Donnerstag, 25. April 2024

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Autobiografie: "Wham! George & Ich"
"Wham! war der Ausdruck unserer Jugend"

Vokuhila-Matte und hochgestellter Kragen - ein absolutes Vorzeigeprodukt der 1980er-Jahre war das Duo Wham! mit George Michael und Andrew Ridgeley. Letzterer hat nun ein Buch veröffentlicht, über ihre Freundschaft, Karriere und Musik. "Ich wollte unsere Geschichte erzählen", sagte Ridgeley im Dlf.

Andrew Ridgeley im Corsogespräch mit Anja Buchmann | 04.12.2019
George Michael und Andrew Ridgely
Wham (imago stock&people / United Archives )
"Wham! George und ich" nennt Andrew Ridgeley seine Biografie über die Freundschaft zu George Michael, über den Weg zur Musik und ihre Karriere als Wham! 1981 - 86. Im Corsogespräch erzählt Ridgeley unter anderem, warum er das Buch geschrieben hat - und warum gerade jetzt.
Andrew Ridgeley: Das Buch war im Grunde eine Antwort auf die wundervolle Zuneigung, die uns entgegengebracht wurde als, Shirlie, Pepsi und ich auf den Brit Awards 2017 an George erinnert haben.
"Ich wollte unsere Geschichte erzählen"
Anja Buchmann: Die beiden Backgroundsängerinnen, die zu Ihnen gehörten.
Ridgeley: Ja, das ist richtig. Es ist schon etwas her, dass ich in der Öffentlichkeit gestanden habe und ich war wirklich überrascht über diese tiefe Zuneigung, dieses Wohlwollen, das dabei rüber kam – und mir wurde klar, dass es ein Bedürfnis gab, zurück zu schauen zu Wham!. Es waren auch junge Menschen im Publikum, die sicher nicht wussten, wie George zu diesem globalen Superstar geworden ist. Außerdem gibt es negative Stimmen zu seinem Tod, und ich wollte, dass die Menschen sich wieder mehr darauf fokussieren, was das Überschwängliche, das Vitale und Aufregende an ihm war – also mehr auf sein Leben schauen und nicht auf seinen Tod.
Buchmann: Sie wollten also seine wahre Lebensgeschichte aus Ihrer Sichtweise erzählen?
Ridgeley: Nun, ich wollte unsere Geschichte erzählen.
Buchmann: Wie würden Sie George Michaels Persönlichkeit beschreiben?
Ridgeley: Er war witzig, einnehmend, selbstironisch, er war fleißig und sehr ernsthaft beim Arbeiten. Er war einfach professionell – nun, in der Schule nicht so sehr. Obwohl, er war auch kein schlechter Schüler. Zumindest besser als ich. Er war sehr nett, sympathisch und warmherzig.
Buchmann: Nach Ihrem allerletzten Konzert als Wham!, 1986 im Wembley Stadion, sagte er zu Ihnen: Ohne Dich hätte ich das nicht geschafft. Da hatte er Recht, oder?
Ridgeley: Ja, er hatte Recht, aber ich hätte es wahrscheinlich auch nicht ohne ihn geschafft – es ging einfach um uns beide. Wir waren glücklich, uns schon in jungen Jahren kennengelernt zu haben.
Leider liegt für dieses Bild keine Bildbeschreibung vor
Ziemlich beste Freunde: Andrew Ridgeley & George Michael (Albert Ridgeley)
Buchmann: Und Sie hatten auch keine Angst davor, zum Beispiel ein noch unfertiges Demo-Tape einigen A&R-Men zu zeigen und sich sicher zu sein: Damit bekommen wir einen Plattenvertrag. Und das, obwohl Sie beide noch sehr jung waren – so um die 19 glaube ich - , mehr oder weniger arbeitslos und ohne große Erfahrungen.
Ridgeley: Das stimmt – und im Rückblick scheint es wirklich seltsam, dass wir dachten, ein solches Demo würde ausreichen, uns einen Plattenvertrag zu sichern. Aber so war es. Es war richtig, von unseren Songs überzeugt zu sein: 'Wham Rap', 'Club Tropicana' und 'Careless Whisper', auch wenn sie eben noch nicht ganz fertig waren. Mark Dean, der uns bei Innervision unter Vertrag nahm, war ein guter A&R-Mann. Er erkannte einen guten Song, wenn er ihn hörte – und er war überzeugt. Also war unser Selbstbewusstsein schon auch fundiert.
Hedonistische Zeiten
Buchmann: Was meinen Sie, würden Sie heute auch so erfolgreich sein als Band? Heute, wo Plattenlabels und A&R-Leute nicht mehr so wichtig sind, wo man eine Karriere – wenn es klappt – mit einem Youtube Video oder einem Track auf Soundcloud beginnen kann? Die Zeiten haben sich da ja sehr geändert.
Ridgeley: Das weiß Gott allein. Ich denke schon, dass es heute schwieriger ist für junge Künstlerinnen und Künstler, ein Publikum zu erreichen – einerseits. Andererseits kann man auch argumentieren, dass es so viele verschiedene Medien gibt, die wiederum dabei helfen. Vielleicht ist es härter heute – aber ich denke trotzdem: Die guten Sachen setzen sich durch. Also würde ich hoffen, dass wir auch heute Erfolg haben würden.
Buchmann: Sie waren natürlich ernsthaft und zielgerichtet als Band, wie Sie erzählt haben, aber es war auch eine Zeit des Lebens, des Tanzens und Feierns – also sehr hedonistisch, wie Sie auch in Ihrem Buch geschrieben haben. Waren die 80er eine hedonistische Zeit für Sie – und warum? Immerhin gab es damals ja auch diverse Probleme.
Ridgeley: Ich denke, junge Menschen sind immer so, dass sie das Vergnügen suchen und das Leben in vollen Zügen genießen. Ich glaube nicht, dass das in anderen Zeiten unterschiedlich war, sei es in den 50ern, 60ern oder 70ern. Wir waren auch nicht anders als alle anderen jungen Menschen und ich glaube, das ist heute immer noch so.
Buchmann: Würden Sie zustimmen, wenn ich sage: Die 80er sind eine Art Symbol für eine sorgenfreie Zeit? In der nicht so viel über Probleme nachgedacht wurde, seien es Umweltthemen, Kriege oder aufkommender Nationalismus?
Ridgeley: Nein, das würde ich nicht sagen. Der Kontext war gar nicht so anders, damals ging es zurück auf den Vietnam-Krieg in den 60ern oder es gab den Kampf um die Gleichberechtigung der Schwarzen in den USA. Jede Zeit hat so ihre besonderen Themen. Und ich glaube nicht, dass die heutigen größer sind als die der Vergangenheit.
Begegnung mit Jimmy Page
Buchmann: Welche Begegnung mit anderen berühmten Musikern ist Ihnen aus der Wham!-Zeit noch besonders in Erinnerung geblieben?
Ridgeley: Wie ich auch im Buch geschrieben habe: Die amüsanteste und schrägste Begegnung war die, als ich Jimmy Page traf. Er kam mit seiner Tochter.
Buchmann: Stimmt, sie war ein großer Wham!-Fan.
Ridgeley: Ja genau, und so wurde er von ihr quasi gezwungen, George und mich zu treffen. Das war ein besonderer Moment für mich, denn Jimmy Page war ein Rock-Gott und ich hätte in meinen wildesten Träumen nie gedacht, dass er jemals kommen würde, um mich zu treffen. Das war zumindest eine sehr surreale Begegnung.
Wir haben noch länger mit Andrew Ridgeley gesprochen - hören Sie hier die Langfassung des Corsogesprächs auf Englisch
Buchmann: Haben Sie verstanden, warum George Michael bei Wham! aufhören wollte, um seine Solo-Karriere zu starten? War es wirklich so einfach: Okay, ich weiß, das ist der Weg, den du gehen solltest – also lasse ich dich ziehen?
Ridgeley: Nun, es war ja nicht so, dass George Wham! verlassen wollte – wir haben beide gemerkt, dass seine Fähigkeiten, Songs zu schreiben, immer mehr gewachsen sind. Und Wham! war auch der Ausdruck unserer Jugend und unserer Freundschaft, die wir repräsentiert haben und quasi durch die Musik gelebt hat. Und als wir älter geworden sind, waren diese Parameter dann zu beengend. Damit er sich als Songwriter weiter entwickeln konnte, musste er weiter ziehen, das war uns beiden klar.
Andrew Ridgeley (l) und George Michael, während eines Auftritts
"Wham" auf der Bühne (picture-alliance / dpa)
Buchmann: Was haben Sie nach dem Ende von Wham! gemacht? Wie haben Sie ihr Geld verdient? Eine kurze Karriere als Formel 3 Fahrer war ja nicht so erfolgreich.
Ridgeley: Ich war privilegiert, keinen anderen Job finden zu müssen, ich hatte genug Einkommen durch Wham!. Formel 3 war nur ein Hobby, das ich ergriffen habe, weil ich es konnte, es war keine Karriere. Ich war niemals gezwungen, einen 9 to 5 Job zu ergreifen.
Buchmann: Also, Sie haben genug verdient während der Wham!-Zeit und auch im Anschluss mit dem Airplay der Songs, mit dem Verkauf von Platten und CDs?
Ridgeley: Ja.
Buchmann: Vermissen Sie George Michael – beziehungsweise: Was vermissen Sie am meisten von ihm?
Ridgeley: Nun, jeder würde einen Freund vermissen, der einem so nahe war, wie George und ich einander waren. Mir fehlen besonders die Momente, die man mit engen Freunden eben hat: Nur wir zwei, über irgendwas Dummes reden, zusammen was trinken - diese intimen Augenblicke, wenn du einfach nur du selbst bist. Das vermisse ich wirklich.
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