Der Titel des Stücks ist der Titel einer "vergleichenden wissenschaftlichen Untersuchung", die Talbot Finch, australischer Professor für Politikwissenschaft an einer renommierten New Yorker Universität, geschrieben hat. Der liberale Demokrat Finch, ein philosophisch bewanderter Aufklärer, vertritt seine Theorie vom Umschlag der Rationalität in Vernichtung – und das ist die Parallele zum Dritten Reich -, auch in Hörsaal und Bekanntenkreis offensiv:
Es muss nicht erwähnt werden, dass die Publikation nie erscheinen wird. In den USA reagiert man nach dem 11. September, anders als im alten Europa, nicht mit Intellektuellen-Debatten, sondern mit purer Gewalt auf Nazi-Vergleiche; Finch bekommt das am eigenen Leib zu spüren. Er wird von einem Unbekannten verfolgt, bedroht, zusammengeschlagen und gefoltert. McCarthy war ein Waisenknabe im Vergleich zu dem, was durch Patriot Act und die Männer vom so genannten Heimat-schutz kurz nach der Jahrtausendwende in den USA an Grundrechtsverletzungen möglich sei, sagt der Autor Stephen Sewell.
In seinem Stück beschreibt er in gelungener Mischung von Politthriller und intelligentem Psycho-Kammerspiel ein Klima unsichtbarer Bedrohung, das kafkasche Dimensionen annimmt. Die Terror-Angst wird zum Beziehungskiller und vernichtet jeden Rest von menschlichem Anstand, wenn die notorischen Anpasser-Typen der amerikanischen upper class kursierende Verschwörungstheorien für private Zwecke instrumentalisieren. Am Schluss, wir sind in Amerika, gibt’s den filmreifen Showdown samt physischer Vernichtung der liberalen Protagonisten
Das Thema passt gar nicht und doch auch wieder ganz gut in die Zeit. Denn eigentlich kommt ein Stück über ein neurotisiertes Amerika und geistigen Fundamentalismus in der Folge von 9/11 im Jahr 2005 doch etwas spät auf deutsche Bühnen. Andererseits hat nicht zuletzt der Tod Johannes Pauls des II. und die Wahl eines vor allem Kontinuität garantierenden konservativen Intellektuellen zum neuen Kirchen-Oberhaupt noch einmal deutlich gemacht, wie stark das Bedürfnis nach Sicherheit, geistiger Orientierung und einer festen Werteordnung gewachsen ist.
Bush und Benedict sind die neuen Supermänner des 21. Jahrhunderts, die "Demokratie und Friedens"-Felsen in der Brandung von Wertezerfall und Turbokapitalismus. Um die Doppelgesichtigkeit solcher Figuren als Brandstifter und Welterlöser zugleich geht es Stephen Sewell, wenn er in einem Dialog zwischen dem Folterer und seinem Opfer die Frage nach der Wahrheit bei Platon und Sokrates diskutiert.
Burkhard C. Kosminski hat sich um die Fallstricke von Ideologieverdacht und erhobenem Zeigefinger geschickt herum manövriert. Er ästhetisiert und entrückt das Stück auf eine allgemeine, eher unpolitische Ebene. Die fast leere, nur mit ein paar Plastikstühlen und ein paar Monitoren möblierte Bühne bildet den Spiel-Raum für Protagonisten und deutlich ausgestellte Theatermittel. Peter Siegenthalers Professor Finch etwa bellt in Knitteranzug und Jean Paul Sartre-Brille wie ein aufgezogener Thesenträger und taugt nicht wirklich als Identifikationsfigur.
Wie übrigens auch sein Gegenspieler leidet er von Zeit zu Zeit unter krankhaften Zuckungen, so dass die Frage nach vernunftgeleitetem Handeln sich bei allen früh von selbst erledigt. Edvard Munchs "Der Schrei" wird gestisch ebenso zitiert wie die Filmgeschichte. Der Unbekannte steigt etwa als vielgesichtiger Hanswurst in den Thesen-Ring, tritt als Elvis, Willy Brandt oder Dampf plaudernder Hesse auf. Verhallte Versatzstücke aus Bush-Reden oder ein 70er Jahre A-Cappella-Potpourri vervollständigen den Zitatenmix, in dem die Zuschauer dann und wann die Rolle des geduldigen Hörsaal-Publikums übernehmen dürfen.
Diese Mittel von Verfremdung und Distanzierung durch Show-Effekte sind nicht unklug gewählt, sie haben aber einen folgenschweren Nachteil. In keiner Szene erreicht Regisseur Burkhard C. Kosminski jene klaustrophob-bedrohliche Stimmung, die Sewell anstrebt. Dessen kurze Dialoge erinnern an Neil La Bute, der ja auch Filmdrehbücher schreibt, und in dessen Stücken "Land der Toten" oder "Tag der Gnade" die Türme des eingestürzten World Trade Centers paradoxer Weise riesenhafte Schatten werfen. Wenn in Düsseldorf die Lichter angehen, hat man ein Stück Polit-Theater gesehen, das zeitgemäß verbuntet wurde.
Es muss nicht erwähnt werden, dass die Publikation nie erscheinen wird. In den USA reagiert man nach dem 11. September, anders als im alten Europa, nicht mit Intellektuellen-Debatten, sondern mit purer Gewalt auf Nazi-Vergleiche; Finch bekommt das am eigenen Leib zu spüren. Er wird von einem Unbekannten verfolgt, bedroht, zusammengeschlagen und gefoltert. McCarthy war ein Waisenknabe im Vergleich zu dem, was durch Patriot Act und die Männer vom so genannten Heimat-schutz kurz nach der Jahrtausendwende in den USA an Grundrechtsverletzungen möglich sei, sagt der Autor Stephen Sewell.
In seinem Stück beschreibt er in gelungener Mischung von Politthriller und intelligentem Psycho-Kammerspiel ein Klima unsichtbarer Bedrohung, das kafkasche Dimensionen annimmt. Die Terror-Angst wird zum Beziehungskiller und vernichtet jeden Rest von menschlichem Anstand, wenn die notorischen Anpasser-Typen der amerikanischen upper class kursierende Verschwörungstheorien für private Zwecke instrumentalisieren. Am Schluss, wir sind in Amerika, gibt’s den filmreifen Showdown samt physischer Vernichtung der liberalen Protagonisten
Das Thema passt gar nicht und doch auch wieder ganz gut in die Zeit. Denn eigentlich kommt ein Stück über ein neurotisiertes Amerika und geistigen Fundamentalismus in der Folge von 9/11 im Jahr 2005 doch etwas spät auf deutsche Bühnen. Andererseits hat nicht zuletzt der Tod Johannes Pauls des II. und die Wahl eines vor allem Kontinuität garantierenden konservativen Intellektuellen zum neuen Kirchen-Oberhaupt noch einmal deutlich gemacht, wie stark das Bedürfnis nach Sicherheit, geistiger Orientierung und einer festen Werteordnung gewachsen ist.
Bush und Benedict sind die neuen Supermänner des 21. Jahrhunderts, die "Demokratie und Friedens"-Felsen in der Brandung von Wertezerfall und Turbokapitalismus. Um die Doppelgesichtigkeit solcher Figuren als Brandstifter und Welterlöser zugleich geht es Stephen Sewell, wenn er in einem Dialog zwischen dem Folterer und seinem Opfer die Frage nach der Wahrheit bei Platon und Sokrates diskutiert.
Burkhard C. Kosminski hat sich um die Fallstricke von Ideologieverdacht und erhobenem Zeigefinger geschickt herum manövriert. Er ästhetisiert und entrückt das Stück auf eine allgemeine, eher unpolitische Ebene. Die fast leere, nur mit ein paar Plastikstühlen und ein paar Monitoren möblierte Bühne bildet den Spiel-Raum für Protagonisten und deutlich ausgestellte Theatermittel. Peter Siegenthalers Professor Finch etwa bellt in Knitteranzug und Jean Paul Sartre-Brille wie ein aufgezogener Thesenträger und taugt nicht wirklich als Identifikationsfigur.
Wie übrigens auch sein Gegenspieler leidet er von Zeit zu Zeit unter krankhaften Zuckungen, so dass die Frage nach vernunftgeleitetem Handeln sich bei allen früh von selbst erledigt. Edvard Munchs "Der Schrei" wird gestisch ebenso zitiert wie die Filmgeschichte. Der Unbekannte steigt etwa als vielgesichtiger Hanswurst in den Thesen-Ring, tritt als Elvis, Willy Brandt oder Dampf plaudernder Hesse auf. Verhallte Versatzstücke aus Bush-Reden oder ein 70er Jahre A-Cappella-Potpourri vervollständigen den Zitatenmix, in dem die Zuschauer dann und wann die Rolle des geduldigen Hörsaal-Publikums übernehmen dürfen.
Diese Mittel von Verfremdung und Distanzierung durch Show-Effekte sind nicht unklug gewählt, sie haben aber einen folgenschweren Nachteil. In keiner Szene erreicht Regisseur Burkhard C. Kosminski jene klaustrophob-bedrohliche Stimmung, die Sewell anstrebt. Dessen kurze Dialoge erinnern an Neil La Bute, der ja auch Filmdrehbücher schreibt, und in dessen Stücken "Land der Toten" oder "Tag der Gnade" die Türme des eingestürzten World Trade Centers paradoxer Weise riesenhafte Schatten werfen. Wenn in Düsseldorf die Lichter angehen, hat man ein Stück Polit-Theater gesehen, das zeitgemäß verbuntet wurde.