Donnerstag, 25. April 2024

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Autopreis "Gelber Engel"
ADAC-Kommunikationschef legt Amt nieder

Der ADAC in ungewohnt defensiver Position: Der erfolgsverwöhnte Automobilklub musste Manipulationen beim Autopreis "Gelber Engel" eingestehen. Kommunikationschef Ramstetter legte sämtliche Funktionen nieder. Kritik hagelt es zuhauf.

19.01.2014
    Eine Kamera steht bei der Preisverleihung des ADAC vor einem Logo mit dem "Gelben Engel".
    Der ADAC hat Manipulationen beim "Gelben Engel" eingeräumt. (dpa / picture-alliance / Tobias Hase)
    Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt ist unzufrieden – mit dem ADAC: "Der Allgemeine Deutsche Automobil-Club hat jetzt die Aufgabe, dafür zu sorgen, dass die Karten auf den Tisch gelegt werden", sagte der CSU-Politiker in München. Verlorenes Vertrauen müsse jetzt wieder zurückgewonnen werden. Die Vorgänge zeigten, dass großen Verbänden manchmal etwas mehr Bescheidenheit im Auftreten gut täte. Die Worte dürften ihm mit einer gewissen Genugtuung über die Lippen gekommen sein. Dobrindt liefert sich derzeit auch einen heftigen Streit mit dem ADAC über die Einführung einer Maut für Ausländer.
    Der ADAC hatte Manipulationen bei der von ihm vergebenen Auszeichnung "Gelber Engel" eingestanden. Vor diesem Hintergrund legte Kommunikationschef Michael Ramstetter seine Ämter nieder. Der 60-Jährige war auch Chefredakteur der Mitgliederzeitschrift "Motorwelt", der neben der "Apotheken Umschau" auflagenstärksten Zeitschrift Deutschlands (ca. 14 Millionen Exemplare). Wie es heißt, hat er die Stimmzahlen bei der Wahl des VW-Golf zum diesjährigen Lieblingsauto der Deutschen geschönt.
    ACE hält nichts von etwaigen Umfragen nach "Lieblingsautos"
    Der Autoclub Europa (ACE) wies unterdessen darauf hin, dass den fälschungssicheren Zulassungszahlen des Kraftfahrtbundesamtes entnommen werden könne, welche Autos die Beliebtesten seien. Demgegenüber sei alles andere offenbar nur "Blendwerk und aufgeblasene Selbstinszenierung".
    Der Grünen-Fraktionsvorsitzende Anton Hofreiter sprach sich wegen des Skandals für Konsequenzen beim ADAC aus. "Einen solchen Betrug darf sich ein Automobilklub mit fast 19 Millionen Mitgliedern nicht leisten", sagte er "Spiegel Online". Der ADAC trage angesichts seiner vielen Mitglieder eine große öffentliche Verantwortung, mit der er gewissenhaft umgehen müsse.
    ADAC kündigt Maßnahmen für die Zukunft an
    Der Klub kündigte an, für künftige Abstimmungen ein notariell überwachtes Verfahren zu entwickeln. Unmittelbar nach Bekanntwerden der ersten Vorwürfe habe man eine lückenlose interne Prüfung angeordnet. Weiter heißt es aus der Zentrale in München, die ADAC-Führung sei zu keinem Zeitpunkt über diese Unregelmäßigkeiten bei der Leserwahl unterrichtet gewesen. Der Klub wies zudem darauf hin, dass von allen neun Preiskategorien des "Gelben Engel" lediglich die durch Leserwahl ermittelte Preiskategorie "Lieblingsauto" betroffen sei.
    Michael Ramstetter, Kommunikationschef und Chefredakteur der Mitgliederzeitung "Motorwelt"
    Michael Ramstetter gab die Manipulationen zu und zog die Konsequenzen. (Tobias Hase, dpa picture-alliance)
    Die "Süddeutsche Zeitung" hatte am Dienstag unter Berufung auf interne Dokumente des ADAC über Vorwürfe berichtet, wonach die Umfrage unter den Lesern der Zeitschrift "Motorwelt" manipuliert wurde. Demnach stimmten deutlich weniger Leser bei der Wahl ab als vom ADAC offiziell angegeben. Der VW-Golf, der zum diesjährigen Lieblingsauto der Deutschen gekürt wurde, habe zehn Mal weniger Stimmen erhalten als behauptet, berichtete die Zeitung.
    VW reagiert verschnupft, Porsche indes verteidigt den ADAC
    Europas größter Autobauer Volkswagen erwartet volle Aufklärung von dem Automobilklub. "Wir müssen denen natürlich auch eine Chance geben, die Sache aufzuklären", sagte ein Sprecher des Wolfsburger Konzerns. Erst dann werde entschieden, wie man weiter vorgehe. "Wir sind nach wie vor der Auffassung, dass der Golf das Lieblingsauto der Deutschen ist." Die Frage sei jedoch, was der Preis bei diesen Begleitumständen überhaupt noch wert sei.
    Unterstützung für den ADAC kommt derweil von der VW-Tochter, dem Sportwagenhersteller Porsche. Die Umfragen und Untersuchungen des ADAC seien grundsätzlich als objektiv einzuschätzen, sagte ein Sprecher des Unternehmens in Zuffenhausen.