Archiv


Autoindustrie und Klimaschutz

Vor einem Monat hat die EU-Kommission Vorschläge für Umweltauflagen für die Autoindustrie angekündigt. Danach soll der CO2-Ausstoß von Neuwagen bis zum Jahr 2020 im Schnitt um ein Viertel sinken. Umwelt- und Verkehrsverbände haben sich nun die Vorschläge genauer angeschaut und erläutert, was die diskutierten Grenzwerte aus ihrer Sicht für die Pkw-Hersteller und für den Klimaschutz bedeuten.

Von Dieter Nürnberger |
    Grundsätzlich sagen die Umweltverbände erst einmal "Ja" zum Sachverhalt, dass auf EU-Ebene ab dem Jahr 2012 Grenzwerte für den CO-2-Ausstoß bei Automobilen gelten sollen. Das ist sozusagen der kleinste gemeinsame Nenner. Im Detail aber haben die Verbände heute Vormittag sehr viel Kritik geäußert und natürlich auch dargelegt, wie - aus ihrer Sicht - eine effektivere Lösung gefunden werden könnte, um notwendige Fortschritte beim Klimaschutz Im Verkehrsbereich zu erzielen. Gerd Lottsiepen, der verkehrspolitische Sprecher des Verkehrsclubs Deutschland, sagt, dass die EU-Vorgaben zur CO-2-Reduktion nicht ausreichen würden:

    "Es gibt in diesem EU-Entwurf keine zulassungsrelevanten Grenzwerte, sondern nur strafrelevante. Wer überschreitet, muss zahlen! Die Strafen sind aber zu niedrig, auch daran muss noch gearbeitet werden. Und der CO-2-Wert, der in der Verordnung drin steht, ist von 120 auf 130 Gramm pro Kilometer verwässert worden. Die Fahrzeuge müssen also nur noch 130 Gramm schaffen und nicht wie vorher immer angedacht 120 Gramm. "

    Gleichzeitig fordert man die Bundesregierung und auch die deutschen Autohersteller auf, ihren Widerstand gegen die Brüsseler Pläne aufzugeben und nicht noch weiter zu verwässern. Im Maßnahmenpaket der Kommission vermissen die Verbände auch eine klare Abgrenzung nach unten. Hier könne durch das Ordnungsrecht einiges erreicht werden, um die schlimmsten Klimasünder unter den Automobilen langfristig aus dem Verkehr zu ziehen. Jürgen Resch, der Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe macht daher folgenden Vorschlag:

    "Deswegen treten wir für ein klares Maßnahmenpaket ein, das zum einen nach oben hin abschneidet und nach unten eine Grenze zieht. Man muss sagen, ineffizienter darf ein Auto nicht werden. In Europa haben wir dies beispielsweise schon bei Produkten wie dem Kühlschrank. Es ist nicht mehr zulässig, in Deutschland und Europa einen Kühlschrank auf den Markt zu bringen, der ineffizienter als die Effizienzstufe C ist. Das ist einfach verboten. Das sollte bei Autos genauso sein. Fahrzeuge, die etwa jenseits von 250 Gramm pro Kilometer liegen, die müssen wir irgendwann verabschieden - als nicht mehr zeitgemäße Fahrzeuge."

    Als konzeptionell falsch wird zudem der Vorschlag der Kommission bewertet, die Orientierung des vorgegebenen CO-2-Grenzwertes am Gewicht der Fahrzeuge festzumachen. Dies würde keinen ausreichenden Anreiz für die Hersteller schaffen, die Emissionen zu verringern. Ganz im Gegenteil, sagt Jürgen Resch, die Produzenten größerer Fahrzeuge bräuchten nur mehr Aluminium oder auch Kunststoff verbauen, um die Grenzwerte dann einzuhalten. Es gäbe dazu eine Alternative, sagt Jürgen Resch:

    "Wir meinen, dass die Größe, das lässt sich am Besten über die Fläche messen, am wenigsten manipulierbar ist. Wer einen Kleinwagen, einen Zweisitzer baut, der hat ein großes Interesse daran, dass er kleine Abmessungen hat. Umgekehrt: Ein Siebensitzer, oder auch ein großer Kombi, hat halt einfach per se den größeren Raum, denn er verkauft sich einfach über die größere Fläche. Hier sollte dringend nachgesteuert werden. "

    Leider, so die Umweltverbände, hätten sich in vielen Fachfragen innerhalb des EU-Kommissionsvorschlages mal wieder die Lobbyisten der Autoindustrie durchgesetzt. Man sollte aufhören zu jammern, sagt Gerd Lottsiepen, der VCD-Verkehrsexperte, denn ein Blick auf die Automobilliste in Deutschland zeige, dass es schon heute längst entsprechende Modelle gäbe. Dies zeige, dass es möglich sei, so Lottsiepen:

    "Das beste Fahrzeug derzeit ist der "Toyota Prius", ein Hybridfahrzeug, welches 30 Gramm besser ist als der rechnerische Wert für ein Fahrzeug mit diesem Gewicht. Und wenn man sich die weiteren Fahrzeuge anschaut, dann sieht man auch, dass sich hier nicht nur lauter Kleinfahrzeuge befinden. Es gibt auch Fahrzeuge, die relativ groß und stark motorisiert sind. Sie finden hier den "3er BMW", sie finden den "Audi A3", Sie finden Großraumfahrzeuge wie den "Ford Focus". "

    Und deswegen verstehe man auch die Bedenken der deutschen Hersteller nicht. Es gäbe diese positiven Beispiele, und sie würden eindrucksvoll widerlegen, dass es nicht möglich sei, auf breiter Front ab dem Jahr 2012 ambitionierte Klimaschutzvorgaben bei den Emissionen anzugehen.