
Als die Versicherung einen Sturmschaden nicht begleichen wollte, entschieden sich Immobilienverwalter Salvatore Parziale und seine Auftraggeber gegen den Gang vor Gericht – zu teuer, zu langwierig. Stattdessen wandte sich Parziale an den Versicherungsombudsmann, den obersten Streitschlichter der Branche, beschrieb die Sachlage und reichte die Gutachten ein. Anschließend " ... dauerte das vielleicht 14 Tage, bis ich zunächst sehr vorbildlich eine Eingangsbestätigung bekommen habe, dann hat diese Versicherung auch die Chance bekommen, seitens der Ombudsstelle, Stellung dazu zu nehmen, das ganze Verfahren dauerte so gefühlt, zwei bis drei Monate etwa, und dann war die Versicherung bereit zu zahlen."
Verbraucherschützern gilt die Schlichtungsstelle der Versicherungsbranche als vorbildlich. Die Unternehmen haben sich gemeinsam verpflichtet, die Entscheidung des Schlichters bis zu einem Wert von 10.000 Euro verbindlich zu akzeptieren, bis zu 100.000 Euro kann er eine Empfehlung aussprechen, der die Unternehmen in den meisten Fällen folgen. Die Versicherungskunden müssen die Entscheidung nicht akzeptieren und können sich, wenn Sie nicht einverstanden sind, ans Gericht wenden. Bezahlen müssen die Kunden die Schlichtung nicht.
Jede Branche soll eigene Schlichtungsstelle bekommen
Solche Schlichtungsstellen gibt es unter anderem auch für Bank- und Stromkunden, Bahnkunden und Fluggäste und unzufriedene Onlineshopper. Ein gutes Angebot, erklärt Klaus Müller, der Chef des Verbraucherzentrale Bundesverbandes:
" ... in vielen Fällen, in vielen kleineren Fällen, kann Schlichtung schnell und unbürokratisch helfen."
Mit einem Gesetzentwurf, der eine EU-Richtlinie in nationales Recht umsetzen soll, und über den der Bundestag heute abstimmen wird, will Bundesjustiz- und Verbraucherschutzminister Heiko Maas die Möglichkeit für alle Verbraucher deutlich ausweiten, sich an solche Schlichtungsstellen zu wenden. Brancheneigene, wenn möglich. Dort, wo sich eine Branche nicht darauf verständigen kann, soll es eine Universalschlichtungsstelle geben. Heute der Streit um Entschädigung vom Telekommunikationsunternehmen, morgen der Ärger im Pflegeheim – eine Stelle, die sich um eine solche Bandbreite von Themen kümmern muss, ist nur die zweitbeste Lösung, bemängeln die Verbraucherschützer. Auch weil das neue Gesetz keine Schlichtungspflicht vorsieht, obwohl die EU-Richtlinie das ermöglicht hätte. Das heißt, kein Unternehmen kann gezwungen werden, dem Schlichterspruch zu folgen – oder sich überhaupt an einer Schlichtung zu beteiligen. Gerd Billen, Staatssekretär im Verbraucherschutzministerium, verteidigt diese Lösung trotzdem:
"Wir wollen ja, dass Schlichtung als positives und wirksames Instrument sowohl von den Unternehmen als auch von den Verbrauchern stärker genutzt wird."
Das Ministerium setzt stattdessen auf den Wettbewerbsdruck: Unternehmen müssen zukünftig kennzeichnen, ob sie sich an einer Schlichtung beteiligen oder nicht. Klaus Müller, der Chef des Verbraucherzentrale Bundesverbandes, ist mit dem freiwilligen Ansatz nicht zufrieden, auch wenn er in einigen Branchen funktioniert.
"Freiwillig tun das immer die Unternehmen, die sowieso gut sind. Wir brauchen aber die Unternehmen, wo die Probleme sind. Und die kriegt man leider selten durch gute Worte."
Aber auch viele Juristen sind skeptisch, manche sprechen sogar von Paralleljustiz. Martin Fries vom Deutschen Anwaltverein betont, Schlichtungsstellen müssten kenntlich machen, dass es nicht um Rechtsdurchsetzung wie vor Gericht geht, sondern um Kulanz:
"Das ist ein bisschen die Befürchtung, dass man den Bürgern verspricht, dass es Justiz auf einmal kostenlos gibt, und dass es sie völlig unbürokratisch gibt und schnell. Und ich glaube, dieses Versprechen kann ein Schlichtungssystem nicht halten."
Allerdings müssen die Kunden - wie auch beim Versicherungsombudsmann – das Ergebnis der Schlichtung nicht akzeptieren und können, solange die Verjährungsfrist nicht verstrichen ist, vor Gericht ziehen. Die Universalschlichtungsstelle soll im kommenden ihre Arbeit aufnehmen.