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Aus Haft in Venezuela entlassener Journalist
Das ist dran an den Vorwürfen im Fall Billy Six

Genau vier Monate war er in Haft in Venezuela. Nun wurde Billy Six entlassen und ist zurück in Deutschland. Die AfD reklamiert den Erfolg für sich. Die Eltern des Journalisten danken Russland - und werfen der Bundesregierung vor, zu wenig für ihren Sohn getan zu haben. Zu Recht?

Von Michael Borgers | 18.03.2019
Der deutsche Journalist Billy Six: Nach seiner Entlassung aus syrischer Haft 2013 dankte er Russland.
Der deutsche Journalist Billy Six: Nach seiner Entlassung aus syrischer Haft 2013 dankte er Russland. (picture alliance / dpa / Kay Nietfeld)
Billy Six lächelt, seine Finger zum Victory-Zeichen geformt streckt er der Kamera entgegen. So zeigen ihn Bilder vom Flughafen in Venezuela. 119 Tage hat der deutsche Journalist dort in Haft gesessen.
In seiner Heimat hat in dieser Zeit die Organisation "Reporter ohne Grenzen" immer wieder auf sein Schicksal hingewiesen, so wie hier im Deutschlandfunk Geschäftsführer Christian Mihr: "Es geht hier ganz klar darum, einen Journalisten wegen seiner journalistischen Arbeit zu drangsalieren."
Auch andere berichten nach der Verhaftung über den Fall. Dennoch kommt früh der Vorwurf auf, deutsche Medien würden sich zurückhalten. "Weil Six ein 'rechter Journalist' ist?", fragt bereits nach einem Monat ein Autor im Online-Magazin "Tichys Einblick".
Als Investigativ-Journalist für die "Junge Freiheit" unterwegs
Der 32-Jährige arbeitet für die "Junge Freiheit". Die überregionale Wochenzeitung versteht sich als konservatives Medium. Für viele Experten gilt die ehemalige Schülerzeitung als Organ der Neuen Rechten. Die Bundeszentrale für politische Bildung ordnet sie als "Sprachrohr einer radikal-nationalistischen Opposition" ein.
Billy Six versteht sich als Investigativ-Journalist. 2016 macht er Schlagzeilen, als er mit einem anderen Journalisten die Redaktion des Rechercheverbunds "Correctiv" besucht. "Und das Ganze ist dann halt ein bisschen aus dem Ruder gelaufen", räumt Six selbst später im Interview mit dem russischen Auslandssender RT ("Russia Today") ein.
Die Männer dringen in die Räume ein, rufen "Lügenpresse" und "Propaganda". Aus Six' Sicht hatte "Correctiv" fehlerhaft über den Absturz des Flugs MH17 über der Ostukraine berichtet. Die Macher der – später preisgekrönten – Reportage hatten herausgefunden, dass russische Offiziere für den Angriff verantwortlich waren.
Immer wieder Russland
Recherchen über oder Verbindungen zu Russland ziehen sich wie ein roter Faden durch das journalistische Leben von Six. 2013 ist es offenbar Moskau, das ihm nach seiner ersten Inhaftierung im Ausland hilft. Damals sitzt der Kriegsreporter in einem syrischen Gefängnis. Nach seiner Freilassung heißt es in einem Video der "Jungen Freiheit": "Doch am 5. März übergab ihn das syrische Außenministerium in Damaskus in die Obhut russischer Diplomaten."
Damals erklärt Six, wieder in Deutschland, vor der Bundespressekonferenz."Deshalb großen Dank an die Leute dort, die russische Regierung, speziell den Minister Lawrow."
Und auch nach seiner Rückkehr aus Venezuela richtet sich der Dank seiner Familie an Moskau. Der Bundesregierung werfen die Eltern in einem öffentlichen Schreiben vor, die Freilassung sogar "eher blockiert als befördert" zu haben.
Vorwürfe gegen Berlin
Beweise dafür gibt es nicht. Im Gegenteil hat die Bundesregierung immer wieder auf ihre diplomatischen Bemühungen verwiesen, so wie eine Sprecherin des Außenministeriums Ende Februar vor Journalisten betonte: "Dass wir einen zweiten Haftbesuch durchführen konnten und wir den Fall weiter mit Hochdruck konsularisch betreuen."
Man sei froh, dass der Fall Billy Six nach intensiven Bemühungen eine positive Entwicklung genommen habe, heißt es aus dem Außenamt nach Bekanntwerden der Freilassung. Verschiedene AfD-Politiker dagegen reklamieren den Erfolg für sich - und für Russland. Er danke Außenminister Lawrow für seine Intervention, schrieb beispielsweise AfD-Außenpolitiker Petr Bystron auf Twitter.
Ob Six sich selbst öffentlich in Deutschland äußern wird, ist fraglich. Er darf nicht in den Medien über seinen Fall sprechen. So sehen es die Auflagen der venezolanischen Behörden vor, unter denen er entlassen wurde.