Ringsum groß perforierte, orangefarbene Stellwände, an denen Baulampen ihr schwaches Licht abgeben. Schwarze Plastikplanen bedecken den ganzen Boden, nur unterbrochen von zwei ordentlich geschichteten Palettenstapeln. Zwei Schienen führen diagonal durch den weiten Raum. Und kein Vorhang vor dieser aufgeräumten, abgeschlossenen Baustelle, deren moderne Unwirtlichkeit so ganz und gar zum königlichen Residenztheaters mit seinem aufgereihten Premierenpublikum kontrastiert. Und dann kommt sie: Medea. In ärmelloser Goldlamé-Robe, aber, nein, keine Femme fatale, eher burschikos mit ihrem Bubikopf, ungeschminkt. Resigniert spricht sie durchs Mikrofon von ihrer Sehnsucht nach dem Tod, der sie erlöse von ihrem verhassten Leben - und verschwindet sodann hinter einem Riesen- Ungeheuer von Schiffsrumpf, das vom natürlich pechschwarzen Theaterhimmel hinunter auf die Schienen schwebt. Später werden die Planen heruntergerissen, und das Schiffsgerippe wird sich entblößen. Kein Ort ist schließlich so aufgeladen mit Symbolen wie eine Theaterbühne, und so darf frei assoziiert werden. Das Gerippe als Ankündigung des Todes? Als ausgesprochen löchrige "Sicherheit"? Der schwarze Himmel mit nur einem Abglanz an Licht als verhangener Götterhimmel? Die aktuelle second-hand-Kostümierung als Normalo-Alltag? Nun, es ist Regie- Theater, da ist Übersetzung ins Heute angesagt.
Die 32-jährige Regisseurin Tina Lanik versucht, aus der antiken Tragödie ein modernes Ehedrama zu entwickeln. Das ist legitim und klingt spannend, zumal der Einstieg irritierend gelungen ist. Aber was wird aus dem großartigen Text, in dem eigentlich schon die Sprachgewalt aus Personen Persönlichkeiten macht? Aus dem fünfzehn köpfigen, korinthischen "Chor" wird eine furios spielende, sexy Blondine Barbara Melzl, die - ebenso wie die Amme - einen auch schau- spielerisch starken, solidarischen Frauentyp schafft. Was die Männer betrifft, erinnert allerdings nichts mehr an herrschaftliche Souveränität. Sie sind schwach, schwammig, unbedarft.
Gänzlich verfehlt besetzt ist Stephanie Leue als Medea. Bei ihr wird aus der Furie ein blasses, hysterisches Mädchen, das genauso gut Anna oder Barbara heißen könnte. Die - o Symbolik - die meiste Zeit in der zweistündigen Aufführung in einer fleischfarbenen Unterhose und einem gräulichen Unterhemd verbringt. Die sich die Seele aus dem schmalbrüstigen Leib spielt und lange nicht ihre "Medeia" beseelt. Die sich mit Jason einen kleinkarierten Rosenkrieg liefert. Ausgerechnet Tina Lanik, die bei ihren letzten Regien so genau, so fein zum Beispiel den "Baumeister Solness" oder den "Herzog von Gotland" auf den Punkt gebracht und dabei soviel Einfühlungsvermögen gezeigt hat, ist diesmal gescheitert. Euripides' Medea ist einfach zu großartig für heute.
Die 32-jährige Regisseurin Tina Lanik versucht, aus der antiken Tragödie ein modernes Ehedrama zu entwickeln. Das ist legitim und klingt spannend, zumal der Einstieg irritierend gelungen ist. Aber was wird aus dem großartigen Text, in dem eigentlich schon die Sprachgewalt aus Personen Persönlichkeiten macht? Aus dem fünfzehn köpfigen, korinthischen "Chor" wird eine furios spielende, sexy Blondine Barbara Melzl, die - ebenso wie die Amme - einen auch schau- spielerisch starken, solidarischen Frauentyp schafft. Was die Männer betrifft, erinnert allerdings nichts mehr an herrschaftliche Souveränität. Sie sind schwach, schwammig, unbedarft.
Gänzlich verfehlt besetzt ist Stephanie Leue als Medea. Bei ihr wird aus der Furie ein blasses, hysterisches Mädchen, das genauso gut Anna oder Barbara heißen könnte. Die - o Symbolik - die meiste Zeit in der zweistündigen Aufführung in einer fleischfarbenen Unterhose und einem gräulichen Unterhemd verbringt. Die sich die Seele aus dem schmalbrüstigen Leib spielt und lange nicht ihre "Medeia" beseelt. Die sich mit Jason einen kleinkarierten Rosenkrieg liefert. Ausgerechnet Tina Lanik, die bei ihren letzten Regien so genau, so fein zum Beispiel den "Baumeister Solness" oder den "Herzog von Gotland" auf den Punkt gebracht und dabei soviel Einfühlungsvermögen gezeigt hat, ist diesmal gescheitert. Euripides' Medea ist einfach zu großartig für heute.