Tiefensee: Es bleibt immer ein kleines Quäntchen Unsicherheit, aber ich gehe doch mit großem Selbstbewusstsein und mit großer Sicherheit heute nach Frankfurt. Ich glaube, Leipzig wird mit dabei sein.
Ensminger: Haben Sie den Ostbonus?
Tiefensee: Der Ostbonus hat vor etwa acht Jahren gezogen, als sich Egidius Braun unser Zentralstadion angesehen hat. Wir haben zusammen in dieser großen Schüssel gestanden. Wer sie kennt, wird wissen, da fassten 100.000 Menschen Platz, und es war eine altehrwürdige Sportarena. Egidius Braun hat damals völlig richtig gesagt, wenn WM 2006, dann nicht nur in Stadien Westdeutschlands, sondern auch Ostdeutschlands, und er hat sich ganz stark für Leipzig gemacht.
Ensminger: Er hat ja auch gesagt, Deutschland werde sich nur bewerben, wenn mindestens zwei Standorte auch in den neuen Bundesländern mit dabei sind. Jetzt ist nur noch eine Stadt überhaupt Bewerberin. Woran lag es?
Tiefensee: Zum einen ist Berlin zur ostdeutschen Stadt umdefiniert worden, und damit klappt das schon, und zum anderen ist es für ostdeutsche Städte sehr schwer, neue Stadien zu bauen, und zwar auch für diejenige, die hochkarätige Mannschaften haben, denken Sie an Cottbus, Rostock oder an Bewerber, die ernsthaft darüber nachgedacht haben, Dresden, Magdeburg. In Leipzig ist es auch nur möglich gewesen durch eine sehr großzügige Unterstützung des Bundes und dadurch, dass wir einen Investor haben binden können. Für die anderen Städte war das sehr schwierig. Deshalb ist Leipzig im Kern die einzige ostdeutsche Stadt.
Ensminger: Hätte da der DFB vielleicht noch ein bisschen was tun können?
Tiefensee: Nein, ich glaube nicht. Der DFB wäre überfordert, wenn er Finanzmittel für Stadien locker machen müsste. Zum anderen ist er auch an eine Neutralität gebunden. Das wird man auch heute sehen; er wird nach sehr objektiven und harten Kriterien zu entscheiden haben. Hier sind die Städte gefragt, hier ist die Wirtschaft im Umfeld gefragt, und hier ist der Bund gefragt, der Unterstützung gegeben hat und gibt. Ich erhoffe mir, dass die WM 2006 auch einen Schub für die anderen ostdeutschen Städte bringt, mindestens indem sie infrastrukturell gut an die Stadien angebunden werden.
Ensminger: Bleiben wir nochmals kurz bei der Finanzierung. Sie haben gesagt, Sie bekommen Zuwendungen auch vom Bund. Warum hat das bei den anderen Städten nicht gereicht, oder gab es die nicht in der Form, dass z.B. Dresden oder Rostock und Cottbus sich hätten bewerben können?
Tiefensee: Es gab ein Pflichtenheft, und im Dezember 2001 wurden die Bewerbungen nach Frankfurt getragen. Der Prozess geht aber schon viel länger. Ich habe bereits von sieben, acht Jahren gesprochen. Wir Leipziger sind ein wenig stolz darauf, dass wir schon 1994 die Zeichen der Zeit erkannt und mit einer Planung begonnen haben, als von Bundesunterstützung und von Investoren überhaupt nicht die Rede war. Sie waren noch nicht mal am Horizont zu sehen. Wir haben sehr gründlich, ob eine Stadt wie Leipzig ein solches Stadion braucht, und wie es aussehen müsste. Wir haben uns schon an den FIFA-Bestimmungen orientiert und konnten dann zu dem Zeitpunkt, als es mit der Rundreise Egidius Braun losging und sich später die Entscheidungen sich verdichteten, mit unseren Plänen schon Punkte machen. Die anderen kamen ein Stück zu spät, und das hat auch eine Rolle gespielt.
Ensminger: Das heißt die anderen waren nicht rechtzeitig am Zug?
Tiefensee: Sicherlich hätte man das noch korrigieren können, wenn mehr Geld in der Kasse gewesen wäre, aber der Bund konnte nicht mehr zur Verfügung stellen. Wir haben damals ganz stark auf den sogenannten Goldenen Plan Ost gedrungen. Wir haben gesagt, wir brauchen Unterstützung, um die Sportstätten auszubauen, und zwar nicht nur die Fußballstadien, aber das war damals im Haushalt nicht drin. Wir haben den Kampf gut gekämpft, aber haben ihn nicht erfolgreich ausgefochten, und so bleibt am Ende zwar eine großzügige Unterstützung für Leipzig, viele schöne Projekte auch im Osten Deutschlands, aber es ist immer noch zu wenig.
Ensminger: Was erhoffen Sie sich denn von der WM für Leipzig selbst?
Tiefensee: Zunächst einmal interessante Vorrundespiele, vielleicht auch ein Viertel- oder Halbfinale, einige gute Partien. Der Weltmeister 2002 sollte hier auftreten, nämlich Deutschland. Und ich erhoffe mir eine große Publikumsresonanz, dass Leipzig eine gute Gastgeberstadt ist, vor allem aber auch, dass es einen Schub in dieser Region wieder gibt, denn die WM 2006 in Leipzig hat ja auch für die Städte im unmittelbaren Umfeld Bedeutung, aber auch in Dresden, Chemnitz, Halle, Magdeburg, die Resonanz wird sogar bis nach Berlin gehen. Und ich erhoffe mir natürlich eine Imageverbesserung. Leipzig hat immer noch den großen Nachteil, dass viele glauben, hier könne man nicht gut leben, hier wäre die Freizeit nicht gut zu gestalten, hier wären die Wohnungen schlecht, usw. Und je mehr Menschen herkommen, um so mehr Leuten kann man mit eigenem Augenschein erklären, hier ist es wunderbar zu leben.
Ensminger: Sie wollen also beweisen, dass es geht. Dazu muss man natürlich auch noch ein bisschen was in der Infrastruktur tun, und das wird natürlich Investitionen nach sich ziehen. Wie will Leipzig das stemmen?
Tiefensee: Wir sind auf bestem Wege, infrastrukturell an die westdeutschen Städte anzuschließen. Dazu bedarf es noch einiger Projekte, die wir fertig stellen müssen. Im Süden von Leipzig wird die sogenannte A38 gebaut. Sie soll die A9 von München nach Berlin mit der A14 verbinden, die von Dresden über Magdeburg weitergeht. Dieser Lückenschluss ist dringend nötig und soll 2004 fertig sein, dann nämlich, wenn das BMW-Werk die ersten Autos produziert. Eine ganz wichtige weitere Verbindung ist die A72 von Chemnitz nach Leipzig, die 2006 fertig sein soll. Und ich hoffe, dass wir mit dem ICE-Projekt 8.2, das ist die Verbindung von Leipzig nach Erfurt, auch bis 2006 soweit sind, dass wir die Gäste nach Leipzig transportieren können. Der internationale Flughafen von Leipzig ist bereits fertig. Mit dem Hauptbahnhof, den einige Ihrer Hörer und Hörerinnen kennen werden, haben wir ein Schmuckstück. Von daher sind wir recht gut gerüstet, und ich wünsche mir, es kämen mehr Leute und würden es sich anschauen.
Ensminger: Vielen Dank für das Gespräch.
Link: Interview als RealAudio
Ensminger: Haben Sie den Ostbonus?
Tiefensee: Der Ostbonus hat vor etwa acht Jahren gezogen, als sich Egidius Braun unser Zentralstadion angesehen hat. Wir haben zusammen in dieser großen Schüssel gestanden. Wer sie kennt, wird wissen, da fassten 100.000 Menschen Platz, und es war eine altehrwürdige Sportarena. Egidius Braun hat damals völlig richtig gesagt, wenn WM 2006, dann nicht nur in Stadien Westdeutschlands, sondern auch Ostdeutschlands, und er hat sich ganz stark für Leipzig gemacht.
Ensminger: Er hat ja auch gesagt, Deutschland werde sich nur bewerben, wenn mindestens zwei Standorte auch in den neuen Bundesländern mit dabei sind. Jetzt ist nur noch eine Stadt überhaupt Bewerberin. Woran lag es?
Tiefensee: Zum einen ist Berlin zur ostdeutschen Stadt umdefiniert worden, und damit klappt das schon, und zum anderen ist es für ostdeutsche Städte sehr schwer, neue Stadien zu bauen, und zwar auch für diejenige, die hochkarätige Mannschaften haben, denken Sie an Cottbus, Rostock oder an Bewerber, die ernsthaft darüber nachgedacht haben, Dresden, Magdeburg. In Leipzig ist es auch nur möglich gewesen durch eine sehr großzügige Unterstützung des Bundes und dadurch, dass wir einen Investor haben binden können. Für die anderen Städte war das sehr schwierig. Deshalb ist Leipzig im Kern die einzige ostdeutsche Stadt.
Ensminger: Hätte da der DFB vielleicht noch ein bisschen was tun können?
Tiefensee: Nein, ich glaube nicht. Der DFB wäre überfordert, wenn er Finanzmittel für Stadien locker machen müsste. Zum anderen ist er auch an eine Neutralität gebunden. Das wird man auch heute sehen; er wird nach sehr objektiven und harten Kriterien zu entscheiden haben. Hier sind die Städte gefragt, hier ist die Wirtschaft im Umfeld gefragt, und hier ist der Bund gefragt, der Unterstützung gegeben hat und gibt. Ich erhoffe mir, dass die WM 2006 auch einen Schub für die anderen ostdeutschen Städte bringt, mindestens indem sie infrastrukturell gut an die Stadien angebunden werden.
Ensminger: Bleiben wir nochmals kurz bei der Finanzierung. Sie haben gesagt, Sie bekommen Zuwendungen auch vom Bund. Warum hat das bei den anderen Städten nicht gereicht, oder gab es die nicht in der Form, dass z.B. Dresden oder Rostock und Cottbus sich hätten bewerben können?
Tiefensee: Es gab ein Pflichtenheft, und im Dezember 2001 wurden die Bewerbungen nach Frankfurt getragen. Der Prozess geht aber schon viel länger. Ich habe bereits von sieben, acht Jahren gesprochen. Wir Leipziger sind ein wenig stolz darauf, dass wir schon 1994 die Zeichen der Zeit erkannt und mit einer Planung begonnen haben, als von Bundesunterstützung und von Investoren überhaupt nicht die Rede war. Sie waren noch nicht mal am Horizont zu sehen. Wir haben sehr gründlich, ob eine Stadt wie Leipzig ein solches Stadion braucht, und wie es aussehen müsste. Wir haben uns schon an den FIFA-Bestimmungen orientiert und konnten dann zu dem Zeitpunkt, als es mit der Rundreise Egidius Braun losging und sich später die Entscheidungen sich verdichteten, mit unseren Plänen schon Punkte machen. Die anderen kamen ein Stück zu spät, und das hat auch eine Rolle gespielt.
Ensminger: Das heißt die anderen waren nicht rechtzeitig am Zug?
Tiefensee: Sicherlich hätte man das noch korrigieren können, wenn mehr Geld in der Kasse gewesen wäre, aber der Bund konnte nicht mehr zur Verfügung stellen. Wir haben damals ganz stark auf den sogenannten Goldenen Plan Ost gedrungen. Wir haben gesagt, wir brauchen Unterstützung, um die Sportstätten auszubauen, und zwar nicht nur die Fußballstadien, aber das war damals im Haushalt nicht drin. Wir haben den Kampf gut gekämpft, aber haben ihn nicht erfolgreich ausgefochten, und so bleibt am Ende zwar eine großzügige Unterstützung für Leipzig, viele schöne Projekte auch im Osten Deutschlands, aber es ist immer noch zu wenig.
Ensminger: Was erhoffen Sie sich denn von der WM für Leipzig selbst?
Tiefensee: Zunächst einmal interessante Vorrundespiele, vielleicht auch ein Viertel- oder Halbfinale, einige gute Partien. Der Weltmeister 2002 sollte hier auftreten, nämlich Deutschland. Und ich erhoffe mir eine große Publikumsresonanz, dass Leipzig eine gute Gastgeberstadt ist, vor allem aber auch, dass es einen Schub in dieser Region wieder gibt, denn die WM 2006 in Leipzig hat ja auch für die Städte im unmittelbaren Umfeld Bedeutung, aber auch in Dresden, Chemnitz, Halle, Magdeburg, die Resonanz wird sogar bis nach Berlin gehen. Und ich erhoffe mir natürlich eine Imageverbesserung. Leipzig hat immer noch den großen Nachteil, dass viele glauben, hier könne man nicht gut leben, hier wäre die Freizeit nicht gut zu gestalten, hier wären die Wohnungen schlecht, usw. Und je mehr Menschen herkommen, um so mehr Leuten kann man mit eigenem Augenschein erklären, hier ist es wunderbar zu leben.
Ensminger: Sie wollen also beweisen, dass es geht. Dazu muss man natürlich auch noch ein bisschen was in der Infrastruktur tun, und das wird natürlich Investitionen nach sich ziehen. Wie will Leipzig das stemmen?
Tiefensee: Wir sind auf bestem Wege, infrastrukturell an die westdeutschen Städte anzuschließen. Dazu bedarf es noch einiger Projekte, die wir fertig stellen müssen. Im Süden von Leipzig wird die sogenannte A38 gebaut. Sie soll die A9 von München nach Berlin mit der A14 verbinden, die von Dresden über Magdeburg weitergeht. Dieser Lückenschluss ist dringend nötig und soll 2004 fertig sein, dann nämlich, wenn das BMW-Werk die ersten Autos produziert. Eine ganz wichtige weitere Verbindung ist die A72 von Chemnitz nach Leipzig, die 2006 fertig sein soll. Und ich hoffe, dass wir mit dem ICE-Projekt 8.2, das ist die Verbindung von Leipzig nach Erfurt, auch bis 2006 soweit sind, dass wir die Gäste nach Leipzig transportieren können. Der internationale Flughafen von Leipzig ist bereits fertig. Mit dem Hauptbahnhof, den einige Ihrer Hörer und Hörerinnen kennen werden, haben wir ein Schmuckstück. Von daher sind wir recht gut gerüstet, und ich wünsche mir, es kämen mehr Leute und würden es sich anschauen.
Ensminger: Vielen Dank für das Gespräch.
Link: Interview als RealAudio
