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Autogas
Weniger Gasautos auf der Straße

Eine umweltfreundlichere Alternative zum klassischen Benzin oder Diesel sind Fahrzeuge, die mit Gas betrieben werden, zum Beispiel mit LPG. Doch der Verkauf solcher Autos geht zurück - und das hat auch mit dem niedrigen Benzinpreis zu tun.

Von Philip Banse | 13.06.2016
    Unzählige Autos fahren bei Nacht auf einer Autobahn und erzeugen rote und gelbe Lichtspuren.
    Autogas könnte eine umweltfreundlichere Alternative zu Benzin und Diesel darstellen. (imago/McPHOTO)
    "In der Regel ist der Tank in der Radmulde. 60 Prozent aller Fahrzeuge werden heute ohnehin ohne Reserverad ausgeliefert, 85 aller Fahrzeuge haben diese Tankvariante."
    Diplomingenieur Thorsten Hirschfeld ist Inhaber der Werkstatt AATS, kurz für Alternative Antriebe, technische Sonderlösungen. Hirschfeld ist darauf spezialisiert, (*) Benzinautos mit Gasantrieb aufzurüsten.
    "Das ist hauptsächlich der Verdampfer, der aus dem Flüssiggas das gasförmige Gas macht, die Einspritzeinheit, die den Motor versorgt neben der Benzineinspritzung, die dann zurückgefahren wird. Und das Wichtigste ist natürlich der Tank."
    Autogas oder LPG ist ein Gemisch aus Butan und Propan, das schon bei geringem Druck flüssig wird und sich deshalb gut für die Nachrüstung eignet – anders als Erdgas, das in Autos mit über 200 bar gespeichert werden muss (*). Autogas produziert 80 Prozent weniger Stickoxid und knapp 20 Prozent weniger CO2, zählt zu den umweltfreundlichsten Auto-Antrieben.
    Die Reichweite vergrößert sich durch den klimafreundlichen Umbau sogar, weil (**) Benzinantrieb ja auch mit Autogas weiter möglich ist. Noch dazu kostet Autogas aktuell nur knapp halb so viel wie Diesel. Und obwohl Gasautos etwas mehr verbrauchen und der Umbau Geld kostet, spart Autogas unterm Strich Geld, sagt Fahrzeugtechniker Thorsten Hirschfeld – wenn das Auto mindestens 20.000 Kilometer im Jahr fährt:
    "Es lohnt sich immer noch und die 20.000 Kilometer stehen immer noch: Wenn man 20.000 Kilometer fährt mit einem normalen Durchschnitts-Vierzylinder hat man einen Umrüstpreis von 2.200 bis 2.300 Euro und ist nach einem Jahr und acht Monaten im Plus."
    Geringe Nachfrage nach Gasautos
    Dennoch ist die Nachfrage nach Autos die mit Erdgas oder Autogas angetrieben werden, gering: Nur gut eins von 100 Autos fährt in Deutschland mit Autogas. Tendenz sinkend. Nach Statistiken des Kraftfahrtbundesamtes fuhren vor zwei Jahren in Deutschland über 500.000 Flüssiggas-Autos, nie waren es mehr. Heute sind es 25.000 Autos weniger.
    Auch die Zahl der Erdgas-Autos ist leicht gesunken auf aktuell gut 80.000 Erdgas-Autos in Deutschland. Gründe für die Gasflaute gibt es viele: Autogas-Tanken im Ausland geht oft nur mit Adapter; Gasmotoren brauchen mehr Wartung, die Geld kostet, Vollgas ist keine gute Idee, weil die Motorventile zu heiß werden. Und viele moderne Direkteinspritzermotoren lassen sich nicht technisch sauber auf Autogas umrüsten.
    Aktuell kommt hinzu: Benzin und Diesel sind sehr billig, der Preisvorteil von Autogas und Erdgas ist aktuell gering, sagt Jürgen Resch von der Deutschen Umwelthilfe:
    "Ja, wir sehen tatsächlich mit den niedrigen Spritpreisen eine sehr niedrige Nachfrage nach den sauberen Erdgasantrieben oder den LPG-Umrüstungen."
    Subventionen für Diesel schaden Gasantrieb
    Resch fordert von der Politik, fossile Spritschlucker mit Strafzahlungen zu belasten, um umweltfreundliche Antriebe zu subventionieren. Außerdem müsse die Politik Diesel teurer machen:
    "Wir haben im Moment eine Subventionierung von 17 Cent für Diesel. Das ist angesichts der damit verbundenen Gesundheits- und auch Umweltgefahren anachronistisch. Wann, wenn nicht jetzt, könnte man diese aus der Zeit gefallene Subventionierung streichen?"
    Auch Autogas-Umrüster Thorsten Hirschfeld sagt: Teurer Diesel würde Autogas helfen.
    "Definitiv. Es würde auf alle Fälle darauf hinauslaufen, dass Gas mehr nachgefragt werden würde. Denn wirklich Unterstützung heißt Geld. Menschen reagieren nur auf etwas, wenn es Geld gibt oder wenn es Geld zu sparen gibt."
    Bleiben noch die technischen Probleme mit einigen Autogas-Anlagen. Das Internet ist voll mit Videos und Foren-Berichten: explodierende Tanks, undichte Leitungen, beschädigte Motoren. Ursache dieser Probleme sei eigentlich immer ein billiger, nicht sachgemäßer Einbau der Autogas-Anlage, sagt Johannes Boos vom ADAC:
    "Es gibt sehr günstige Angebote häufig aus anderen Ländern, aus dem osteuropäischen Raum etwa. Da hat sich in der Vergangenheit tatsächlich gezeigt, dass sie unter Umständen dann Probleme haben bei der TÜV-Abnahmen oder bei der Abnahme durch die Dekra, also bei der Hauptuntersuchung dann. Da empfiehlt es sich, das von einem Fachbetrieb machen zu lassen. Und dann 100 oder 200 Euro mehr dafür zu zahlen."
    (*) Anmerkung der Redaktion: Ursprünglich hieß es an dieser Stelle, Erdgas werde erst bei 250bar flüssig. Diesen Fehler haben wir korrigiert.
    (**) Anmerkung der Redaktion: Ursprünglich war hier fälschlicherweise auch von Dieselfahrzeugen die Rede.