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Ausbildung von Erziehern
Mehr als wickeln und spielen

In Deutschlands Kindertagesstätten fehlt es vor allem bei der Betreuung der Unter-Dreijährigen an ausgebildeten Kräften. Aber das Interesse an einer Erzieherausbildung oder einer Umschulung zum Erzieher wächst. Dabei gibt es gerade in der Arbeit mit Kleinkindern einiges zu beachten.

Von Afanasia Zwick | 01.08.2014
    Die Mädchen und Jungen der Tautropfengruppe stehen am 23.07.2014 in Dresden vor der Kindertagesstätte "Haus der kleinen Entdecker".
    In Zeiten den Frühförderung reicht es aber nicht zu wissen, wie man richtig wickelt oder Windeln wechselt: Konzentrationsübungen, selbstständiges Spielen und Sprachförderung stehen inzwischen auf den meisten Kita-Programmen. (picture alliance / dpa / Matthias Hiekel)
    Die Hälfte ist geschafft. Für Maria Bagala-Costa endet diese Woche das erste von zwei Ausbildungsjahren zur staatlich anerkannten Erzieherin.
    "Die Ausbildung ist schon eine Herausforderung. Es ist nicht nur mit Schule und Arbeiten abgetan. Man muss einiges investieren an Freizeit, um zu lernen, um viel aufzuarbeiten und sich informieren."
    Doch gerade das theoretische Wissen will die 44-Jährige nicht mehr missen. Was ihr an drei Tagen pro Woche in der Schule beigebracht wird, kann sie in der Kita- in die sie die restlichen zwei Tage der Woche geht- direkt umsetzen. Ein Beispiel:
    "Man denkt, man wickelt ein Kind und es ist damit abgehakt. Aber es ist ja auch für's Kind ein Schambereich und man muss erst mal sehen, dass da eine Bindung entsteht."
    Richtiges Wickeln will gelernt sein
    Wie das funktionieren kann, wird zunächst im Unterricht besprochen, dann von den angehenden Erziehern in der Praxis beobachtet und schließlich in einem Bericht beschrieben:
    "Acht Seiten. Da dachte ich, acht Seiten über Wickeln- was schreibt man da alles? Aber was da dann alles zusammen kommt, an was man alles denkt: an den Heizstrahler, an die Wickelauflage und Desinfektion und Streicheleinheiten, das Bilderbuch. Und das alles zusammenzuschreiben und zu berichten- ganz viele Sachen entstehen da, also ein langer Bericht."
    In Zeiten den Frühförderung reicht es aber nicht zu wissen, wie man richtig wickelt oder Windeln wechselt: Konzentrationsübungen, selbstständiges Spielen und Sprachförderung stehen inzwischen auf den meisten Kita-Programmen. Christine Klimroth, Mutter zweier Kleinkinder, erwartet zum Beispiel, dass ihre Söhne in der u3-Betreuung mit klaren Vorschriften konfrontiert werden:
    "Das ist schon auch eine gewisse Art Vorbereitung auf die Schule, wo sie ja diese richtigen, strengen Regeln haben, wo sie immer auf dem Stuhl sitzen müssen. Und hier dürfen sie Kind sein, haben aber spielerisch trotzdem ihre Aufgaben und Regeln und das finde ich schon wichtig."
    Selbstständiges Spielen und Sprachförderung
    Den gewachsenen Anspruch an die frühkindliche Erziehung versteht Maria, selbst Mutter von drei Kindern, sehr gut. Bevor sie sich für die Ausbildung entschlossen hat, arbeitete sie als Frisörin, danach war sie knapp zehn Jahre als Streetworkerin in Frankfurt unterwegs. Die Arbeit mit Jugendlichen habe ihr gezeigt: Je früher man kleinen Kindern Vertrauen und Zuneigung schenke, desto weniger gerieten sie später auf die schiefe Bahn, sagt Maria. Und genau das motiviere sie täglich- besonders für die Arbeit mit unter Dreijährigen:
    "Wie die Kinder schon miteinander umgehen, so Kleine schon. Also wenn jetzt jemand traurig ist und weint, dann geht der andere und holt aus dem Fach seinen Schnuller und bringt es ihm. Also ich finde das total faszinierend.„
    Um solche Situationen nicht nur zu beobachten, sondern auch aktiv eingreifen zu können, paukt sie gemeinsam mit 23 anderen Schülern, wie man zum Beispiel richtig lobt. Ebenso lernen sie in der Ausbildung Kinderlieder, fantasieanregende Spielkonzepte oder muskelstärkende Bewegungsabläufe kennen. Die Alterspanne ihrer Klasse erstreckt sich von 25 bis 53 Jahre.
    Erzieher werden mit auch 53 Jahren
    Die Voraussetzungen für die Ausbildung sind bundesweit unterschiedlich. Als Aufnahmekriterien gelten jedoch meistens: ein mittlerer Bildungsabschluss und mindestens ein halbes Jahr Praxiserfahrung mit Kindern. Verkürzt in zwei bis drei Jahren legt man dann die Ausbildung an einer Berufsfachschule ab. Teilweise finanziert die Bundesagentur für Arbeit die Umschulung, in manchen Fällen gibt es Stipendien, so wie für Maria, in Höhe von 200 Euro monatlich von der Caritas Frankfurt. Birgit Knobloch, die Leiterin der Kita „Lichtblick", in der Maria gerade arbeitet, ist dankbar für die Unterstützung der angehenden Erzieher:
    "Die Schule ist für den theoretischen Teil zuständig. Und hier haben sie dann die Möglichkeit das in Projekten umzusetzen und vielleicht auch ein Stück in Anführungszeichen "ausprobieren"."
    Noch ein Jahr, dann darf Maria mit all ihrem Wissensschatz Klein- und Kleinstkinder erziehen. Für diesen Augenblick, meint sie, lohne sich die Ausbildung- egal wie anstrengend sie ist.