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Ausschluss der AfD vom Kirchentag
Zu viel der Ehre

Auf dem Katholikentag 2016 in Leipzig wurden AfD-Spitzenpolitiker nicht eingeladen, präsent war die Partei in der Berichterstattung gerade deswegen. Vor dem Evangelischen Kirchentag 2017 in Berlin und Wittenberg heißt es in einem Beschluss lediglich, "Rassisten" seien ausdrücklich nicht willkommen. Was bedeutet das für die AfD?

Von Thomas Klatt | 24.10.2016
    "AfD wählen!" Ein Flugzeug fliegt mit einem Transparent über Dresden, hier an der Spitze der Katholischen Hofkirche vorbei.
    Katholikentag 2016 ohne AfD - Kirchentag 2017 mit AfD (dpa / picture-alliance / Matthias Hiekel)
    "Es gibt viele Thesen bei der AfD, die kann ich gar nicht mit dem Christentum in Verbindung bringen. Thesen, wo es darum geht, Menschen auf Grund einer bestimmten Kultur oder Zugehörigkeit auszugrenzen. Zu sagen, nur eine völkische Gemeinschaft soll wieder stark gemacht werden. Diese Auseinandersetzung zwischen Christentum und völkischem Denken haben wir eigentlich hinter uns, dass wer sich auf Jesus Christus beruft, der muss sich öffnen, der muss für die Menschenwürde aller eintreten", sagt der Berliner evangelische Bischof Markus Dröge. Warum es dennoch eine Bundesvereinigung "Christen in der AfD" gibt, kann er sich nicht erklären. Auch ein aktives Engagement von AfD-Politikern in seiner Kirche etwa als Gemeindekirchenrat kann sich Dröge schwerlich vorstellen. Zumindest wenn extreme Positionen vertreten werden. "Zum Beispiel, dass Homosexuelle ins Gefängnis kommen sollten. Da weiß ich nicht, was das mit Christentum zu tun haben soll und was das mit Arbeit in unserer Kirche zu tun haben kann", sagt der Bischof.
    Aber die AfD vom anstehenden evangelischen Kirchentag 2017 ausschließen? So wie beim diesjährigen Katholikentag? Soweit würde Markus Dröge dann wiederum nicht gehen. Denn damit böte man dieser Partei zu viel mediale Aufmerksamkeit: "Ich glaube, es war nicht sehr geschickt, dass die katholische Kirche auf ihrem großen Tag diese Entscheidung getroffen hat. Das wurde dann sehr, sehr stark diskutiert in der Öffentlichkeit. Ich finde man muss es an jedem einzelnen, welche Thesen er vertritt, festmachen und wir sind nicht parteipolitisch vorgeprägt."
    "Da bekommen wir immer nur Parolen geboten"
    Doch es sei die richtige Entscheidung gewesen, keine AfD-Funktionäre mit aufs Podium zu holen, verteidigt Karlies Abmeier vom Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) die Entscheidung. Sie sagt: "Es ging primär gar nicht darum, ob wir die AfD einladen oder nicht, sondern man lädt immer Experten zu bestimmten Themen ein. Das heißt: Wir laden nicht eine Partei ein, sondern wir fragen den Innenminister auf Grund seiner Expertise oder wir fragen die Arbeitsministerin auf Grund ihrer Expertise für den Arbeitsmarkt. Das war in diesem Fall aber mit der AfD gar nicht gegeben. Das heißt, da hat keiner sich angeboten, wo man sagen müsste: Ja, wir können inhaltlich mit denen sprechen. Da bekommen wir immer nur Parolen geboten."
    Gerade beim großen Laientreffen sei die AfD fehl am Platze gewesen, allein schon, um engagierte Christen nicht vor den Kopf zu stoßen.
    Karlies Abmeier erklärt: "Der Katholikentag wäre nicht das richtige Setting gewesen, in einer Situation, wo wir ganz viele kirchlich gebundene Menschen haben, die sich positiv um Flüchtlinge gekümmert haben und dann müssen sie sich die menschenverachtenden Parolen von AfD-Vertretern anhören. Und das ist schwierig zu vermitteln."
    Doch die AfD generell auszuschließen, hält Prälat Martin Dutzmann, Beauftragter der Evangelischen Kirche in Deutschland bei der Bundesregierung, für einen Fehler, allein schon aus demokratischem Respekt vor dem Wahlvolk.
    Warnung vor Überschreiten der roten Linie
    "Das ist dann am Ende beim Katholikentag zum prominenten Thema geworden. Da weiß ich nicht, ob man der AfD diese Ehre antun mag. Ansonsten sehe ich keine Alternative dazu. Wir haben es mit einer Partei zu tun, die inzwischen in der Mehrzahl der Landtage vertreten ist und dorthin gekommen ist auf demokratischem Wege. Das haben wir zu respektieren. Deswegen müssen wir die Inhalte nicht gut finden."
    Es müsse aber bei jedem einzelnen Politiker abgewogen werden. Wer rote Linien überschreite, sich rassistisch oder menschenfeindlich äußere, könne nicht eingeladen werden. Sonst aber müsse ein Kirchentag gesprächsoffen bleiben, meint Dutzmann. "Es kann nicht darum gehen, dass die evangelische Kirche sagt, wir machen jetzt die AfD selber zum Thema, sondern wir werden zum Thema Migration, zum Thema Asyl, zum Thema Familie je eigene Gesprächs- und Veranstaltungsformate finden und dann möglicherweise auch einen Menschen, der der AfD angehört mit einladen und dann aber inhaltlich thematisch diskutieren und dann auch die Klingen kreuzen. Aber es ist dann nicht die Partei als solche - die ja schrecklich vielschichtig ist -, die jetzt zum Thema gemacht wird, ob durch Ausgrenzung oder Einladung. Das scheint mir die falsche Ebene zu sein. Wir müssen um Inhalte ringen. Und ich sehe, dass in bestimmten Fragen bei der AfD unterschiedliche Meinungen möglich sind unter diesem Dach."