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Ausstellung von Jana Euler
"Ich finde, am Malen ist irgendwas peinlich"

Die Künstlerin Jana Euler findet ihre Bilder peinlich - stellt sie aber trotzdem aus. Ihre Ausstellung im Bonner Kunstverein stellt die Frage, wo Energie herkommt. Die gleich mitgelieferte Antwort fällt banal aus.

Von Georg Imdahl |
    Farbtöpfe und Pinsel stehen in einem Atelier.
    Die Ausstellung von Jana Euler ist bis zum 22. Februar 2015 im Bonner Kunstverein zu sehen. (picture alliance / Horst Ossinger - Horst Ossinger)
    Als Jana Euler in ihrer Ausstellung von einem Pressefotografen gebeten wird, doch bitte mal vor einem Gemälde zu posieren, winkt sie ab. Ihre Bilder seien doch schon peinlich genug, da müsse sie nicht auch noch selbst davorstehen. Peinlich?
    "Ja, ich finde, am Malen ist irgendwas peinlich unter Umständen - oder kann's sein: Die Vorstellung, dass von einem Menschen ein Objekt so direkt in Verbindung gebracht wird. Dass es eine Gestik drinnehat - irgendwas ist daran peinlich. Aber auch nicht wirklich, sonst würde ich es ja auch nicht ausstellen."
    Dass Malerei "so eine Gestik drinne hat", galt früher einmal - und das ist so lange noch gar nicht her - als Gütesiegel. Eben dies bereitet einer jüngeren Generation heute ein Glaubwürdigkeitsproblem, so auch der 1982 geborenen Jana Euler. Warum eigentlich? Die Rezensenten jener angesagten Kunstmagazine, in denen Eulers Ausstellungen seit einiger Zeit regelmäßig besprochen werden, geben dafür unterschiedliche Gründe an: Sie verweisen auf die Sozialisierung im Internet und den Mahlstrom der digitalen Bilder, in dem frühere Werte wie das Authentische längst zerrieben seien. An die Stelle eines ursprünglichen Selbst sei der verfügbare Entwurf des Individuums getreten und die Gesten einer künstlerischen Meisterschaft müssten als überholt gelten. Allen Geniekult hinter sich zu lassen, war schon das erklärte Ziel des Malers Michael Krebber, bei dem Jana Euler bis 2008 an der Frankfurter Städelschule studiert hat.
    Vielschichtigkeit aufbauen
    Könnerschaft an der Staffelei lässt sich also nur mehr gebrochen ins Werk setzen: ironisch und konzeptuell um die Ecke gedacht. Den Versuch, solche Vielschichtigkeit aufzubauen, bezeugt Eulers Ausstellung im Bonner Kunstverein. Die wenigen Bilder an den großen weißen Wänden der ehemaligen Blumenhalle, so unterschiedlich sie aussehen mögen, sind aufeinander bezogen, sie jonglieren mit scheinbar widersprüchlichen Möglichkeiten des gemalten Bildes. Die Bandbreite reicht von der geometrischen Abstraktion bis zu einer brüskierenden Grimasse.
    Da wäre eine vierteilige Serie, deren einzelne Bilder sich aus den Buchstaben der Kinokomödie "Fack ju Göhte" zusammensetzt. In grotesken Ornamenten oder auch in kargen, kantigen Lettern spielt die Reihe das Thema Bild und Schrift durch, das für das 20. Jahrhundert eine unleugbare Bedeutung hatte - sich in diesem Fall aber, der Titel "Fack ju Göhte" sagt es, nicht mit tieferer Bildung belasten möchte.
    Typisch für die heutige Malerei
    Von hier aus wandert der Blick zu einem sogenannten "Analysemonster": Aus riesigen, grünen Augen starrt eine Gestalt mit nicht minder großen Segelohren aus dem Bild und streckt seine blutrote Zunge heraus. In das Bild eingeblendet sind Comicstrips von der Geburt über die erste Liebe bis zum Tod, eine Art Allegorie von Eros und Thanatos à la Sigmund Freud, die sich plakativer kaum darstellen ließe. Ebenso wie die Antwort auf die Frage, die der Schau ihren Titel verlieh: wo die Energie herkommt. Aus der Steckdose nämlich. Das klingt nun sehr banal. Dabei haben die drei Großformate mit Steckdosen aus Belgien, Deutschland und der Schweiz durchaus ihre Qualitäten in der Palette der Farbe Weiß. Und angeblich sollen sie uns auch etwas Geschlechter-Spezifisches mitteilen.
    Am Ausgang der Ausstellung entschwindet die Malerin in einem Selbstporträt. Es ist dem berühmten "Akt, eine Treppe herabsteigend" nachempfunden, mit dem Marcel Duchamp vor hundert Jahren der Durchbruch bei der Armory-Show in New York gelang. Jana Euler steigt allerdings nicht herab. Sie huscht die Treppe ähnlich rasch hinauf wie die Erfolgsleiter ihrer Karriere. Ihr bisheriges Oeuvre, sofern man von einem solchen überhaupt schon sprechen möchte, ist in mancher Hinsicht typisch für eine heutige Malerei, die an ihren traditionellen Finessen festhält, in der einstigen Emphase aber eine Falle sieht. Der Kunstverein ist die richtige Adresse für diese Selbstbefragung. Bemerkenswert jedoch, dass man damit auch schon in die Kunsthalle Zürich kommt oder ins Whitney Museum in New York.