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Ausweis für mehr Sicherheit

Schon bald soll der elektronische Personalausweis die alles entscheidende Frage auch im Internet beantworten können – "Wer bin ich?". Diese Woche diskutierten an der Ruhr-Universität in Bochum Experten der Arbeitsgruppe "Identitätsschutz im Internet" den Stand der Möglichkeiten.

Von Sven Töniges |
    Bernd Kowalski zückt aus seiner Jackentasche ein kleines Stück Plastik in blassem erbsensuppengrün. So sieht er also aus, der neue elektronische Personalausweis, der ePA:

    "Ja, der elektronische Personalausweis ist etwas kleiner als der alte. Der alte war im so genannten ID2-Format, wie man ihn eben kennt, der neue ist im ID-1-Format, das heißt, er hat Scheckkartengröße, kann also auch im Portemonnaie oder anderen mobilen Taschen verwendet werden. Der Ausweis hat eine rein kontaktlose Schnittstelle, das heißt, den Chip, in dem sich die Sicherheitstechnik befindet, können Sie gar nicht sehen von außen. Er ist mit Antennen ausgestattet, so dass die kontaktlose Kommunikation der Energieübertragung auch funktionieren kann."

    Dass diese Kommunikation auch tatsächlich funktioniert, wenn der elektronische Personalausweis nächstes Jahr im November ausgegeben wird, dafür muss nicht zuletzt Bernd Kowalski Sorge tragen. Der Abteilungspräsident beim Bonner Bundesamt für die Sicherheit in der Informationstechnik, dem BSI, ist zuständig für die Zertifizierung des elektronischen Personalausweises. Zurzeit befindet man sich in der heißen Testphase: Geprüft werden müssen neben dem Ausweis selbst auch die dazugehörige Software und ein Kartenlesegerät. Unerwartet groß war das Interesse an den Anwendungstests bei Firmen und Institutionen, freut sich Bernd Kowalski:

    "Erfreulicherweise gibt es mehr als 100 Anmeldungen mittlerweile, zum Beispiel aus der Versicherungswirtschaft. Die Versicherungswirtschaft hat ein Interesse daran, dass ihre Vertragsabschlüsse nicht mehr nur persönlich stattfinden können, sondern auch über das Internet. Darüber hinaus gibt es noch Interesse im Bereich E-Government, zum Beispiel die Stadt Hagen will ihren E-Government-Service mithilfe des elektronischen Personalausweises für ihre Bürger, aber auch mittelständische Unternehmen sicherer und einfacher handhabbar machen."

    Deshalb hat Lars Terbeck auch gleich zwei elektronische Personalausweise dabei, einen für sich und einen für Frau Mustermann. Der Software-Entwickler erprobt den neuen Ausweis für die Pilot-Kommune Hagen. "Rathaus 21" heißt das neue Portal, erklärt Lars Terbeck:

    "Sie gehen ganz normal auf "www.hagen.de", dann erscheint eine Seite mit verschiedenen Anmeldemöglichkeiten. Dort wird dann auch ab 1.11. für jeden Bürger verfügbar sein: ,Anmeldung mit dem elektronischen Personalausweis’, dann wird die Kommunikation mit diesem sicheren EID-Server nach BSI-Standard hergestellt, und meine Software, der so genannte Bürgerclient auf meinem PC fängt an, mit der Karte zu kommunizieren, dann muss ich meine PIN eingeben, ich sehe eine Datenschutzerklärung, ich kann noch mal genau einschränken, welche Daten ich dieser Website zur Verfügung stellen möchte, und dann ist das Portal personalisiert abrufbar."

    Eine Demo gibt es bereits auf der Seite der Stadt Hagen: schon jetzt könnte Frau Mustermann eine Reiterplakette beantragen, ohne jemals im Rathaus vorstellig geworden zu sein. Das Pferdekennzeichen für den Ausritt im Bergischen Land – darin erschöpfen sich die Möglichkeiten des elektronischen Personalausweises nicht, betont Lars Terbeck:

    "Für den normalen Bürger ist das gar nicht mal so interessant, der hat im Schnitt 1,7 Amtsgänge pro Jahr, das ist gar nicht so der Brüller, aber wir haben auch Kunden wie Rechtsanwälte, Notare, Unternehmen, die wesentlich mehr Kontakt zur Stadtverwaltung haben, für die das dann viel interessanter wird, auch unter monetären Gesichtspunkten."

    Zufrieden zeigte man sich auch mit einem breit angelegten Anwendungstest an der TU Darmstadt: nach erfolgreicher Authentifizierung durch den elektronischen Personalausweis könnten Studenten zukünftig etwa Prüfungsergebnisse abrufen oder Bücher herunter laden. Vier bis fünf Tage nach Beantragung soll der Ausweis ausgeliefert werden. Zu den Kosten hält man sich beim Bundesinnenministerium allerdings weiter bedeckt. Billiger als der 59 Euro teure neue Reisepass soll der elektronische Personalausweis in jedem Fall sein, der Preis für das Kartenlesegerät soll im einstelligen Eurobereich liegen.

    Doch was genau sich der Bürger damit einkauft, wurde auf der Bochumer Tagung auch um einiges grundsätzlicher diskutiert. Gerade juristisch werfe der neue digitale Identitätsnachweis noch einige Fragen auf. In naher Zukunft können mit dem elektronischen Personalausweis und der so genannten "De-Mail" zwischen Bürger, Behörden und Unternehmen rechtskräftige Dokumente verschickt werden. Die dazugehörigen gesetzlichen Regelungen sprechen dabei geradezu autosuggestiv von ‚Sicherheit’. Doch die wird noch zu beweisen sein, glaubt Georg Borges, Professor für Bürgerliches Recht und als Sprecher der Arbeitsgruppe Identitätsschutz im Internet, Gastgeber der Bochumer Tagung:

    "Eine entscheidende Knirschzone der neuen Ansätze ist die so genannte ‚Sicherheit’. Gerade das Bürgerportalgesetz spricht ständig von Sicherheit, von sicherer Kommunikation, ohne diesen Begriff letztlich definieren zu können. Hier verweist man dann auf technische Richtlinien, die von einer Behörde, vom BSI kommen sollen, und von den Gerichten ausgelegt werden müssen. Was am Ende des Tages also für den Bürger der Begriff der Sicherheit bedeutet, wissen wir also nicht mit der Verabschiedung des Gesetzes, sondern erst wenn die Gerichte darüber entschieden haben."