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Ausgesperrte Konkurrenz

Microsoft, Sun Microsystems und die Open-Source-Lösung "OpenOffice" stehen mit neuen Versionen am Start. Doch das Redmonder Unternehmen erschwert der Konkurrenz das Geschäft, indem seine Datei-Formate den vollständigen Zugriff auf alle Informationen unterbinden.

Von Achim Killer |
    Eine Schreibmaschine mit kyrillischen Buchstaben ist im Westen nur von begrenztem Nutzen. Denn es gibt kaum Leute, denen man damit einen Brief schreiben könnte. Und so ähnlich ist es um die alternativen Office-Pakete bestellt. Mit den Programmen des Marktführers Microsoft kann man damit geschriebene Dateien oft nicht richtig lesen. Und umgekehrt stellen Open-Office, k-Office und andere Open-Source-Programme Microsoft-Dokumente auf dem Bildschirm gelegentlich nicht korrekt dar. Zwar entwickeln die Alternativprogrammierer Filter für Microsoft-Dateien. Aber das ist eine rechte Sisyphus-Arbeit, wie Daniel Riek vom Linux-Unternehmen Redhat erläutert:

    "Wir haben heute relativ gute Importfilter, was aber nur für die aktuellen Versionen gilt. Wenn jetzt eine neue Version von Office mit neuen Formaten kommt, beginnt das Spiel von vorn - man muss dann wieder hinterher programmieren."

    Nun speichert Microsoft-Office seit einiger Zeit auch in so genannten XML-Formaten ab. Da müssen die Alternativ-Entwickler nicht hinterher programmieren, denn der Konzern aus Redmond hat die XML-Formate öffentlich dokumentiert und erlaubt, dass andere Software-Häuser sie gratis nutzen. Nicht, um nett zur Konkurrenz zu sein, verfährt Microsoft so, sondern weil Dateien, die auf dem Windows-PC erstellt worden sind, von Server-Software weiterverarbeitet werden sollen. Dazu muss die Server-Software das XML-Format verstehen. Alfons Stärk von Microsoft:

    "Der eine Aspekt ist der Datenaustausch, also Dokumente verschicken und mit einem anderen Programm öffnen zu können. Wir sehen aber einen noch viel größeren Vorteil in der Unterstützung von Geschäftsprozessen durch XML. Word-Dokumente sind dabei nicht nur einfache Briefe, sondern enthalten in sich strukturierte Daten, die durch andere Anwendungen verwendet werden können."

    Den Entwicklern alternativer Office-Software nützt das nichts. Denn nur Microsofts XML-Formate sind veröffentlicht, nicht aber die gebräuchlichen so genannten Binärformate. Das sind die mit den Datei-Endungen doc und xls. Die sind allein schon deshalb wichtiger, weil jedes Microsoft-Programm sie versteht. Die XML-Formate hingegen versteht nur die teure Professional-Version von Microsoft-Office. Das führt zu der grotesken Situation, dass beispielsweise das kommende Release von Open-Office Microsofts XML-Formate lesen und schreiben kann, nicht aber das Microsoft-Paket für den Heimanwender. Die Konsequenz liegt auf der Hand: Die unveröffentlichten Binärformate aus Redmond bleiben der de-facto-Standard für den Dokumentenaustausch.

    Eine eigene Standardisierungsorganisation für Office-Formate gibt es - OASIS heißt sie. Auch Microsoft ist Mitglied, unterstützt aber den Open-Document-Standard von OASIS nicht. Aus Microsoft Sicht sei das nachvollziehbar, meint Jacqueline Rahemipour von Open Office:

    "Damit würden viele Probleme, die jetzt einige Unternehmen bewegen, bei Microsoft Office zu bleiben, wären damit ausgehebelt. Es wäre eine strategisch schlechte Entscheidung, für Microsoft Office die Dateiformate zu übernehmen."

    Unternehmen, die mit aufwändigen Office-Dateien umgehen müssen, hält das von einem Wechsel von Windows und Microsoft-Office zu Linux und Open-Source-Büroprogrammen ab. Nur wenige Beispiele gibt es für einen unproblematischen Umstieg, etwa den bekannten Fall der Stadt Schwäbisch Hall, die ganz auf Open-Source umgestiegen ist. Horst Bräuner, der EDV-Leiter:

    "Der Inhalt kommt problemlos herüber, aber bei Formatierung, Absatzlayout, Fotos im Text gibt es noch Schwierigkeiten. Aber in unserem Fall wiegt das nicht so schwer, denn in einem Strafzettel haben Sie kein Foto."

    Bei anderen Institutionen verläuft es nicht so reibungslos. Office stellt sich mehr und mehr als das heraus, was früher Windows für Microsoft war: ein sehr effizientes Mittel, um die Konkurrenz auszubremsen.