Von Verwandtschaft kann auf ersten Blick keine Rede sein. Francis Alÿs inszenierte für die Eingangsfront des Schaulagers den Eindruck eines Bilddepots: Zahllose Gemälde unterschiedlicher Größe mit ähnlichen Motiven lehnen an der Wand. Daneben kann der Besucher in Wandgestellen, in denen sonst Poster angeboten werden, Zeichnungen durchsehen. Im Untergeschoss hingegen beherrschen monumentale Bäume den Raum, Schwarzweiß-Fotografien von Tacita Dean, die sie zwar nicht in Originalgröße, so doch in Dimensionen abziehen ließ, die den Menschen daneben klein erscheinen lassen. Vor Ort übermalte die Künstlerin den Hintergrund mit weißer Farbe, so dass sich die Äste als Linien vom Hintergrund abheben. Theodora Vischer, Direktorin des Schaulagers, über die Bedeutung des Zeichnens im Werk von Tacita Dean:
" Also, es ist ganz klar, wenn man das verfolgt, die Entstehung der Zeichnungen, der Filme, die hängen aufs engste zusammen. Ein wenig plakativ gesagt, was etwas Verbindendes ist, ist das Ziehen von Spuren auf einer Oberfläche. Weil, Tacita Dean macht ja Zeichnungen auf Papier, aber auch auf Wandtafeln, auf Alabaster, auf Fotografien malt sie. Und Film ist im Grunde genommen ja auch ein Zeichnen auf Oberflächen, und so wie sie mit der Kamera arbeitet, ist es tatsächlich ein Entlangfahren der Oberfläche. "
Alles hängt mit allem zusammen. Vischer erkannte, dass der Anfang der preisgekrönten filmischen Arbeit Tacita Deans in ihrer eigenwilligen Art des Zeichnens lag. Ende der achtziger Jahre begann die Studentin mit weißer Kreide auf schwarzen Tafeln zu zeichnen. Dabei löschte oder überzeichnete sie die Bilder und dokumentierte die einzelnen Stadien mit dem Fotoapparat. Eine narrative Struktur entstand, die sie in ihren Filmen aufgriff. Das Zeichnen blieb für Tacita Dean weiterhin eine autonome Form künstlerischen Ausdrucks. Nach ihrem Umzug von London nach Berlin vor sechs Jahren erfand sie eine neue Art des Zeichnens, die zu den monumentalen Baum-Fotografien führte. Theodora Vischer: O'39
" Zuerst hat sie Postkarten von Bäumen auf einem Flohmarkt gefunden, und hat, weil sie auf der Suche nach einer neuen Form des Zeichnens war - nach den Wandtafeln -, hat sie mit weißer Farbe auf diesen Postkarten zu malen begonnen. Und daraus ist die Vorform der neuen Bäume entstanden."
Francis Alÿs hingegen sieht sich mehr als Übersetzer, denn als Autor. Der 1959 in Antwerpen geborene Künstler initiiert oftmals Aktionen, die sich verselbständigen, sich von seiner Person lösen. Der als Architekt ausgebildete Belgier kam Ende der achtziger Jahre nach Mexiko-City. In der Megapolis fand er ein seltsames Gemisch von Modernität und Tradition vor, das ihn faszinierte. Sein Werk wurzelt in "Paseos", absichtslosen Spaziergängen, bei denen er zu Beginn der neunziger Jahre auch den Schildermalern begegnete. Das "Sign Painting Project" begann. In der Basler Schau zeigt eine Filmdokumentation, wie Alÿs seine ungelenken Entwürfe in eine der vielen Werkstätten bringt. Er bittet einen Maler, der wie ein Handwerker auf Kundschaft wartet, seine Bilder zu kopieren und zu vergrößern. Francis Alÿs:
" Sie waren wirklich die Lehrer. Ich kam zu ihnen, weil ich nicht gut zeichnen konnte. Sie hatten eine Sprache, die sehr stark und anders war, und den Gesetzen der Kommunikation gehorchte."
Hintergrund der Aktion war, die Urheberschaft der einzelnen Bilder zu verwischen und ihren Marktwert niedrig zu halten. Zahllose Bilder entstanden, von denen nur ein Bruchteil knapp zehn Jahre nach Beendigung des Projekts wieder aufgetrieben werden konnte. Mit seiner kritischen Perspektive unterscheidet sich Alÿs grundsätzlich vom poetisch-subjektiven Ansatz Tacita Deans. Der offenen Arbeitsstrategie beider Künstler, bei der sich das eine sich aus dem anderen ergibt, stehen gravierende Unterschiede in der Wahl der Themen gegenüber. Solche Feinheiten werden selten sichtbar. In Basel ist das vorbildlich gelungen.
Tacita Dean: Analogue, Ausst.-Kat. Schaulager Basel, 2006 (Steidl Verlag, Göttingen) 40 CHF
" Also, es ist ganz klar, wenn man das verfolgt, die Entstehung der Zeichnungen, der Filme, die hängen aufs engste zusammen. Ein wenig plakativ gesagt, was etwas Verbindendes ist, ist das Ziehen von Spuren auf einer Oberfläche. Weil, Tacita Dean macht ja Zeichnungen auf Papier, aber auch auf Wandtafeln, auf Alabaster, auf Fotografien malt sie. Und Film ist im Grunde genommen ja auch ein Zeichnen auf Oberflächen, und so wie sie mit der Kamera arbeitet, ist es tatsächlich ein Entlangfahren der Oberfläche. "
Alles hängt mit allem zusammen. Vischer erkannte, dass der Anfang der preisgekrönten filmischen Arbeit Tacita Deans in ihrer eigenwilligen Art des Zeichnens lag. Ende der achtziger Jahre begann die Studentin mit weißer Kreide auf schwarzen Tafeln zu zeichnen. Dabei löschte oder überzeichnete sie die Bilder und dokumentierte die einzelnen Stadien mit dem Fotoapparat. Eine narrative Struktur entstand, die sie in ihren Filmen aufgriff. Das Zeichnen blieb für Tacita Dean weiterhin eine autonome Form künstlerischen Ausdrucks. Nach ihrem Umzug von London nach Berlin vor sechs Jahren erfand sie eine neue Art des Zeichnens, die zu den monumentalen Baum-Fotografien führte. Theodora Vischer: O'39
" Zuerst hat sie Postkarten von Bäumen auf einem Flohmarkt gefunden, und hat, weil sie auf der Suche nach einer neuen Form des Zeichnens war - nach den Wandtafeln -, hat sie mit weißer Farbe auf diesen Postkarten zu malen begonnen. Und daraus ist die Vorform der neuen Bäume entstanden."
Francis Alÿs hingegen sieht sich mehr als Übersetzer, denn als Autor. Der 1959 in Antwerpen geborene Künstler initiiert oftmals Aktionen, die sich verselbständigen, sich von seiner Person lösen. Der als Architekt ausgebildete Belgier kam Ende der achtziger Jahre nach Mexiko-City. In der Megapolis fand er ein seltsames Gemisch von Modernität und Tradition vor, das ihn faszinierte. Sein Werk wurzelt in "Paseos", absichtslosen Spaziergängen, bei denen er zu Beginn der neunziger Jahre auch den Schildermalern begegnete. Das "Sign Painting Project" begann. In der Basler Schau zeigt eine Filmdokumentation, wie Alÿs seine ungelenken Entwürfe in eine der vielen Werkstätten bringt. Er bittet einen Maler, der wie ein Handwerker auf Kundschaft wartet, seine Bilder zu kopieren und zu vergrößern. Francis Alÿs:
" Sie waren wirklich die Lehrer. Ich kam zu ihnen, weil ich nicht gut zeichnen konnte. Sie hatten eine Sprache, die sehr stark und anders war, und den Gesetzen der Kommunikation gehorchte."
Hintergrund der Aktion war, die Urheberschaft der einzelnen Bilder zu verwischen und ihren Marktwert niedrig zu halten. Zahllose Bilder entstanden, von denen nur ein Bruchteil knapp zehn Jahre nach Beendigung des Projekts wieder aufgetrieben werden konnte. Mit seiner kritischen Perspektive unterscheidet sich Alÿs grundsätzlich vom poetisch-subjektiven Ansatz Tacita Deans. Der offenen Arbeitsstrategie beider Künstler, bei der sich das eine sich aus dem anderen ergibt, stehen gravierende Unterschiede in der Wahl der Themen gegenüber. Solche Feinheiten werden selten sichtbar. In Basel ist das vorbildlich gelungen.
Tacita Dean: Analogue, Ausst.-Kat. Schaulager Basel, 2006 (Steidl Verlag, Göttingen) 40 CHF