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Australian Open 2021
Teure Corona-Schutzblase

Etwa 10.000 Coronatests vor und während des Turniers, viel Sicherheitspersonal und mobile Desinfektionsteams: Der australische Tennisverband lässt sich die Corona-Schutzblase für die Australian Open 25 Millionen Euro kosten. Es ist das größte Sportevent seit Ausbruch des Coronavirus Sars-Cov-2.

Von Andreas Stummer | 23.01.2021
Nach einer Trainingssession für die Australian Open 2021wird ein Tennisplatz desinfiziert.
Desinfektion nach der Trainingssession: Die Australian Open 2021 sind die größte Sportveranstaltung seit Ausbruch des Coronavirus Sars-Cov-2. (imago images / AAP)
Das Feld der diesjährigen Australian Open ist eine Zwei-Klassengesellschaft. Da sind die Djokovics, Nadals und Zverevs, die jeden Tag fünf Stunden trainieren können und da sind die Kerbers, Azarenkas und 69 weitere Tennisprofis*, die noch eine Woche lang in Melbourner Hotels in Corona-Quarantäne sitzen und denen die Decke auf den Kopf fällt.
Die einen hatten Glück bei der Anreise, die anderen saßen in einem Flieger mit Covid 19-Fällen. Tennisfans, wie der frühere australische Profi Peter Johnston, wittern noch vor dem ersten Ballwechsel Wettbewerbsverzerrung und mangelnde Chancengleichheit bei den Australian Open 2021.
"Man muss sich draußen akklimatisieren, weil die australischen Bedingungen für Spieler der nördlichen Hemisphäre extrem sind. Sie müssen ihren Trainingsrückstand in den neun Tagen zwischen Ende der Quarantäne und Turnierbeginn aufholen. Aber es ist schwierig, gegen jemanden anzutreten, der einen vermeintlichen Vorteil in der Vorbereitung hatte. Nur die mental stärksten werden am Ende erfolgreich sein."

Australien hat harten Lockdown hinter sich

Die Melbourner lieben ihre Australian Open, aber nach 111 Tagen harten Corona-Lockdowns möchten sie sich nicht das Gejammere verwöhnter Tennisprofis anhören, die sich über 14 Tage Quarantäne und die Verpflegung in Fünf-Sterne-Hotels beschweren. 1200 Spieler plus Anhang, die mit Chartermaschinen eingeflogen wurden, während im Ausland noch immer 40.000 Australier festsitzen und wegen eigentlich geschlossener Grenzen nicht heimkommen können.
"Wir sollten in erster Linie an uns selbst denken und die Australian Open absagen", erzählt Neil Mitchell, der Melbournes meistgehörtes Radioprogramm moderiert, seit Tagen seinen Hörern. "Das Turnier ist das Corona-Risiko für uns alle nicht wert. Wir wollen nicht zurück in den Lockdown, wir wollen keine weiteren Todesfälle und wir wollen nicht wieder zuhause eingesperrt werden."
Etwa 10.000 Coronatests vor und während des Turniers, ein 2.000 Mann und Frau starkes Sicherheitspersonal, mobile Desinfektionsteams: Der australische Tennisverband lässt sich die Corona-Schutzblase für die Australian Open 25 Millionen Euro kosten.

Die Konkurrenz steht schon bereit

Jeder Spieler und jede Spielerin und ihr akkreditierter Anhang werden auf Schritt und Tritt von eigenen Covid-Marshals begleitet: vom Hotelzimmer zum Training, ins Fitness-Studio, zum Physio oder zum Spiel - und auch wieder zurück. Jeder andere Kontakt ist nicht erlaubt. "Die Zuschauer - wohl nur 30- bis 40.000 statt der üblichen 120.000 am Tag - dürfen sich nur in vorbestimmten Zonen bewegen", sagt Turnierdirektor Craig Tiley. Viele Sitzplätze werden, gemäß der Abstandsregeln, frei bleiben.
"Wir wollen der Welt beweisen", so Tiley, "dass man ein Großereignis auch in diesen Zeiten ausrichten kann. Mit Publikum. Die Australian Open sind die größte Sportveranstaltung, die seit Ausbruch des Coronavirus stattfindet. Unser Ziel ist zu zeigen, dass man die Sicherheit eines solchen Turnieres garantieren kann."
Am 8. Februar soll das Turnier, wie geplant, beginnen. Die Australian Open sind ein zweiwöchiger Werbespot für Melbourne und bringen in Nicht Corona-Zeiten gut 30 Millionen Euro ins Land. Aber warum das Turnier, trotz Covid 19, auf Biegen und Brechen durchziehen?
Weil die Konkurrenz nur auf ein Abwinken aus Melbourne wartet. Im Emirat Katar wirbt man seit Jahren beim Tennisweltverband dafür, das erste Grand Slam-Turnier des Jahres in der Hauptstadt Doha auszutragen. Und das würde Melbourne und Australien langfristig noch teuerer zu stehen kommen.
*Anmerkung der Redaktion: In der ursprünglichen Version hieß es, auch Dominic Thiem gehöre zu diesen Spielern. Dies ist nicht korrekt. Thiem darf fünf Stunden am Tag auf dem Platz trainieren.