Archiv

Auslandsschulen
Die besten Diplomaten Deutschlands

Deutsche Unternehmen hätten wohl große Schwierigkeiten, für mehrere Jahre Mitarbeiter in die Welt zu entsenden, wenn es die deutschen Auslandsschulen nicht gäbe. Doch nicht nur deutsche Kinder werden dort unterrichtet, sondern oft auch die einheimischen des jeweiligen Standort-Landes. Ein Beispiel aus Mexiko-City.

Von Susanne Arlt |
    Außenminister Frank Walter Steinmeier
    Auf dem diesjährigen Weltkongress der Auslandsschulen lobt Steinmeier die Funktion der deutschen Auslandsschulen weltweit. (Rainer Jensen /dpa)
    "Eine Begegnungsschule ist eigentlich eine wunderbare Sache. Denn man hat beide Kulturen, man hat die deutsche Kultur und die mexikanische Kultur. Man hat beide Lehrpläne. Und man schließt dann sehr viele Freundschaften."
    Rudolf Kumbolder hat in den 70er Jahren die deutsche Auslandsschule in Mexiko-City besucht. Seine Eltern stammen ursprünglich aus Österreich. Anfang der 50er Jahre sind sie nach Lateinamerika ausgewandert und weil sie die Brücken zur alten Heimat nicht ganz abbrechen wollten, schickten sie ihre Kinder auf die deutsche Schule. Und als er dann Vater wurde, kam auch für seine Kinder nichts anderes in Frage. Das habe aber nichts mit Deutschtümelei oder fehlendem Integrationswillen zu tun, betont Rudolf Kumbolder. Er besitzt längst die doppelte Staatsbürgerschaft, betreibt in Mexiko-City ein erfolgreiches, mittelständisches Unternehmen. Aber die deutschen Auslandschulen hätten eben einen ausgezeichneten Ruf. Sie haben allerdings auch ihren Preis. Auch wenn es einen staatlichen Zuschuss aus Deutschland gibt, den größten Teil finanzieren sie über das Schulgeld. Momentan liegt in Mexiko-City der monatliche Beitrag bei knapp 900,- Dollar. Kein Pappenstil, gibt Rudolf Kumbolder zu, wehrt sich aber gegen den Vorwurf, deutsche Auslandsschulen seien reine Eliteschulen.
    "Ist eigentlich eine teure Sache, muss ich schon zugeben. Die Schule fördert dann zehn Prozent ungefähr noch extra an Leute, die dann Schwierigkeiten haben, das dann alles zu bezahlen und ich muss sagen, das geht durch die ganzen Jahre durch. Es kommt mal ein Problem und dann springt die Schule zwischen zehn und fünfzig Prozent ein, also Nachlass."
    "Das ist glaube ich jeden Euro wert, der da rein geht
    Rudolf Kumbolder ist Vorstandsmitglied im Weltverband der Deutschen Auslandschulen. Alle vier Jahre treffen sich die ehrenamtlichen Mitarbeiter der insgesamt 141 Auslandsschulen. Dass der Kongress diesmal nicht an einem Schulstandort, sondern in Berlin stattfindet, ist kein Zufall. Der Verband hat ein Problem: Die deutsche Auslandsschulen sind in ihrem Ursprungsland nahezu unbekannt. Dabei sei ihr Wert nicht zu unterschätzen, betont Vorstandsvorsitzender Detlef Ernst.
    "Weil es ein ganz wichtiger Aspekt der deutschen auswärtigen Kulturpolitik ist. Neben der Sprache vermitteln die Schulen natürlich auch die Werte. Sie sehen bei den Kindern ein hohes Maß an Toleranz. Und das ist ja keine Einbahnstraße, das geht alles wieder zurück. Und das ist glaube ich jeden Euro wert, der da rein geht."
    Die Politik hat das erkannt. Bis Herbst vergangenen Jahres erhielten die Auslandsschulen finanzielle Zuwendungen vom Auswärtigen Amt. Wie hoch sie waren, hing bislang vom Gusto des jeweiligen Ministers ab. Jetzt schreibt ein Auslandsschulgesetz die Teilfinanzierung gesetzlich vor. Allerdings würden nur 88 der insgesamt 141 Schulen davon profitieren, sagt Ernst. Wer zu kleine Klassen betreibt und weniger als zwölf Abschlüsse pro Jahr vorweisen kann, fällt durch den Rost. Der Vorstandsvorsitzende will sich bei den Bundespolitikern dafür stark machen, dass diese Regelung geändert wird. Zumal einige Auslandsschulen ihr Portfolio inzwischen erweitern. Seit der Finanzkrise rückt auch der wirtschaftliche Aspekt immer mehr in den Vordergrund. Allen voran das duale Bildungssystem.
    "Wir haben ungefähr an zehn Standorten im Ausland an den Schulen auch einen berufsbildenden Zweig. Das läuft wie in Deutschland ab, die Handelskammern vor Ort nehmen dann die Prüfungen ab, die begleiten das. Es gibt Ausbildungsgänge, die da passen. Es muss ja an dem lokalen Standort auch möglich sein das zu tun, die Firmen müssen sich bereit erklären, also zum Beispiel Außenhandelskaufmann, Speditions-, Schifffahrtskaufmann. Und das will man natürlich ausbauen an den Standorten, wo es Sinn macht.
    "Man ist eine sehr große Familie"
    "In Ungarn zum Beispiel beteiligt sich ein deutscher Automobilhersteller an einer deutschen Auslandsschule. Seit dreizehn Jahren können dort ungarische und deutsche Schüler eine duale Berufsausbildung zum Lackierer, Monteur oder Mechaniker absolvieren. Zwischen den deutschen Schulen und der heimischen Wirtschaft vor Ort entstünden somit immer mehr Synergieeffekte, freut sich Detlef Ernst. Rudolf Kumbolder aus Mexiko-City aber lobt vor allem die soziale Idee, die in seiner Schule den Ton angibt.
    "Jede Familie zahlt 2.100,- Pesos, das wären 110,- Euro pro Jahr in einen Fond ein. Und wenn Papa oder Mama irgendwie sterben sollte, wo wir viele Fälle davon haben. Bezahlt die Schule dann von dem Fond bis in die Uni hinein. Also die Schüler bekommen sogar die Privatuniversität voll bezahlt und sind dann voll im Leben draußen. Man ist eine sehr große Familie, ja."