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"Ausschalten!"

Viren.- Das digitale Ungeziefer befällt nun auch die Handys. Für welche neuen kriminellen Machenschaften damit Tür und Tor geöffnet werden, erklärt Wissenschaftsjournalist Achim Killer im Interview mit Manfred Kloiber.

09.10.2010
    Manfred Kloiber: Das digitale Ungeziefer macht sich also langsam aber sicher auf den Handys breit, meint unser Autor Achim Killer, mit dem ich in München verbunden bin. Herr Killer, sie sagen: Die Viren-Programmierer probieren gerade aus, was mit Schadsoftware für Smartphones alles geht. Was könnte denn gehen?

    Achim Killer: Viel. Man muss sich nur mal vergegenwärtigen, was so ein Smartphone alles kann. Es weiß, wo es ist – ob es bewegt wird. Und es sendet und empfängt über die Telefonverbindung, übers Internet, über Bluetooth, Infrarot, WLAN. Ich glaube, dass noch niemand einen Science-Fiction darüber geschrieben hat, liegt bloß daran, dass diese Geräte keine Fiktion sind, sondern dass es die wirklich gibt.

    Kloiber: Und jenseits der Fiktion? Was machen denn Hacker und Viren-Schreiber tatsächlich?

    Killer: Wenig. Erstaunlich wenig. Es gibt ein paar Dialer, die teure Telefonnummern anrufen, und Überwachungsprogramme, angesiedelt im Graubereich zwischen kommerzieller Software und Schadsoftware. Mit einem Programm etwa kann man seiner Frau oder seinem Mann nachspionieren – aus einschlägigen Gründen. Und dazu muss man ihm oder ihr dann einen Trojaner aufs Handy installieren. Und das ist der Punkt: Die meisten Schadprogramme werden willentlich installiert, entweder weil die Leute nicht wissen, was sie da eigentlich installieren oder – wie bei dem Überwachungsprogramm – eben weil sie es wissen.

    Kloiber: Und warum klaffen die theoretischen Möglichkeiten und die tatsächliche Gefahr oder Fiktion und Realität, wie Sie es formulieren, soweit auseinander?

    Killer: Naja, die Virenschreiber tun sich noch arg schwer damit, das digitale Ungeziefer unters telefonierende Volk zu bringen. Mobile Schadsoftware verbreitet sich heute wie PC-Würmer vor 20 Jahren. Über social Engineering. Man bekommt eine SMS oder eine Mail von einem infizierten Handy aus. Darin heißt es dann, irgendwo im Web steht ein lustiges Spiel. Das laden sich die Leute herunter. Und in Wirklichkeit ist’s ein Trojaner.

    Kloiber: Herr Killer, dass es noch nicht zu Epidemien gekommen ist, also zur weiten Verbreitung von solchen Schädlingen, liegt wahrscheinlich auch an der gemischten Systemlandschaft bei den mobilen Geräten, das behaupten Sie in ihrem Beitrag. Aber es gibt ja auch bei den Mobiltelefonen einen starken Marktführer – nämlich Nokia.

    Killer: Ja, und 450 von den 500 bekannten mobilen Viren sind tatsächlich für Symbian, also für Nokias Betriebssystem geschrieben. Aber das ist natürlich nichts im Vergleich zu den zig Millionen PC-Viren für Windows. 50 Viren bleiben übrig für die übrigen Plattformen. Also, ein ambitionierter Virenforscher kennt da jedes einzelne Virus persönlich.

    Kloiber: Gibt es eigentlich Schutzprogramme, personal Firewalls oder Virenscanner für Mobiltelefone?

    Killer: Die gibt’s, aber die werden kaum eingesetzt. Es würde ja auch in den meisten Fällen nichts nützen. Wenn ich ein Programm wirklich installieren will, weil ich’s für ein lustiges Spiel halte und mir überhaupt nicht vorstellen kann, dass es ein Trojaner ist, dann hindert mich daran auch keine Firewall und kein Virenscanner.

    Kloiber: Also das ist auch eine Frage des Bewusstseins – im Moment auf jeden Fall. Wie kann man denn sein Mobiltelefon schützen?

    Killer: Ausschalten. Man sollte sämtliche Schnittstellen, die man nicht benötigt, deaktivieren, vor allem die Bluetooth-Schnittstelle, so lange man sie nicht benützt. Und man kann ja auch mal das Handy ganz ausschalten. So lange ist man sicher.