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Automechanikerin und Kindergärtner
Initiative wirbt für klischeefreie Berufswahl

Frauen, die Autos reparieren - Männer, die im Kindergarten tätig sind: Beides ist noch immer die Ausnahme. Auch an den Hochschulen sind Studentinnen in naturwissenschaftlichen Fächern unterrepräsentiert. Die Initiative „Klischeefrei“ will das ändern.

Von Sören Brinkmann |
Die 26-jährige Kerstin Apel ist Prozess-Ingenieurin im Arcelor Mittal Konzern in Eisenhüttenstadt und steht in der Verzinkerei des Unternehmens neben sogenannten Stahlcoils
Die Initiative „Klischeefrei“ hat ein Infoportal entwickelt, das für eine Geschlechterausgewogenheit in Berufen wirbt und über Ausbildungsmöglichkeiten informiert (dpa / picture alliance / Patrick Pleul)
"Wir wollen, dass sich die Geschlechter einigermaßen ausgewogen auf alle Berufe verteilen, weil wir davon ausgehen, dass die Fähigkeiten und Potentiale auch sich nicht zwischen Geschlechtern sondern zwischen Individuen unterscheiden. Und das sollte sich dann entsprechend auf dem Arbeitsmarkt und dem Ausbildungsmarkt auch widerspiegeln."
Miguel Diaz ist Mitinitiator des Projektes "Klischeefrei". Bisher sei nur in einem von zehn Berufen das Zahlenverhältnis zwischen Männern und Frauen mehr oder weniger ausgeglichen. Immer noch dominierten bei der Berufs- und Studienwahl die klassischen Rollenbilder.
"Hast du schon einen Berufswunsch? Denkst du dabei auch an Berufe, in denen meistens Männer arbeiten, wie zum Beispiel Kfz-Mechatroniker oder Informatiker? Kannst du dir auch vorstellen, etwas ganz anderes zu machen? Der Boys Day bietet dir die Gelegenheit, Berufe näher kennenzulernen und herauszufinden, was zu dir passt."
Klischeefrei und praxisnah über Berufe informieren
Mit Aktionen zum bundesweiten Boys- und Girls Day versucht "Klischeefrei" geschlechterübergreifend und praxisnah über Berufe zu informieren. Die Initiative wird von der Bundesregierung gefördert. Außerdem hat die Initiative seit ihrer Gründung vor zweieinhalb Jahren Kooperationen aufgebaut mit inzwischen rund 170 Partnern, darunter Stadtverwaltungen, die großen Arbeitnehmer- und Arbeitgeberverbände sowie Schulen und Hochschulen.
Eine davon ist die Uni Paderborn, an der besonders viele sogenannte MINT-Fächer angeboten werden – Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik. Gerade hier sei noch viel zu tun, bis diese Fächer auch für Frauen selbstverständlich werden, meint Franziska Pestel.
"Es gibt im Grundschulalter einen Test, wo die Kinder Wissenschaftler zeichnen; und die zeichnen alle Einstein. Also die zeichnen zu über 90 Prozent einen verrückten, alten Mann, weiß, mit weißen Haaren, der einen Kittel anhat. Und die allerwenigsten malen eine Frau."
Ein sehr mühsamer Prozess
Franziska Pestel leitet an der Uni Paderborn das Programm "Frauen gestalten die Informationsgesellschaft". Sie organisiert regelmäßig Probevorlesungen für junge Frauen, die sich über MINT-Fächer informieren wollen. Dabei gibt es auch eine Art Speed-Dating, um weibliche Vorbilder in typischen Männerberufen kennenzulernen.
Doch bei der Frage nach dem Erfolg solcher Programme wirkt Franziska Pestel ernüchtert.

"Es ist ein sehr mühsamer Prozess. Es ist vor allem als einzelne Hochschule sehr schwierig. Alle sind sich eigentlich einig, es geht zu langsam, da muss eigentlich viel mehr passieren. Das sind so einzelne Prozentpunkte, die dann nach oben gehen, das ist zu wenig."
Eine Trendwende bisher kaum feststellbar
Die Fakultät für Maschinenbau an der Uni Paderborn: Auf Plakaten von Forschungsprojekten und auf den Fluren ist es augenfällig: Männer sind in der absoluten Überzahl. Nur 14 Prozent der Studierenden hier sind weiblich. Und eine Trendwende lasse sich nicht erkennen, stellt Markus Anneken fest, der in der Fachschaft aktiv ist.
"Der Frauenanteil ist wirklich noch gering. Was man schon sagen muss, dass der Frauenanteil im Bachelorbereich am geringsten ist und dass der sich dann über Master zu wissenschaftlichen Mitarbeitern steigert."
Immerhin: Die wenigen Studentinnen halten im MINT-Bereich besser durch als ihre männlichen Kommilitonen. Bis eines Tages eine klischeefreie Berufs- und Studienwahl Wirklichkeit wird, brauche man aber einen langen Atem, sagt Miguel Diaz – und noch mehr Kooperation. Dabei soll ein neues Portal helfen, in dem Arbeitsmaterialien, Studien oder Infobroschüren und Videos zusammengefasst sind.
"An vielen Punkten muss man ganz klar sagen: das Rad muss nicht neu erfunden werden. Es ist vieles an pädagogischen Materialien da, es gibt tolle Anregungen. Wir stellen auch vieles, was andere entwickelt haben, bei uns auf die Webseite ein. Und das findet man dann mit der Infothek mit einem Schlagwortregister und findet auch gute Beispiele."
Lesegeschichten für Kitas, in denen naturwissenschaftliche Alltagsphänomene erklärt werden. Videos, in denen Männer ihre Arbeit zum Beispiel im Pflegebereich vorstellen oder auch Infomaterialien für Lehrerinnen und Lehrer.
"Wie führe ich einen Elternabend zu dem Thema durch, wie kann ich im Kollegium dafür sensibilisieren. Es braucht Ideen."
So soll das Thema klischeefreie Berufswahl in allen Bildungsbereichen noch besser in den Fokus gerückt werden, sagt Miguel Diaz. Von der Kita bis zur Hochschule oder zum Unternehmen.