Vor wenigen Tagen erst meldete die Industrie- und Handelskammer 70.000 unbesetzte Ausbildungsplätze. Heute beklagt der Deutsche Gewerkschaftsbund, dass etwa Eindrittel aller Bewerber ohne Ausbildungsplatz bleiben. Ganz aktuell seien rund 100.000 Bewerber unversorgt, sagt Florian Haggenmiller. Das Problem sieht der DGB-Bundesjugendsekretär dabei nicht bei der von den Arbeitgebern oft angeführten mangelnden Ausbildungsreife der Bewerber. Es hapere hingegen oft an der Rahmenbedingungen und den Standards der Ausbildungen.
Zwar seien rund 70 Prozent der Auszubildenden mit ihren Lehrjahren zufrieden. Dies dürfe aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass es nach wie vor ernstzunehmende Probleme bei der Ausbildungsqualität gebe:
"Es kann doch niemanden ernsthaft verwundern, dass miserable Ausbildungsbedingungen Auswirkungen haben. Die jungen Menschen stimmen einfach mit den Füßen ab und machen einen Bogen um diese Berufe. Statt über unbesetzte Stellen und Fachkräftemangel zu klagen, sollten diese Betriebe lieber eine gute Ausbildung mit professionellen Rahmenbedingungen bereitstellen."
Sagt DGB-Bundesjugendsekretär Florian Haggenmiller. Zwischen den Berufen und Branchen stellt der Report aber große Unterschiede in Sachen Ausbildungsqualität und Zufriedenheit der Auszubildenden fest: Angehende Industriemechaniker, Industrie- und Bankkaufleute zeigen sich zufrieden mit ihren Lehrjahren. Ganz anders sieht es in der Gastronomie und Hotellerie und bei Teilen des Handwerks aus. Fast 50 Prozent der werdenden Köchinnen und Köche haben ihre Ausbildung frühzeitig abgebrochen. Insgesamt wurde jeder vierte Ausbildungsvertrag vorzeitig aufgelöst.
Die Gründe für die Unzufriedenheit sind breitgefächert: Laut Report klagt jeder dritte Auszubildende über regelmäßige Überstunden, was bei unter 18-Jährigen gegen das Jugendschutzgesetz verstoße; jeder Fünfte gehe einer Ausbildung nach, die er oder sie eigentlich gar nicht wählen wollte und beinahe jeder Fünfte stehe nur selten oder nie in Kontakt zu seinem Ausbilder.
Ein weiteres Problem, das schwerwiege, betreffe die finanzielle Situation der Lernenden:
"Nicht einmal ein Drittel der Auszubildenden kann sich eine eigene Wohnung ausschließlich von der eigenen Ausbildungsvergütung leisten. Die meisten erhalten zusätzliche finanzielle Unterstützung in Form staatlicher Unterstützung - 36,5 Prozent - oder aus dem familiären Umfeld - 35 Prozent."
So Benjamin Krautschaft, Sprecher für berufliche Bildung und Ausbildungsssituation beim DGB. Aus den Ergebnissen des Reports leitet der DGB Forderungen ab: Zu allererst müsse eine gesetzliche Ausbildungsgarantie eingeführt werden. Sichergestellt werden müsse dabei auch ein Ausbildungsangebot, das eine Auswahl zulässt. Zahlen des DGB zufolge hat letztes Jahr nur die Hälfte der bei der Bundesarbeitsagentur gemeldeten Ausbildungssuchenden einen Platz bekommen.
Zusätzlich müsse eine Regelung für Qualitätsstandards in den ausbildenden Betrieben her. Dabei gehe es nicht nur um die Ausstattung der Betriebe, sondern auch um ihr fachliches und pädagogisches Können.
"Es bleibt unbegreiflich, dass einzelne Branchen wie etwa das Hotel- und Gaststättengewerbe, die Handelsberufe und Teile des Handwerks Jahr für Jahr schlecht abschneiden, in manchen Berufen die Auszubildenden davon laufen und trotzdem nichts passiert."
Meint Benjamin Krautschaft.
Solche Qualitätsstandards müssten deshalb regelmäßig überprüft werden. Und damit diese Kontrollen überhaupt durchgeführt werden könnten, müsste außerdem die Zahl der Ausbildungsberater erhöht werden. Bessere Ausbildungsqualität, so der DGB, führe schließlich zu größerer Zufriedenheit auf beiden Seiten: Bei den Auszubildenden, aber auch bei den Betrieben.