
Es ist die modernste Spielform der Selbstinszenierung, das Selfie. Jetzt reicht ein Klick durch den Besucher und aus dem Spiel wird ein Objekt, ein Ausstellungsobjekt. Und wieder ein Gesicht mehr im unendlichen sozialen Echoraum. Kathrin Meyer vom Deutschen Hygienemuseum in Dresden.
"Zeichnungen, natürlich hat man sich auch malen lassen in bürgerlichen Kreisen."
Das scheint lange her. Vielen blieb nur der Blick in den Brunnen oder Spiegel. Doch dieser Blick erst macht die Person zum Gesicht.
"Aber letztendlich mit der Fotografie wurde es zum Massenmedium und damit zu einer unglaublich viel höheren Anzahl von Gesichtern.
Sagt die Kuratorin.
Sagt die Kuratorin.
"Und damit wurde das Bild auch noch mal stärker zum Medium mit dem man sich selber inszeniert, sich selber zeigt, sich präsentiert wie man sich selber zeigen möchte."
Generationenübergreifende Selbstoptimierung
Wer bin ich? Barbie oder doch besser Brigitte Bardot? Wir haben inzwischen die Wahl. 50 Operationen und damit eine ganze Erbschaft hat die Amerikanerin Cindy Jackson in ihr Gesicht investiert. Über vier Jahrzehnte dokumentieren Fotos wie Barbie und die Bardot, also Bildikonen, einen realen Körper formen.
"Ja, aber das ist im Grunde ja auch das Spannende am Gesicht, denn mit Maske, Make-up, Mienenspiel oder mit Photoshop wird aktiv am Selbstbild gearbeitet, selbst inszeniert und selbst optimiert - seit Generationen. Interessant ist sicher die Catherine Hepburn."

Ein Foto, aufgenommen 1935 von Martin Munkácsi, Modefotograf bei Harpers Bazar. Es zeigt Katherine Hepburn im Janus-Profil, links das Originalfoto, rechts die retuschierte Fassung.
"Das ist so bemerkenswert, weil es ist ein Mensch, der Poren und Härchen hat. Das heißt im Grunde sieht man auch ganz klar, wie Bilder unser Ideal prägen und wie sie bearbeitet werden bis sie unserem Ideal entsprechen, so ideal sieht kein Mensch aus."
Aufschlussreiche Spurensuche
Doch justiert wird quer durch alle Nationen. Esther Honig aus Columbus mailte ihr ungeschminktes Fotoporträt an 25 Mediengestalter weltweit. Mach mich schön!, so ihr Auftrag. Ergebnis: 25 digital erweckte Schönheiten, die nur im Auge des Betrachters leben.
"Es gibt eigentliche keine Darstellung, die das Gesicht zeigt wie es ist, genau da kommt die ganze Arbeit, die wir am Gesicht leisten, sowohl in der Darstellung wie auch in der Herrichtung zum Tragen, das erlebt man auch ganz stark in dieser Ausstellung."
Die sich im Untertitel als Spurensuche versteht. Eine aufschlussreiche allerdings, die unser Gesicht in vier großen Themenräumen sehr genau in den Blick nimmt.
"Wir haben zusammengetragen rund 300 Objekte, viele Kunstwerke, die ältesten von 1533 bis hin zu Computerinstallationen nur ein paar Monate alt, dazwischen viele Objekte aus der Populärkultur, Alltagskultur und aus der Wissenschaft."

Und überall wird deutlich, wie schwer es zu fassen ist, das Gesicht, wie allgegenwärtig und auch wie streitbar nicht nur im Selfieformat, aufgenommen in Sekundenschnelle.
"Einige befürworten es, weil es Gefühle ausdrückt wie ein lebendig gewordenes Emoji, andere sagen, das befördert den Narzissmus und schädigt die Kommunikation. Und wo das hinführt ist offen. Und gut, dass die Ausstellungsmacher nicht vorgeben, allwissend zu sein, sondern uns mitnehmen quer durch Kulturen, Forschung, Entertainment und Technologien. Viele Blickfenster führen in unser eigenes Ich, das regt an, hinterfragt, erstaunt und berührt."