das CO2 in ein Vorprodukt der Kunststoffherstellung eingebaut. Das ist eine klare Flüssigkeit mit einem langen Namen.

    "Was hier entsteht, ist diese farblose Substanz, etwas zähflüssig, nennt sich Polyethercarbonatpolyol. Und das ist ein Baustein, den man benötigt, um daraus Polyurethan zu machen. Polyurethan macht man aus zwei Komponenten. Wenn man das beides zusammengibt, kann ich Ihnen auch zeigen, was da rauskommt. Das ist etwas ganz Praktisches zum Anfassen. Das ist ein Schaumstoff, und das ist genau das Material, aus dem man später eine Matratze machen kann. Das ist quasi Teil einer Matratze."

    Ist das neue Verfahren denn eine Möglichkeit, das Treibhausgas CO2 sinnvoll zu nutzen, also einen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten? Nicht direkt, denn dafür ist einfach viel zu viel Kohlendioxid da. Aber zumindest ein Teil davon wird genutzt und - was noch wichtiger ist - man braucht weniger Erdöl. Dazu noch mal Projektleiter Christoph Gürtler:

    "Derzeit ist es so: Wir nehmen 100 Prozent einer Erdöl basierten Substanz, um einen gewissen Polymervorläufer zu erzeugen. Im Rahmen dieser einen chemischen Reaktion, die wir hier betreiben, können wir einen Teil dieses fossilen Bausteins gezielt herauslassen und anstelle dessen CO2 chemisch in diese Kette einbauen. Es kommt auch anschließend nicht wieder raus, sondern es ist fixiert im Polymer. Das ist das Besondere. Ein Kern des Verfahrens ist es, auf fossile Rohstoffe zu verzichten. Das ist also nachhaltig. Wir sehen an der Tankstelle, wie teuer Erdöl, beziehungsweise Benzin geworden ist. Damit hätte die Chemieindustrie eine Möglichkeit, aus der Erdölabhängigkeit rauszukommen. Und es ist ein Schritt in Sachen grüne Produkte, also Sachen zu machen aufgrund von Substanzen, die ohnehin da sind und die Abhängigkeit vom Erdöl zu reduzieren."

    Wie geht es weiter, wann wird tatsächlich nach diesem Verfahren produziert?
    Die Forscher streben an, Deutschland zu einem Marktführer für solche Technologien zu machen und sich damit international eine Führungsposition zu erobern. Bayer arbeitet nicht nur mit dem Energieunternehmen RWE zusammen, von dem das CO2 kommt, sondern auch mit der Technischen Hochschule Aachen. Das Land Nordrhein-Westfalen und der Bund unterstützen diese Kooperation von Industrie und Universität, die darauf abzielt, Kohlendioxid als Ressource zu nutzen. Was die Forscher wissen müssen, damit die Sache sich auch ökonomisch lohnt, wollen sie mit ihrer Pilotanlage in den nächsten paar Jahren herausfinden.