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Außenministertreffen in Wien
Letzter Rettungsversuch für das Iran-Abkommen

Nachdem die USA das Iran-Abkommen aufgekündigt haben, wollen die übrigen Partner versuchen, den Atomkompromiss zu retten. Bei dem Außenministertreffen in Wien ging es auch um die Forderung des Iran, die wirtschaftlichen Folgen der US-Sanktionen zu kompensieren.

Von Clemens Verenkotte | 06.07.2018
    Bei den Beratungen über das Atomabkommen mit dem Iran sitzt in Wien die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini (2. M) mit den Außenministern der verbleibenen Länder an einem Tisch.
    Am Rande des Treffens kritisierte die österreichische Außenministerin Kneissl, dass die USA mit dem Ausstieg aus dem Abkommen Vertragsbruch begangen hätten (dpa / APA / Hans Punz)
    Es herrscht eine gehörige Portion Skepsis bei den Verhandlungsdelegationen, ob und unter welchen Umständen des Atomabkommen mit dem Iran nach dem Ausscheiden der USA aufrechterhalten werden kann. Bundesaußenminister Heiko Maas sagte zu Beginn der Beratungen in Wien:
    "Wir werden nicht alles kompensieren können, was dadurch entsteht, dass sich Unternehmen aus dem Iran zurückziehen, die ihr Amerika-Geschäft durch die Sanktionen bedroht sehen. Wir beraten Unternehmen, die weiter investieren wollen, wir wollen die Zahlungswege offen halten, und wir wollen mit der Mandatserweiterung der Europäischen Investitionsbank natürlich auch Sicherheiten schaffen können. Aber nach den Sanktionen, die durch die Vereinigten Staaten verhängt worden sind, ist die Lage sicherlich schwierig geworden. Aber wir versuchen im Rahmen unserer Möglichkeiten dem Iran deutlich zu machen, dass ein vollständiger Rückzug auch des Irans aus diesem Abkommen noch viel größere Nachteile hätte, auch wirtschaftliche, für den Iran. Und deshalb hoffe ich, dass wir heute einen wesentlichen Schritt weiterkommen und dem Iran auch noch einmal deutlich machen, dass wir liefern, im Rahmen unserer Möglichkeiten."
    Kritik an Trumps Vertragsbruch
    Damit ging der Bundesaußenminister auf die Forderung des iranischen Staatspräsident Rohani ein, der vor zwei Tagen in Wien angekündigt hatte: Falls die restlichen 4 + 1 Staaten die wirtschaftlichen Folgen der US-Sanktionen für den Iran nicht kompensieren könnten, wäre die Atomvereinbarung gefährdet. Österreichs Außenministerin Karin Kneissl betonte am Vormittag, die einseitige Aufkündigung des Atomabkommens durch US-Präsident Trump stelle nunmehr die internationale Gemeinschaft vor große Herausforderungen:
    "Das, worum es meines Erachtens jetzt auch ganz, ganz stark geht, ist die Glaubwürdigkeit internationaler Verpflichtungen insgesamt. Ich würde so weit gehen – das habe ich gestern auch bei meinen Gesprächen mit meinem chinesischen und japanischen Kollegen getan, ganz offen gesagt, dann müssten wir eigentlich aufhören, internationales Recht zu unterrichten. Weil Vertragsrecht ist die Basis internationaler Beziehungen."
    US-Präsident Trump hatte das Atomabkommen mit dem Iran im Mai aufgekündigt, gegen den Willen der anderen Mitunterzeichner-Staaten Großbritannien, Frankreich, Deutschland, China und Russland. Zugleich hat er Wirtschaftssanktionen gegen den Iran wieder eingesetzt, die im kommenden Monat in Kraft gesetzt werden. Europäische Unternehmen, die stark in den USA engagiert sind, haben sich bereits aus dem Iran zurückgezogen, um US-Sanktionen zu vermeiden.
    Teheran erhöht den Druck
    Das Vorgehen der USA habe folgenschwere Auswirkungen auf das Völkerrecht, sagte die österreichische Außenministerin:
    "Ohne Völkerrecht keine internationalen Beziehungen. Es steht die Glaubwürdigkeit von vielem auf dem Spiel. Was sind Unterschriften auf Verträgen wert."
    In Telefonaten mit Bundeskanzlerin Merkel und dem französischen Staatspräsidenten Macron habe Irans Staatspräsident Rohani seine Position bekräftigt: Die bisherigen wirtschaftlichen Zusagen der EU als Kompensation für den Ausstieg der USA aus dem Abkommen reichten nicht aus. Die Lösungsangebote, die die Europäer vorgelegt hätten, erfüllten nicht alle Forderungen seines Landes, wie die iranische Nachrichtenagentur Irna meldet. In Wien hieß es aus iranischen Delegationskreisen, man stelle sich auf "alle möglichen Szenarien" ein.
    Ein Kollaps der Atomvereinbarung würde die Spannungen in der Region erhöhen. Um das Abkommen zu retten, sollten die übrigen Unterzeichner-Staaten die US-Sanktionen gegen den Iran kompensieren.