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Autosalon Genf
Dicke Autos, mehr PS

Die Diskussionen über den Dieselmotor oder die E-Mobilität spielen vor allem bei den deutschen Herstellern beim 88. Internationalen Autosalon in Genf höchstens eine Nebenrolle. Während Toyota ankündigt, aus der Dieselmotor-Produktion auszusteigen, präsentiert sich die deutsche Konkurrenz mit viel Chrom und hohen PS-Zahlen.

Von Thomas Wagner | 07.03.2018
    Auf dem Internationalen Autosalon in Genf zeigen verschiedene Hersteller ihre neuen Modelle
    Auf dem Internationalen Autosalon in Genf zeigen verschiedene Hersteller ihre neuen Modelle (imago / Geisser)
    "Bei den Wasserstoff-Fahrzeugen hat man eine Schnell-Kupplung, wir haben also eine feste Verbindung. Und dann kann man den Start-Knopf drücken. Das heißt: Dann beginnt automatisiert das Befüllen des Fahrzeuges mit Wasserstoff........"
    Christian Bach, Leiter der Abteilung "Fahrzeug-Antriebssysteme" beim Schweizer Empa-Forschungsinstitut, zeigt auf dem Genfer Automobilsaison die Tankstelle der Zukunft: An den Zapfsäulen kann wahlweise Wasserstoff sowie synthetischer Diesel und synthetisch hergestelltes Benzin getankt werden; alles umweltfreundlich und CO-2-neutral mit Solarenergie gewonnen. Und ein Ladekabel für Elektrofahrzeuge gibt's natürlich auch: Mit alldem soll Autofahren ein Stück weit umweltschonender werden, heißt es.
    PS-Zahl gibt nach wie vor den Ton
    Doch die Mobilität der Gegenwart hört sich derzeit noch so an: Hunderte PS, die unter der hochpolierten Motorhaube röhren, kombiniert mit einer aufwendigen Show: So präsentieren die meisten großen Hersteller in Genf ihre neuen Modelle. Reaktionen auf jüngste Überlegungen des deutschen Umweltbundesamtes, die Einfahrt von Diesel-PKW in schafstoffbelastete städtische Zonen gleich mit zwei blauen Plaketten zu regeln - Fehlanzeige bei den deutschen Herstellern. Ausgerechnet die japanische Marke Toyota kündigt an, angesichts der laufenden kontroversen Diskussion aus der Herstellung von Diesel-PKW auszusteigen. Ein paar hundert Meter weiter, am Stand des deutschen Herstellers Daimler, klingt das, fast schon ein wenig trotzig, genau andersherum:
    "With the white technology, the Diesel has a future. Improving it, is better then banning it!"
    Der Diesel habe durchaus eine Zukunft. Seine Technologie zu verbessern, sei allemal besser als ihn aus dem Verkehr zu verbannen, betont Ola Källenius, im Daimler-Vorstand zuständig für Forschung und Entwicklung. Dass Diesel-PKW modernster Bauart durchaus in der Lage sind, auch im regulären Fahrbetrieb gesetzte Grenzwerte einzuhalten, bestätigte jüngst sogar die ansonsten sehr dieselkritisch argumentierende Deutsche Umwelthilfe. Allerdings: Bei jenen Modellreihen, die bereits seit ein paar Jahren im Markt sind, sieht es häufig anders aus. Und deshalb sind, bestätigte vor einer Woche das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig, erstmals kommunale Fahrverbote möglich. Die allerdings fürchtet die Auto-Branche wie der Teufel das Weihwasser.
    "Die Branche ist nach wie vor der Auffassung, dass die erste Priorität die ist, Ruhe und Sicherheit an die Fahrzeugnutzer zu geben, indem wir Fahrverbote vermeiden. Und vermeiden können wir sie, indem wir die Luftreinhaltung sehr schnell verbessern. Und das tun wir durch Software-Updates, durch einen Fonds der Deutschen Automobilindustrie in Höhe von 250 Millionen Euro zur Verbesserung des Verkehrsflusses, insbesondere für die Digitalisierung in den Städten und für die Erneuerung von Fahrzeugen, die innerstädtisch laufen, wie zum Beispiel Busse und Taxen. Das ist aus dem Fonds der Bundesregierung möglich", betont in Genf Bernd Mattes, Präsident des Verbandes der Deutschen Automobilindustrie VDA. Er weist nicht nur Fahrverbote, sondern auch die Forderung nach Hardware-Nachrüstungen, damit ist der nachträgliche Einbau von leistungsfähigeren Abgasreinigungsanlagen gemeint, zurück.
    "Der Stand der Dinge ist der, das wir jetzt eine Verbesserung der Luft in den Städten brauchen!"
    Sind schnelle Hardware-Nachrüstungen möglich?
    Dieses Ziel werde durch die geforderte Hardware-Nachrüstung aber gerade nicht erreicht. Denn:
    "Hardware-Nachrüstung braucht mindestens zwei bis drei Jahre. Es geht nicht nur darum, einen Filter unters Auto zu schrauben. Sondern es geht um ein Mehr an Technologie: Motorsteuerung etc. Es muss gut erprobt werden und braucht zwei bis drei Jahre, bis es zugelassen werden kann."
    Diesen Einwand können selbst gestandene Umweltschützer nicht so mir nichts, dir nichts beiseite schieben. Und dennoch hält ihn Gerd Lottsiepen vom ökologischen Verkehrsclub VCD in Berlin letztlich nicht für stichhaltig.
    "...denn man hätte längst damit starten können. Natürlich braucht es eine gewisse Entwicklungszeit. Aber die Autohersteller...naja, ich denke mal, die haben nicht völlig geschlafen die letzte Zeit. Deswegen braucht es von jetzt an nicht mehr zwei bis drei Jahre, auch die Zulieferer sind längst in den Startlöchern. Die brauchen nur die Mitarbeit der Autohersteller. Die Zulieferer, die in der Lage sind, solche Nachrüstungen zu bauen, müssen in die Motorsteuerung reinkommen. Dann können wir tatsächlich solche Minderungen von 90 Prozent erreichen. Dafür braucht es nicht zwei bis drei Jahre. Das kann deutlich schneller gehen."
    Und so ist denn ein regelrechter "Glaubenskrieg" darüber ausgebrochen, ob solche Hardware-Nachrüstungen in überschaubaren zeitlichen Rahmen möglich sind oder nicht. Ein nicht minder heftiger Glaubenskrieg tobt zu der Frage, wer für die Kosten der Nachrüstung aufkommen müsste, so sie denn möglich wäre. Die Hersteller müssen zahlen, fordern nicht nur Umweltverbände, sondern beispielsweise auch der grüne baden-württembergische Verkehrsminister Winfried Hermann. Aber lässt sich das so ohne weiteres durchsetzen? Automobil-Fachmann Ferdinand Dudenhöfer von der Universität Duisburg-Essen zeigt sich da in Genf eher skeptisch:
    "Also wenn man es rechtlich betrachtet, hat der Kunde Null Anspruch auf eine Hardware-Nachrüstung, die vom Autobauer bezahlt wird. Das Problem haben die Politiker verursacht, in dem sie schlechte Gesetze gemacht haben, katastrophale Gesetze. Damit haben sie den Autobauern erlaubt, ihre Autos so zu verkaufen, wie sie sie gestern verkauft haben, ohne dass man dann Wiedergutmachungsansprüche und Schadensersatzansprüche gelten machen kann.".