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Aus für die Superbörse

Das Veto der EU-Kommission hatte sich abgezeichnet. Dennoch äußerte sich Börsen-Chef Reto Francioni deutlich enttäuscht. Er muss für die Frankfurter Börse nun eine Zukunftsperspektive ohne die amerikanischen Partner entwickeln.

Von Brigitte Scholtes |
    Das Aus für die Superbörse war keine Überraschung am Finanzplatz. Und so wandte sich auch Deutsche-Börse-Chef Reto Francioni schon kurz nach Bekanntgabe der Entscheidung aus Brüssel an die Öffentlichkeit: Die gemeinsame Börse wäre aus seiner Sicht ein idealer Partner der europäischen Regulierungsbehörden gewesen in ihrem Bemühen, die Märkte zu regulieren und zu standardisieren: Die Begründung der EU-Kommission verstehen die Börsenbetreiber ohnehin nicht, weil diese den unregulierten Terminmarkt nicht mitberücksichtigt hatte, und an diesem Gesamtmarkt wäre der Anteil der fusionierten Börse sehr viel geringer gewesen. Francioni meinte, dies sei auch eine verpasste Chance für den Finanzplatz Frankfurt:

    "Frankfurt auf Augenhöhe mit dem Finanzplatz New York als eine von zwei Hauptverwaltungen der größten Börsenorganisation der Welt – so hätte die künftige Bedeutung von Frankfurt in der Welt aussehen sollen."

    Daran hatten die Mitarbeiter schon im Vorfeld ihre Zweifel, sie befürchteten zumindest mittelfristig eine Dominanz der Amerikaner in dem gemeinsamen Unternehmen. Und so sind auch die Reaktionen der Akteure am Finanzplatz zwiespältig. So meint Klaus Nieding, Anwalt für Kapitalmarktrecht und Vizepräsident der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz:

    "Ich bin auch schon der Meinung, dass die Deutsche Börse an Bedeutung verloren hätte im Rahmen dieses mergers und zum Schluss, wenn überhaupt noch, der Juniorpartner gewesen wäre. Insofern bin ich aus Sicht eines am Finanzplatz Aktiven nicht unbedingt traurig über die Entscheidung der EU-Kommission. Auf der anderen Seite ist es natürlich auch so, wir dürfen uns nicht auf Dauer hier in eine Insellösung begeben und der Meinung sein, dass wir hier von Frankfurt aus alles machen können, das schaffen auch nicht, wir brauchen dann eben sehr, sehr starke Kooperationen."

    "Wir sind davon überzeugt, dass die Deutsche Börse auch ohne die angestrebte Fusion mit der NYSE Euronext stark genug ist, weiterhin eine bestimmende Rolle als Finanzdienstleister am Finanzplatz Frankfurt einzunehmen", ließ sich Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier zitieren. Dass die Deutsche Börse auch allein stark genug sei, daran wollte Deutsche-Börse-Chef Francioni jedenfalls keine Zweifel aufkommen lassen:

    "Wir haben auch immer gesagt, dass wir in dieses Fusionsvorhaben aus einer Position der Stärke gegangen sind, dass wir den Merger wollten, ihn aber nicht betreiben mussten. Natürlich wird die Gruppe Deutsche Börse ihren Wachstumskurs fortsetzen."

    Tatsächlich steht die Deutsche Börse gut da, sie bietet die gesamte Wertschöpfungskette im Börsengeschäft an, angefangen vom Handel über die Abwicklung bis zur Verwahrung. Ihre Aussichten sind deshalb nicht schlecht, meint auch Christian Muschick, Analyst von Silvia Quandt Research:

    ""Es ist schade für die Deutsche Börse, sie hat definitiv eine Chance verloren, deutlich stärker zu wachsen, auch die Profitabilität zu steigern, und man hätte ja massiv Kosten sparen können. Aber es ist jetzt auch keine Katastrophe: Das Unternehmen steht wirklich solide da, ist auch von der Struktur her die beste Börse weltweit. Von daher wird es auch so weitergehen."

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