
Antje Grajetzky hat die Ausstellungseröffnung besucht und mit Besuchern und Zeitzeugen gesprochen.
"Mein Name ist Andres Hagedorn aus Dortmund und ich vertrete hier in der Ausstellung den Bereich Neo-Rockabilly/Teddyboy, eine der Subkulturen der 80er/Beginn der 90er Jahre. Im Prinzip die Neuauflage des Rock’n Roll, des Rockabilly der 50er Jahre, die Sänger hören von damals, Elvis, Jerry Lewis, Chuck Berry, aber auch die, die sich im Neo-Rockabilly neu gefunden haben, Crazy Kevin, Matchbox ... und die gute alte Zeit in der Gegenwart weiter leben zu lassen."
Andreas Hagedorn ist einer der Zeitzeugen, die in der Ausstellung "Einfach anders! Jugendliche Subkulturen im Ruhrgebiet" zu Wort kommen.
Exponate: Jugendbewegung mit Bildern und kurzen Texten
Gerahmt wird die Ausstellung von großen Fotos und Texttafeln, die über den sozial- und wirtschaftsgeschichtlichen Hintergrund informieren. In der Mitte des Raumes stehen halfpipe-förmige Stelltafeln, die jeweils eine Jugendbewegung mit Bildern und kurzen Texten darstellen. Dazwischen finden sich Exponate wie Plattencover oder Kleidungsstücke in Vitrinen und an Bildschirmen können die Besucher sich gefilmte Zeitzeugen-Interviews anhören.
"Uns ist daran gelegen, die Ausstellung nicht über die Menschen, sondern mit den Menschen zusammen zu machen," sagt Dietmar Osses. Er ist der Leiter des Museums Zeche Hannover und hat gemeinsam mit der Volontärin Katarzyna Nogueira die Ausstellung konzipiert.
"Ich bin begeistert natürlich auch mit der Musik, die draußen läuft, die einen so einführt in die Musik aus dieser Zeit, die ich ja miterlebt habe. Ich bin 71, also es ist meine Jugend eigentlich."
"Ich find den Aufbau der Ausstellung hinreißend. Einmal die Art, wie diese kleinen Texte zusammengefasst sind, dass man sofort ne Info hat, was ist gemeint. Auch diese Kleidung und einige Leute, die hier rumlaufen, das sind die Dampf - Steampunks - ja richtig lacht."
Steampunks pflegen einen ganz eigenen Modestil zwischen Kleidung des viktorianischen Zeitalters, regionalen Trachten und futuristischen Elementen.
"Wir sind Steampunker - Für eine neue Zukunft von gestern."
Anja Bagus gefällt an dieser Bewegung, "dass man diese tollen Kleider tragen kann, aber trotzdem moderne Dinge benutzt, also Retrofuturismus. Computer, die so umgebaut sind, dass sie alt aussehen, aber trotzdem ein modernes Gerät. Diese Ästhetik, dass sie so schön aussehen. Nicht so 0815 wie heute so viele Dinge sind."
Steampunk-Bewegung gegenwärtig sehr aktuell
In der Ausstellung ist der sogenannte Uhl’sche Kalkulator zu sehen. Er gehört zu den Lieblingsexponaten von Katarzyna Nogueira: "der Uhl’sche Kalkulator gehört zu den Steampunks, einer Bewegung die gegenwärtig seht aktuell ist. Der Uhl’sche Kalkulator ist ein Laptop der umgebaut wurde. Wert gelegt wird auf eine Ästhetik, ein bisschen verschnörkelt im Viktorianischen Stil mit sehr viel Kleinarbeit und sehr viel Liebe zum Detail."
Die Steam oder Dampfpunkbewegung markiert den jüngsten Teil der jugendlichen Subkulturen. 14 Bewegungen stellt die Ausstellung über einen Zeitraum von 120 Jahren dar beginnend mit der Wandervogelbewegung. Wilfried Breyvogel hat ihre Wurzeln im Ruhrgebiet erforscht.
"Sie sind beispielsweise zur Sonnwendfeier auf die Halden gegangen. Sie haben das nicht gescheut. Sie hatten natürlich auch ihre Plätze in Kettwig im Steinbruch. Sie sind zwar romantisch, sie wissen aber ganz genau, welche Bedeutung hier die Region hat und nehmen das auch sehr intensiv wahr."
Zwischen Wandervögeln und Steampunk gab es Halbstarke, Jazzer, Heavy Metal Fans, Punks, Hausbesetzer Techno und Graffiti Kunst. Das gefällt der zwölfjährigen Marlene. Sie ist hier,
"um zu sehen wie das früher so war mit den Jugendlichen, was die für ne Musik gehört haben und so."
Und die 14jährige Carlotta meint: "Ich find das schon echt spannend mit den Texten, aber auch die ganzen Kleidungssachen und auch so was wie Schriftstücke und Gitarre und so was, ja find ich cool."
Jugendbewegungen werden schnell auch mit dem Begriff Protest verbunden. Die Ausstellung verzichtet auf die politische Einordnung und stellt vielmehr die Suche nach der jugendlichen Identität in den Mittelpunkt. Die ersten Besucher der Ausstellung sind begeistert. Viele erinnern sich, einige fragen, andere erzählen. Man versteht sich jetzt vielleicht besser.
Die Ausstellung "Einfach anders! Jugendliche Subkulturen im Ruhrgebiet" ist noch bis zum 7. September im Industriemuseum Zeche Hannover zu sehen. Dazu gibt es ein umfangreiches Veranstaltungsprogramm mit Filmen, Konzerten und Vorträgen. Begleitend zur Ausstellung ist auch ein Katalog erschienen, mit Aufsätzen zu den einzelnen Strömungen und einem ebenso umfangreichen Katalogteil. Der Band ist im Klartext-Verlag Essen erschienen und kostet 19,95.
Einfach anders! Jugendliche Subkulturen im Ruhrgebiet
Dietmar Osses, Katarzyna Nogueira (Hg.)
LWL-Industriemuseum, Klartext Verlag, Essen 2014,
260 Seiten, reich bebildert.
ISBN 978-3-8375-1183-3
Preis: 19,95 Euro
Dietmar Osses, Katarzyna Nogueira (Hg.)
LWL-Industriemuseum, Klartext Verlag, Essen 2014,
260 Seiten, reich bebildert.
ISBN 978-3-8375-1183-3
Preis: 19,95 Euro