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Auswahlverfahren an Hochschulen

Freiheit und Autonomie - das fordern Hochschulen immer wieder. Und seit dem laufenden Semester haben sie tatsächlich neue Freiheiten von der Bildungspolitik zugestanden bekommen. Sie dürfen jetzt auch in zulassungsbeschränkten Fächern einen Großteil ihrer Studierenden selber auswählen. In Köln beschäftigt sich eine Fachtagung mit der Frage, wie gute Hochschulen und gute Studenten zusammenkommen können.

Von Armin Himmelrath |
    Yvonne Stry ist Mathematikprofessorin an der Georg-Simon-Ohm-Fachhochschule in Nürnberg, außerdem Prorektorin für Studium und Lehre. Ihre FH hat mit dem bayerischen Wissenschaftsministerium eine Zielvereinbarung abgeschlossen.

    "Zu unserer Zielvereinbarung gehört zum Beispiel, dass wir die Zahl der Abbrecher senken wollen. Na, wie senkt man die Zahl der Abbrecher? Indem man die Studierenden gut auswählt, und wie man das macht, das hoffe ich hier auf der Messe zu erfahren."

    Mit der zunehmenden Autonomie der Hochschulen kommt auf die Hochschulleitungen mit den Auswahlverfahren auch eine neue Verantwortung zu. Bisher galt der Abiturdurchschnitt als Maßstab für die Studierfähigkeit junger Menschen. Und auch Yvonne Stry möchte auf die Abi-Note nicht so ohne weiteres verzichten.

    "Ich sag mir, dass die Abiturnote, wenn die Leute vom Gymnasium kommen, dass die ne große Rolle spielen sollte, weil: Die Lehrer haben halt die Schüler 13 Jahre oder 12 Jahre lang gesehen, und da muss schon was drinstecken, und das sagen ja auch die Untersuchungen. Also, ich glaube, dass man die Abi-Note, wenn die Leute vom Gymnasium kommen, oder andere Noten, wenn die den Eindruck von vielen Jahren zusammenfassen, dass man die nicht einfach so unter'n Tisch kehren sollte."

    Für viele Bildungsexperten ist die Lage jedoch längst nicht so eindeutig. Hanna Leichsenring vom Centrum für Hochschulentwicklung etwa hält fachspezifische Tests zur Feststellung der Studierfähigkeit für deutlich aussagekräftiger.

    "Also, ein Beispiel, das wir hier auch auf der Fachtagung sehen, das ist das Beispiel für die Psychologie. Die Deutsche Gesellschaft für Psychologie hat einen Studierfähigkeitstest in Auftrag gegeben für alle psychologischen Studiengänge, so ist das jedenfalls geplant (...) und da werden teilweise Elemente von allgemeiner Studierfähigkeit abgetestet, also so etwas wie analytisches Denkvermögen, und solche Sachen, Englischkenntnisse. Was daran spezifisch psychologisch ist, lässt sich dann gar nicht mehr so sagen, sondern es geht um ein Profil, das man mitbringen muss, um erfolgreich Psychologie zu studieren."

    Weil es sich jedoch nicht um das Abfragen von bereits vorhandenen Fachkenntnissen handelt, sondern um ein arbeitspsychologisches Testverfahren, sei dessen Entwicklung sehr aufwändig und teurer. Zu teuer für viele Hochschulen, die sich deshalb auf der Fachtagung auch über andere, preiswertere Auswahlverfahren informieren können. Georg Krawietz, Mitveranstalter der Schülermesse Einstieg Abi, beobachtet die Bemühungen der Hochschulen um aussagekräftige Einstufungstests bereits seit einiger Zeit.

    "Ich denke, es gibt mehrere Gruppen, zwei Hauptgruppen vielleicht. Eine Art von vorgeschalteter Stufe dient dazu, dass Leute eigenverantwortlich, zum beispiel über Online-Testverfahren, sich selbst besser kennen und einschätzen lernen. Das ist etwas, was noch nicht im strengen Sinne eine Auswahl durch die Hochschule genannt werden kann, aber es ist eine Art von Vorstufe, die sicherlich sinnvoll ist, weil man dadurch natürlich Fehler vielleicht frühzeitig vermeiden kann; sich nicht auf Dinge einstellt, die sich hinterher als unrealistisch herausstellen. Dann gibt es natürlich die Verfahren, die direkt von der Hochschule vorgenommen werden oder installiert werden, um die richtigen Studierenden anhand eines Kriterienkatalogs zu ermitteln."

    Insgesamt seien die Aktivitäten an den Hochschulen sehr bunt gemischt, sagt Krawietz: Vom anonymen Vorabtest im Interview über Multiple-Choice-Verfahren, bei denen man wie in einer Klausur die richtigen Antworten ankreuzen muss, bis hin zu individuellen Auswahlgesprächen und sogar Assessment-Centern, mit denen etwa die Privatuni Witten-Herdecke ihre Studierenden auswählt. An einen solchen Aufwand wagt die Nürnberger FH-Professorin Yvonne Strüh gar nicht zu denken. Aber die internet-basierten Tests zur Selbsteinstufung haben sie überzeugt.

    "Also, das find ich was ganz Großartiges. Unsere Hochschule zum beispiel, die hat so Anforderungsprofile im Internet, da können die angehenden Studenten halt schon mal gucken, ob sie die auch erfüllen. Da steht halt, was so die Minimalanforderungen sind, halt so in Deutsch oder Fremdsprachen oder jetzt grad in der Mathematik für die ingenieurwissenschaftlichen Studiengänge. Und ich glaube, das ist wichtig. Ich find's auch sehr gut, wenn das ne gewisse Freiwilligkeit hat, wenn auch im Internet Tests zu finden sind, die die angehenden Studenten auf freiwilliger Basis machen können, damit die schon mal selber wissen, wo sie stehen."

    Schülerinnen und Schüler, die sich für die Auswahlverfahren der Hochschulen interessieren, können sich ab morgen und übermorgen in Köln auf der Messe Einstieg Abi über die Anforderungen der Hochschulen und über den Ablauf der unterschiedlichen Testverfahren informieren. Veranstaltungsort ist die KölnMesse, geöffnet ist die Veranstaltung an beiden Tagen von 9 bis 17 Uhr.