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Autorität sieht anders aus

Die Funktionäre der Uefa präsentieren sich gern als mächtige Strippenzieher. Nun wollen sie sich an eine Unterhose hängen, um ihr Image zu festigen. Der dänische Nationalspieler Nicklas Bendtner hatte im Spiel gegen Portugal den Schriftzug einer Wettfirma während seines Torjubels entblößt.

Ein Kommentar von Ronny Blaschke | 18.06.2012
    Die Firma ist im Besitz eines Freundes des Stürmers. Die Uefa bestrafte Bendtner nun mit einem Bußgeld von 100000 Euro und einer Pflichtspielsperre von einem Spiel. Sie verbittet sich kommerzielle und politische Botschaften. Bendtner hat gegen Regeln verstoßen: Die Sanktion ist verständlich. Aber auch deren Ausmaß?

    Die EM ist eine durchkommerzialisierte Veranstaltung, sie bewegt Milliarden. Ein Bierbrauer und ein Schnellimbissrestaurant gehören zu den Premium-Partnern eines Sportereignisses, das Kinder und Jugendliche begeistern soll. Die Uefa zensiert Bilder der Fernsehlive-Übertragungen, sie lässt sich jeden Schritt der Gastgeber absegnen und bestimmt, wer wann wo etwas verdienen darf. Es passt zur Allmachtsfantasie von Uefa-Chef Michel Platini, sich nun mit Hilfe einer Unterhose Autorität verschaffen zu wollen. Schließlich könnte jemand in seinen Kuchen beißen, der nicht dafür gezahlt hat.

    Die Uefa pflegt das Prinzip Law and Order bei dieser EM. Kaum ein Tag vergeht ohne Verfahren: Rassistische Fangesänge, verbotene Fahnen oder Pyrotechnik. Doch es bleibt das Gefühl, dass Entscheidungen willkürlich getroffen werden. Ist Unterhosen-Werbung gravierender als Rassismus oder Gewalt? Die Uefa hat es in den vergangenen Jahren versäumt, einen Kodex der Repression zu etablieren. Und es wäre wünschenswert, wenn die Sheriffs auch in anderen Fällen derart schnell ihre Colts zücken würden. Zum Beispiel, wenn nicht hunderte Millionen Menschen vor dem Fernseher sitzen. In Polen und der Ukraine kommt es während der Europa League regelmäßig zu rassistischen Vorfällen. Die Uefa handelte oft erst auf Drängen von Aktivisten. Autorität sieht anders aus.