Donnerstag, 28. März 2024

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Ausstellung "Bauhaus und die Fotografie"
Versuchslabor für eine humanere Gesellschaft

Das Weimarer Bauhaus forderte vor 100 Jahren ein "Neues Sehen" und revolutionierte die Fotografie. Diese Ideen wirken bei heutigen Künstlern nach und beeinflussen die Gesellschaft, wie Künstler und Kurator Kris Scholz im DLF erzählte. Es gehe darum, "die herrschenden Sichtweisen in Frage zu stellen".

Kris Scholz im Corsogespräch mit Thekla Jahn | 10.12.2018
    Drei verschiedene farbige geometrische Fotoarbeiten aus der Ausstellung im NRW Forum
    Viviane Sassen und ihre Positionen zur Bauhaus-Idee des "Neuen Sehens" im NRW-Forum Düsseldorf (Katja Illner)
    Noch bis zum 1. Weltkrieg waren malerisch anmutende Fotografien verbreitet. Das "Staatliche Bauhaus" - 1919 von Walter Gropius in Weimar gegründet - wollte dies ändern, verstand die Fotografie als autonome Kunst. "Mit dem 'Neuen Sehen' sollten die Menschen auch die Welt neu sehen und auch vorbereitet werden für eine neue, sozialistische oder gerechtere Gesellschaft," erläuterte Kris Scholz, Co-Kurator der Ausstellung "Bauhaus und die Fotografie – Zum Neuen Sehen in der Gegenwartskunst" im NRW-Forum und Professor an der Fakultät für Design der Hochschule Darmstadt.
    Fotografie als eigenständiges Medium
    Die Ausstellung beabsichtigt einen Dialog zwischen den damaligen Bauhaus-Positionen und den zeitgenössischen Positionen internationaler Künstler. Einen Blick in die Vergangenenheit, so Scholz, ermögliche die virtuell aufbereitete und nachzuerlebende Ausstellung "Foto und Film" von 1929, die László Moholy-Nagy damals mitkuratiert hatte. Moholy-Nagy propagierte, dass Fotografie nicht zwangsläufig die Wirklichkeit reproduzieren müsse. Fotografie sei ein eigenes Medium - wie die Malerei - und könne sich selbst immer wieder neu erfinden. Allerdings habe die Kunst natürlich auch eine Verantwortung der Gesellschaft gegenüber.
    "Neues Sehen" ist experimentell
    Den Werken aus der Vergangenheit stellt die Ausstellung im NRW-Forum ganz unterschiedliche heutige Positionen gegenüber sowohl aus dem Bereich Fotografie als auch aus dem Bereich Film. Für Scholz haben sie jedoch eine Gemeinsamkeit: "Keine der Positionen, die wir jetzt darstellen, ist dokumentarisch, alle sind sehr experimentell. Also der experimentelle Charakter ist eigentlich das Durchgängige".

    Kris Scholz ist in der Ausstellung auch als Künstler vertreten mit seiner Werkserie "Marks and Traces" – Abdrücke und Spuren. Seine großformatigen Farbaufnahmen zeigen abgenutzte Fußböden, Bodenbretter und Tischplatten, die aus deutschen, spanischen, marokkanischen und chinesischen Ateliers und Kunstakademien stammen.
    Eine Nahaufnahme einer Oberfläche, deren Farbschicht aufgebrochen ist.
    Kein Dokument - keine Bauchnabelschau: Eine Fotoarbeit von Kris Scholz (Kris Scholz)
    "Zunächst einmal will ich damit irritieren. Ich glaube, wenn ein Kunstwerk den Betrachter irritiert, dann ist ein guter Anfang gemacht. Einige Arbeiten sehen eher aus wie Malerei, und da ich sie auch noch auf Fotoleinen gedruckt habe und auf Keilrahmen aufgezogen habe, also sehr ähnlich wie ein Gemälde, sind die Leute so irritiert, das sie drauffassen und versuchen rauszufinden: Ist es dreidimensional? Gibt es da eine gewisse Haptik in den Bildern oder ist es einfach nur Fotografie?"
    Neben den Impulsgebern des Bauhaus und den zeitgenössischen Positionen zum "Neuen Sehen" sind in der Ausstellung auch Arbeiten der nächsten Generation vertreten, also der Studierenden aus dem Fachbereich Gestaltung der Hochschule Darmstadt und der Fakultät Design der Technischen Hochschule Nürnberg.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
    "Bauhaus und die Fotografie – Zum Neuen Sehen in der Gegenwartskunst"
    NRW-Forum Düsseldorf
    Vom 07.12.18 bis zum 10.03.19