Montag, 29. April 2024

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Ausstellung in Zürich
Schmucksteine vom toten Buddha

Buddha ist keine Legende, es hat ihn tatsächlich gegeben. Anhand von über 100 bedeutenden Skulpturen, Malereien, Schriftwerken und Objekten erzählt jetzt das Museum Rietberg in Zürich die 2.500-jährige Geschichte des Buddhismus.

Von Christian Gampert | 16.12.2018
    Buddha Shakyamuni (Detail), Westliches Tibet, 12./13. Jahrhundert, Messinglegierung
    Buddha Shakyamuni (Detail), Westliches Tibet, 12./13. Jahrhundert (© Museum Rietberg, Dauerleihgabe Sammlung Berti Aschmann / Foto: Rainer Wolfsberger)
    Der Buddhismus wird praktiziert in Gesängen und Gebeten, in Ritualen und meditativen Praktiken. Aber er ist keine dogmatische Weltanschauung. Das liegt auch daran, dass in den ersten 500 Jahren nach dem Tod des historischen Buddha, des Prinzen Siddharta, dessen Lebensgeschichte nur mündlich weitergegeben wurde. Erst mit der christlichen Zeitrechnung begann die schriftliche Überlieferung, im zweiten Jahrhundert die bildliche Darstellung. Die vielen Varianten nicht nur der buddhistischen Lehre, die verschiedenen Wege, ein inneres Gleichgewicht zu erlangen, haben sich bis heute erhalten. Und die fremde, suggestive Kraft dieser Praktiken ist in Zürich auch zu hören.
    Was erzählen die verschiedenen Traditionen über den Buddhismus?
    Das Kuratorenteam stellt nicht die Frage: Was ist Buddhismus? Sondern: Was erzählen die verschiedenen Traditionen über den Buddhismus? Und die reichen von Indien und Pakistan bis nach Thailand, Japan, China und Tibet. Von den strengen Klosterregeln aus dem Tibet des 12. Jahrhunderts bis zum chinesischen "Boddhisatva des Mitgefühls" aus dem 14. Jahrhunderts wird hier Exemplarisches vorgeführt; man zeigt aber auch völlig exzentrische Abbildungen von Buddha-Schülern, die auf Tuschemalereien aus dem 9. Jahrhundert zurückgehen. Das Publikum soll nicht auf den Pfad der Erleuchtung und Entsagung geführt werden – es soll einfach die Schönheit dieser meist in sich ruhenden, stilistisch immer neu interpretierten Figur des Buddha und ihrer Regeln entdecken.
    Zwei, drei herausragende Exponate geben dieser Ausstellung ihr Gesicht. Da ist zum einen eine riesige, stehende Buddha-Skulptur aus Ghandara, dem Grenzgebiet zwischen Pakistan und Afghanistan. Sie stammt aus dem 4. Jahrhundert, der Zeit nach der Eroberung durch Alexander den Großen – die Figur hat mit ihrem Faltenwurf eine griechische Anmutung. Und sie wurde nun mit Erlaubnis der pakistanischen Regierung nach Zürich gebracht, sagt Kurator Johannes Beltz.
    Gemeinsam um Kulturschutz nachdenken
    "Ich glaube, dass es ganz wichtig ist, mit diesen Schwellenländern gemeinsam kulturelle Projekte in Angriff zu nehmen. Dass wir gemeinsam darüber nachdenken, wie wir unser kulturelles Erbe besser schützen und dokumentieren können und auch zugänglich machen können. Dass Objekte aus Pakistan als Leihgabe zu uns ins Museum kommen. Dass wir pakistanische Museen mit unserem Know-How unterstützen können."
    Der nächste Höhepunkt ist eine 14 Meter lange Bildrolle aus dem Japan der Edo-Zeit, die Buddhas Leben wie einen großen Comic als bunte Tuschezeichnung wiedergibt. Sie kommt aus der Nationalgalerie Prag. Die spektakulärsten Exponate aber stammen aus einem Stupa, einem Grabhügel, in dem die Asche des historischen Buddha ruhte. Der englische Kolonialbeamte William Claxton Peppé grub 1896 im Norden Indiens vier Reliquienbehälter aus, die Goldplättchen und Schmucksteine enthielten, sogenannte Kontakt-Reliquien. Ein fünfter Behälter enthielt Asche und Knochen. Eine von Indologen entzifferte Inschrift bewies: Es handelte sich um Überreste des erhabenen Buddha.
    Nachdem der Buddha gestorben war, wurde er kremiert. Und seine Asche wurde aufgeteilt an verschiedene Orte; sie wurde da bestattet in sogenannten Stupas, und einen dieser Stupas mit der originalen Asche hat also dieser William Peppé ausgegraben. Und Ende des 19. Jahrhunderts ist dann eben die Zeit, wo man plötzlich den Buddhismus wiederentdeckt und forscht.
    Die Existenz Buddhas ist historisch bewiesen
    Einerseits ist es eine Sensation, dass die Existenz des historischen Buddha nachgewiesen werden kann. Noch unglaublicher aber, dass die den Überresten beigegebenen Schmucksteine bis heute im Besitz der Peppé-Familie sind und hier nun erstmals gezeigt werden.
    Die Ausstellung lässt – per Video-Botschaft – auch heutige Buddhisten ihre Weltanschauung erläutern. Politische Konflikte, etwa in Myanmar, werden allerdings ausgespart. Aber ob man nun an Karma und Nirvana glaubt oder nicht: Als kleine Kulturgeschichte des Buddhismus ist diese Ausstellung exzellent. Von der Bescheidenheit der drei buddhistischen Mönche, die bei der Eröffnung zugegen waren, können wir nur lernen.