Archiv


Ausgezeichnete Radiomacher

Der Deutsche Radiopreis wurde in dieser Woche zum zweiten Mal vergeben. Die Jury des Grimme-Instituts zeichnete in zehn Kategorien Deutschlands beste Radiomacher aus. Im Vergleich zur Premiere im vergangenen Jahr hat die Preisverleihung an Format gewonnen.

Von Klaus Deuse |
    Deutscher Radiopreis, die zweite. Ton ab und: Kamera läuft. Man lebt schließlich im bimedialen Zeitalter. Und wenn das Radio bundesweit für eine Bauchnabelschau ein breites Publikum sucht, dann geht das nach den Spielregeln der Medienbranche nicht ohne die Bilder, die das Leitmedium, eben das Fernsehen, verbreitet. Bilder von einer übrigens sehr ansehnlichen Preisverleihung, auch wenn die Kamera bei ihren Schwenks über das geladene Publikum jede Menge prominente Gesichter zeigte, die man nur vom Fernsehen kennt. Andererseits: Im Wettbewerb der elektronischen Medien hat das Radio keinen Grund, in Sack und Asche zu gehen. Denn noch heute gilt: Am Anfang stand das Wort, erst dann folgten die bewegten Bilder.

    Im zweiten Anlauf hat der Deutsche Radiopreis im Vergleich zur holperigen Premiere im vergangenen Jahr an Format gewonnen, das diesem schnellen und zugleich umfassend informierenden Medium – beinah - gerecht wird. Denn die Qualität der ausgezeichneten Beiträge besteht darin, den Weg über das Ohr in den Kopf gefunden zu haben – also über den Verstand und nicht nur über das schnell vergessliche Auge. Gewonnen hat die zweite Auflage dieses Deutschen Radiopreises unter anderem auch durch eine Neusortierung der Kategorien. Eben nicht mehr mit der Gießkanne durch die öffentlich-rechtliche und private deutsche Radiolandschaft zu wandern, sondern die Kriterien enger zu ziehen. Und während bei der Erstauflage die Preisträger schon vorher feststanden, mussten dieses Mal drei Nominierte warten, bis die Laudatoren den ominösen Umschlag mit dem Namen der Gewinner öffneten.

    Ja, auch beim Radio kann man von Fernsehpreisverleihungen lernen – zumal dann, wenn das Fernsehen die Preisverleihung überträgt. In dem Fall kennen auch Größen aus dem Musikgeschäft wie Herbert Grönemeyer oder Roxett kein Halten, um ihre ursprüngliche Liebe zum Radio zu bekunden. Ihre Plattengesellschaften werden es ihnen danken. Um direkt Botschaften, Emotionen und Informationen zu transportieren, dafür bietet das Radio, wie der Großteil der Preisträger bewies, noch immer eine ideale Plattform. Das größte Kompliment an das Radio lieferte die medienumtriebige Barbara Schöneberger, die als Fernsehfrau keck gestand, im Körper einer Radiomoderatorin gefangen zu sein. Radio bietet kreative Entfaltungsmöglichkeiten, die sich nicht nur in neumodischen Klangteppichen unter Kurznachrichten oder dem Wetterbericht erschöpfen. Aber ob der Deutsche Radiopreis wirklich eine Kategorie wie "Die beste Höreraktion" braucht, um Hörer zu gewinnen, darüber sollte sich das Grimme-Institut zum Nachdenken getrost noch einmal ins stille Kämmerlein zurückziehen.

    Radio muss informieren und kann unterhalten, aber es muss sich nicht der Quote wegen einschleimen. Eine Welt ohne Radio, merkte Laudator Giovanni di Lorenzo launig an, sei wie eine Welt, in der der Ton ausgefallen ist. Wo der Zeit-Chefredakteur, der auch fürs Fernsehen arbeitet, recht hat, da hat er recht. Vor allem mit seiner eindringlichen Warnung, die Hörer nicht zu unterschätzen. Denn Preise schützen nicht vor Entblödung. Oder wie es Billy Wilder einst formulierte: Preise in der Medienbranche seien wie Hämorrhoiden. Irgendwann kriege sie jeder Arsch. Angesichts der qualitativen Vielfalt im deutschen Radioprogramm kann die Grimme-Jury dieser Gefahr eigentlich nicht so schnell erliegen.