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Ausverkauf

Ein Drittel des Waldes von Schleswig-Holstein befindet sich im Besitz des Landes. Weil die Kosten zu hoch sind und das Bundesland sparen muss, denkt der Koalitionspartner in der Landesregierung, die CDU, darüber nach, wie sie die Kosten senken kann. Die jüngsten Überlegungen sorgen derzeit in Kiel für heftige Auseinandersetzungen: Der landeseigene Wald soll verkauft werden.

Von Annette Eversberg | 18.08.2006
    Die Diskussion um den Verkauf von Landeswäldern wurde schon in Hessen, Niedersachsen und dem Saarland geführt. In Kürze sollen im Handelsblatt, der Financial Times, oder dem Amtsblatt der Europäischen Union etwa 50.000 Hektar schleswig-holsteinischen Wald ausgeschrieben werden. Für Dr. Michael von Abercron vom schleswig-holsteinischen Landwirtschaftsministerium ist das zunächst nur ein Versuchsballon.

    " Im Augenblick plant die Landesregierung die Durchführung eines Interessenbekundungsverfahrens, um im Grunde erst einmal die Grundlagen für eine spätere Entscheidung, was im einzelnen mit dem Landeswald Schleswig-Holstein passieren zu passieren hat, abzufragen. "

    Das hat den Koalitionspartner SPD auf den Plan gerufen. Für ihn ist das eine Aufforderung zum Verkauf. Genauso sieht es Jürgen Gola vom BUND, der als Mitglied im Bündnis Wald gegen den Verkauf des schleswig-holsteinischen Landeswaldes ist.

    " Das ist eine Mogelpackung, denn wenn man den Wald zum Verkauf anbietet und einen Preis einholt, dann ist natürlich ein ganz klares Interesse da, den Wald auch wirklich zu verkaufen. Der mögliche Käufer möchte natürlich ganz klar wissen, ob der Wald auch zum Verkauf steht. Wenn ich Käufer wäre, dann möchte ich mir natürlich nicht wochenlang ein Angebot überlegen, um dann zu erfahren, dass der Wald gar nicht zum Verkauf steht. "

    10 Millionen Euro jährlich, so die CDU, kostet es derzeit, den Landeswald zu unterhalten. Weil es besondere Auflagen gibt, die ein Privatwald nicht habe, betont Michael von Abercron.

    " Das sind Gemeinwohlaufgaben, dazu zählen ein Erlebniswald, dazu zählen Waldpädagogik, Waldjugendheim und dergleichen. "

    Genau diese Aufgaben wollen SPD und BUND, aber auch der NABU, die Deutsche Waldjugend und die Grünen im Kieler Landtag sichern. Die Rechnung über die Kosten geht für Jürgen Weber, Stellvertretender Fraktionsvorsitzender der SPD, so nicht auf. Er will den Landeswald nicht privatisieren, sondern lieber in einen eigenständigen Landesbetrieb überführen.

    "10 Millionen ist sicherlich viel zu hoch gegriffen. Allerdings muss man sehen, dass die Waldwirtschaft eine gute Perspektive eigentlich hat, momentan in ganz Europa und in Deutschland, und wir schon erwarten, dass ein eigenständiger Landeswaldbetrieb auch einmal eine schwarze Null schreiben kann. Und wird man auch die Zuschüsse aus Steuermitteln mindern können. Das ist sicher eine vernünftige Perspektive. "

    Das Interesse, Waldflächen zu kaufen, ist groß. Dr. Tilmann Giesen von der Arbeitsgemeinschaft deutscher Waldbesitzerverbände spricht von einem regelrechten Run auf Waldflächen. Nicht nur auf die guten Bestände. Auch kleinere Flächen von 200 Hektar sind für den interessant, der schon 800 Hektar besitzt und die neue Fläche braucht, um einen Förster auszulasten. 15 Hektar sind für den attraktiv, dem Fläche fehlt, um über ein Jagdrecht verfügen zu können. Das kann den Preis gerade an solchen Splitterflächen hochtreiben. Kleine Flächen, so der BUND eignen sich dann aber nicht mehr für Umweltbildungsmaßnahmen. Deshalb will Michael von Abercron vom schleswig-holsteinischen Landwirtschaftsministerium vorsorgen.

    " Wenn es zu Verkäufen kommen würde auf diesen Flächen, ist es eben unabdingbare Voraussetzung, dass eben die dort gemachten Angebote erhalten bleiben. Dafür steht dieses Ministerium. "

    Michael Abercron geht auch nicht davon aus, dass ein Wald gerodet wird, um Holz zu gewinnen.

    " Es wird natürlich niemand ein Interesse daran haben, einen Wald völlig auszuräumen. Denn er ist ja auch daran gebunden, dass auch für die lange nachhaltige Zukunft eine Erwerbsmöglichkeit bleibt. Also es gibt kaum solche Fälle, die wir aus der Praxis hier in Schleswig-Holstein jedenfalls kennen, wo so etwas passierte."

    Die Gegner eines Verkaufs glauben weder daran, dass potentielle Käufer diese Gemeinwohlaufgaben übernehmen, noch dass sie sich das wirtschaftlich leisten können. Jürgen Weber von der SPD hält auch die weitere Option, die die CDU vertritt, nämlich den Landeswald zu privatisieren, indem er z.B. in eine GmbH überführt wird, für realitätsfern. Viele vergleichbare Modelle sprechen für ihn dagegen.

    " Das Land kann gar keine Kapitalerhöhung machen. Das Geld haben wir einfach nicht. Und wir kennen aus anderen Privatisierungen, dass die Überführung in eine GmbH letztlich auch zu einer Komplettprivatisierung führt. Und das steht deshalb für uns eigentlich nicht zur Diskussion."

    Die Umweltverbände hoffen darauf, dass letztlich wie in Hessen, Niedersachsen und dem Saarland der Wald trotz kontroverser Diskussion in Landesregie verbleibt. Auch in Schleswig-Holstein.