Donnerstag, 25. April 2024

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Ausstellung über Bremer Stadtmusikanten
"Die Tiere aus dem Klischee heben"

Zum 200. Jubiläum des Märchens "Die Bremer Stadtmusikanten" widmet die Bremer Kunsthalle den Tieren eine Ausstellung. Es gehe in der Schau darum, die Tiere auch von anderen Seiten zu beleuchten, so Kuratorin Jennifer Smailes im Dlf. Auch sei die Frage nach Gemeinschaft und Solidarität sehr präsent.

Jennifer Smailes im Gespräch mit Doris Schäfer-Noske | 24.03.2019
Die Bremer Stadtmusikanten auf dem Marktplatz in Bremen, fotografiert 2015.
Die Bremer Stadtmusikanten auf dem Marktplatz in Bremen (dpa / Hauke-Christian Dittrich)
Wenn man an die Bremer Stadtmusikanten denkt, denkt man an die Tier-Pyramide, bestehend aus Esel, Hund, Katze und Hahn. Seit der ersten Illustration des Märchens in England ist dieses Motiv sehr präsent, sagt Jennifer Smailes, Kuratorin der Bremer Ausstellung. Seitdem findet man die Tier-Pyramide sowohl in der Kunst, als auch in vielen populären Medien wieder. Der aktuellen Ausstellung gehe es nun darum, die Tiere auch "von anderen Seiten zu beleuchten, die Tiere aus dem Klischee zu heben". Dabei ist die "Frage nach Gemeinschaft und Solidarität" in der Bremer Schau sehr präsent.
Gezeigt werden aber auch Arbeiten, die sich explizit nicht auf die Stadtmusikanten beziehen, so Smailes. Damit wolle man etwa die Fragen thematisieren, "wie man Musik als Protest laut werden" lassen könne oder wo genau Empathie stattfinde. In zwei Räumen zeigt die Bremer Ausstellung zwei Skulpturen des Künstlers Maurizio Cattelan; ein präpariertes Tier-Skelett sowie präparierte ausgestopfte Tiere. Der koreanische Künstler Gimhongsok stapelt menschengroße Plüschtiere übereinander. In den Maskottchen verstecke sich eine "illegal eingewanderte Familie", steht auf dem Schild neben der Arbeit. Gimhongsok setze sich dadurch auf sozialkritische Weise mit dem Thema der Stadtmusikanten auseinander.
Esel, Hund, Katze und Hahn als Symbol für Mut und Solidarität
Die Stadt Bremen kommt in dem Märchen expressis verbis gar nicht vor. Heute gehören die Tiere längst zum Bremer Stadtbild und sind zum Symbol für Mut und Solidarität geworden. Bremen habe früher Stadtmusikanten gehabt, jedoch lange bevor das Grimmsche Märchen 1819 niedergeschrieben wurde. Stattdessen sei das Märchen erst einmal durch ganz Europa gereist, bevor es dann nach Bremen kam, so Smailes. Um 1900 seien dort die ersten Exponate geschaffen worden, die die vier Stadtmusikanten in den öffentlichen Raum stellten. Eine Skulptur steht im Bremer Ratskeller und ist jetzt in der Ausstellung zu sehen.
Zum touristisch wichtigen Attribut seien die Tiere für Bremen geworden, als Gerhard Marcks nach dem Zweiten Weltkrieg von der Stadt den Auftrag für eine Skulptur bekommen habe. Wegen dieser Arbeit habe es in der Hansestadt anfangs Streit gegeben, weil Marcks kein Bremer Bürger war und weil die Skulptur am Rathaus "etwas in die Ecke gedrängt" aufgestellt sei, so Smailes. Mit der Plastik sei "eine klare politische Setzung direkt nach dem Krieg" verbunden gewesen: Man habe den Außenseitern damit ein eigenes Denkmal gesetzt und somit für gesellschaftlichen Zusammenhalt gesorgt.