Dirk Müller: Es ist kein Geschenk Gottes. Es ist auch nicht die Hand Gottes, aber immerhin eine Menge Geld: Milliarden, bis zu 9,6 Milliarden Euro. Es ist die Summe, die die Bundesagentur für Arbeit als Überschuss erwirtschaftet hat, sprich: Die Beiträge der Arbeitnehmer und der Arbeitgeber sind höher ausgefallen, als die Ausgaben für Arbeitslose. Da liegt es nahe, die Beiträge demnächst zu senken, doch genau dies ist heftig umstritten.
Am Telefon ist jetzt die sozialdemokratische Finanzexpertin Nina Hauer. Guten Tag!
Nina Hauer: Guten Tag!
Müller: Frau Hauer, warum geben Sie den Beitragszahlern nicht deren Geld zurück?
Hauer: Also ich muss ehrlich sagen, dass diese Idee schon was für sich hat, weil die Leute haben das ja eingezahlt. Es ist erfolgreich zumindest im ALG-I-Bereich gewirtschaftet worden, und es wäre schön, wenn wir dazu beitragen könnten, die Lohnnebenkosten an der Stelle weiter zu senken.
Müller: Dann müssen Sie mit Herrn Steinbrück noch einmal reden?
Hauer: Das wird ja jetzt, wenn alle wieder nach Berlin kommen, auch der Fall sein.
Müller: Also das ist für Sie völlig indiskutabel, innerhalb der Bundestagsfraktion dafür zu stimmen, mit diesem Geld, mit diesen Überschüssen aus der Bundesagentur für Arbeit möglicherweise Haushaltslücken zu stopfen?
Hauer: Nein, indiskutabel ist das nicht. Haushaltskonsolidierung ist ein wichtiges Projekt dieser Bundesregierung. Das sind wir auch den nachfolgenden Generationen schuldig. Wir machen das ja nicht zum Selbstzweck. Deswegen finde ich diese Debatte schon sehr rational. Ich kann die Haushaltspolitiker auch verstehen, die sagen, wir müssen darauf achten, dass wir Maastricht nicht noch mal reißen und dass wir nicht zu hohe Schulden auftürmen. Das finde ich auch richtig. Ich finde aber in diesem Punkt, wo es gerade um die Überschüsse der Bundesagentur für Arbeit geht, kann man schon noch mal darüber reden oder zur Diskussion stellen, ob man nicht dafür die Mittel verwendet, dass man die Beiträge bei den Beschäftigten an dieser Stelle senkt.
Müller: Weil die Beiträge dem Beitragszahler gehören?
Hauer: Nicht weil sie ihm gehören - das funktioniert vom Prinzip her anders -, aber weil das natürlich dazu führen wird, dass die Leute weniger aufwenden müssen in dem Sozialabgabenbereich. Und ich bin schon der Meinung, dass das auch dazu führt, dass mehr Leute eingestellt werden können. Deswegen würde ich das als einen Vorschlag finden, den man überprüfen muss.
Müller: Sind die Lohnnebenkosten zu hoch?
Hauer: Die Lohnnebenkosten sind in dem Maße, in dem wir unseren Sozialstaat finanzieren, nicht zu hoch, aber wir dürfen natürlich auch nicht vergessen, dass in den nächsten Jahren auch im Zuge der demografischen Entwicklung es schon auch so sein wird, dass wir mehr Beteiligung am Sozialstaat brauchen. Wir dürfen nicht höher steigen, weil sonst sie wirklich auch für die Beschäftigten nicht mehr bezahlbar.
Müller: Wenn, wie Sie sagen, die Lohnnebenkosten nicht zu hoch sind, müsste man ja darüber dann nachdenken können, ob man sie dann überhaupt senken soll. Aber wenn das nicht so ist, wie Sie es sagen, dann tragen Lohnnebenkosten demnach nicht zur wirtschaftlichen Weiterentwicklung bei?
Hauer: Doch, deswegen sage ich ja, es wäre von Vorteil, wenn wir da mehr Spielraum hätten und sagen könnten, wir wollen an dieser Stelle noch mal die Chance nutzen und diesen Beitrag einfach denjenigen erlassen, die ja mit ihrer Arbeit nicht nur die Sozialabgaben finanzieren, sondern auch die Steuern, und die auch diesen Staat am Laufen, am Leben halten und ihn auch zukunftssicher machen.
Müller: Meinen Sie, Sie könnten dort einen Konsens, eine Einigung finden mit den Haushaltspolitikern, die da sagen, wir müssen konsolidieren? Sie haben eben die nachfolgende Generation angesprochen. Da geht es um Konsolidierung. Das hat absolute Priorität?
Hauer: Das ist eben die Frage. Deswegen sage ich, es ist ein Diskussionsvorschlag zu sagen, wir verwenden das für die Senkung der Beiträge. Ich finde trotzdem, dass der Einwand der Haushaltspolitiker berechtigt ist, weil: Wir dürfen nicht vergessen, dass das, was wir jetzt verbrauchen, das steht für die nächste Generation nicht zur Verfügung. Auch die nächsten Generationen werden einen Staat brauchen, der handlungsfähig ist, der eingreifen kann, der investieren kann im Bereich Bildung, Forschung und so weiter. Dafür ist es wichtig, dass unsere Staatsfinanzen solide aufgestellt sind.
Müller: Was aber der Beitragszahler an Beiträgen bezahlen muss, das hat er wiederum auch nicht in seiner Tasche?
Hauer: Ja, deswegen ist ja die Diskussion jetzt offensichtlich auch darüber entstanden, wie verwendet man diese Überschüsse. Das werden wir jetzt gemeinsam auch diskutieren können.
Müller: Sehen Sie da eine Chance, Müntefering und Steinbrück von diesem Kurs zu überzeugen?
Hauer: Das kann ich nicht sagen, wie sich die Bundesregierung dort verhalten wird. Ich kann nur als Parlamentarierin sprechen und sagen, was meine Vorstellungen sind.
Müller: Das ist offenbar nicht die Vorstellung der Mehrheit in der SPD. Ist die SPD auch aus Ihrer Sicht zu sehr immer noch staatspolitisch orientiert?
Hauer: Nein, im Gegenteil. Wenn es eine Partei gegeben hat, die in den letzten Jahren dafür gesorgt hat, dass die Bürger wieder mehr Geld in der Tasche haben, dann sind es ja die Sozialdemokraten. Die sprudelnden Staatsfinanzen zeigen ja auch, dass wir mit unserer Steuerpolitik den richtigen Weg gegangen sind. Wir haben die Grundlage bei den Unternehmen verbreitert, haben aber Einkommenssteuer massiv gesenkt. Das zahlen ja auch die Beschäftigten. Wir haben Körperschaftssteuer massiv gesenkt. Das ist schon ein vernünftiger Weg. Trotzdem wissen wir alle, dass wir auch staatliches Handeln brauchen. Wir haben einfach Aufgaben zu bewältigen, die man nicht alleine dem Markt überlassen kann, zum Beispiel die Qualifikation unserer jungen Leute.
Müller: Tragen Sie denn, Frau Hauer, die drei Prozent Mehrwertsteuererhöhung nach wie vor immer noch mit?
Hauer: Wir haben die drei Prozent Mehrwertsteuererhöhung beschlossen. Das war keine sozialdemokratische Idee. Das war die Kröte, die wir in der Koalitionsverhandlung haben schlucken müssen. So ist das eben, wenn man einen Koalitionsvertrag am Ende finden muss. Dann muss man auch kompromissbereit sein. Und das ist jetzt beschlossen. Ich halte nichts davon, jetzt zu sagen, wir wollen das wieder zurücknehmen. So sind unsere Schulden in Deutschland entstanden, dass wir in guten Zeiten gedacht haben, jetzt können wir das Geld ausgeben, die Zeiten sind gut, und in schlechten Zeiten dann gedacht haben, jetzt muss der Staat viel Geld ausgeben, weil die Zeiten schlecht sind. So kommt man natürlich dahin, dass man die Staatsverschuldung hat, die wir haben.
Müller: Die SPD-Finanzpolitikerin Nina Hauer war das. Vielen Dank für das Gespräch und auf Wiederhören.
Hauer: Dankeschön, Wiederhören.
Am Telefon ist jetzt die sozialdemokratische Finanzexpertin Nina Hauer. Guten Tag!
Nina Hauer: Guten Tag!
Müller: Frau Hauer, warum geben Sie den Beitragszahlern nicht deren Geld zurück?
Hauer: Also ich muss ehrlich sagen, dass diese Idee schon was für sich hat, weil die Leute haben das ja eingezahlt. Es ist erfolgreich zumindest im ALG-I-Bereich gewirtschaftet worden, und es wäre schön, wenn wir dazu beitragen könnten, die Lohnnebenkosten an der Stelle weiter zu senken.
Müller: Dann müssen Sie mit Herrn Steinbrück noch einmal reden?
Hauer: Das wird ja jetzt, wenn alle wieder nach Berlin kommen, auch der Fall sein.
Müller: Also das ist für Sie völlig indiskutabel, innerhalb der Bundestagsfraktion dafür zu stimmen, mit diesem Geld, mit diesen Überschüssen aus der Bundesagentur für Arbeit möglicherweise Haushaltslücken zu stopfen?
Hauer: Nein, indiskutabel ist das nicht. Haushaltskonsolidierung ist ein wichtiges Projekt dieser Bundesregierung. Das sind wir auch den nachfolgenden Generationen schuldig. Wir machen das ja nicht zum Selbstzweck. Deswegen finde ich diese Debatte schon sehr rational. Ich kann die Haushaltspolitiker auch verstehen, die sagen, wir müssen darauf achten, dass wir Maastricht nicht noch mal reißen und dass wir nicht zu hohe Schulden auftürmen. Das finde ich auch richtig. Ich finde aber in diesem Punkt, wo es gerade um die Überschüsse der Bundesagentur für Arbeit geht, kann man schon noch mal darüber reden oder zur Diskussion stellen, ob man nicht dafür die Mittel verwendet, dass man die Beiträge bei den Beschäftigten an dieser Stelle senkt.
Müller: Weil die Beiträge dem Beitragszahler gehören?
Hauer: Nicht weil sie ihm gehören - das funktioniert vom Prinzip her anders -, aber weil das natürlich dazu führen wird, dass die Leute weniger aufwenden müssen in dem Sozialabgabenbereich. Und ich bin schon der Meinung, dass das auch dazu führt, dass mehr Leute eingestellt werden können. Deswegen würde ich das als einen Vorschlag finden, den man überprüfen muss.
Müller: Sind die Lohnnebenkosten zu hoch?
Hauer: Die Lohnnebenkosten sind in dem Maße, in dem wir unseren Sozialstaat finanzieren, nicht zu hoch, aber wir dürfen natürlich auch nicht vergessen, dass in den nächsten Jahren auch im Zuge der demografischen Entwicklung es schon auch so sein wird, dass wir mehr Beteiligung am Sozialstaat brauchen. Wir dürfen nicht höher steigen, weil sonst sie wirklich auch für die Beschäftigten nicht mehr bezahlbar.
Müller: Wenn, wie Sie sagen, die Lohnnebenkosten nicht zu hoch sind, müsste man ja darüber dann nachdenken können, ob man sie dann überhaupt senken soll. Aber wenn das nicht so ist, wie Sie es sagen, dann tragen Lohnnebenkosten demnach nicht zur wirtschaftlichen Weiterentwicklung bei?
Hauer: Doch, deswegen sage ich ja, es wäre von Vorteil, wenn wir da mehr Spielraum hätten und sagen könnten, wir wollen an dieser Stelle noch mal die Chance nutzen und diesen Beitrag einfach denjenigen erlassen, die ja mit ihrer Arbeit nicht nur die Sozialabgaben finanzieren, sondern auch die Steuern, und die auch diesen Staat am Laufen, am Leben halten und ihn auch zukunftssicher machen.
Müller: Meinen Sie, Sie könnten dort einen Konsens, eine Einigung finden mit den Haushaltspolitikern, die da sagen, wir müssen konsolidieren? Sie haben eben die nachfolgende Generation angesprochen. Da geht es um Konsolidierung. Das hat absolute Priorität?
Hauer: Das ist eben die Frage. Deswegen sage ich, es ist ein Diskussionsvorschlag zu sagen, wir verwenden das für die Senkung der Beiträge. Ich finde trotzdem, dass der Einwand der Haushaltspolitiker berechtigt ist, weil: Wir dürfen nicht vergessen, dass das, was wir jetzt verbrauchen, das steht für die nächste Generation nicht zur Verfügung. Auch die nächsten Generationen werden einen Staat brauchen, der handlungsfähig ist, der eingreifen kann, der investieren kann im Bereich Bildung, Forschung und so weiter. Dafür ist es wichtig, dass unsere Staatsfinanzen solide aufgestellt sind.
Müller: Was aber der Beitragszahler an Beiträgen bezahlen muss, das hat er wiederum auch nicht in seiner Tasche?
Hauer: Ja, deswegen ist ja die Diskussion jetzt offensichtlich auch darüber entstanden, wie verwendet man diese Überschüsse. Das werden wir jetzt gemeinsam auch diskutieren können.
Müller: Sehen Sie da eine Chance, Müntefering und Steinbrück von diesem Kurs zu überzeugen?
Hauer: Das kann ich nicht sagen, wie sich die Bundesregierung dort verhalten wird. Ich kann nur als Parlamentarierin sprechen und sagen, was meine Vorstellungen sind.
Müller: Das ist offenbar nicht die Vorstellung der Mehrheit in der SPD. Ist die SPD auch aus Ihrer Sicht zu sehr immer noch staatspolitisch orientiert?
Hauer: Nein, im Gegenteil. Wenn es eine Partei gegeben hat, die in den letzten Jahren dafür gesorgt hat, dass die Bürger wieder mehr Geld in der Tasche haben, dann sind es ja die Sozialdemokraten. Die sprudelnden Staatsfinanzen zeigen ja auch, dass wir mit unserer Steuerpolitik den richtigen Weg gegangen sind. Wir haben die Grundlage bei den Unternehmen verbreitert, haben aber Einkommenssteuer massiv gesenkt. Das zahlen ja auch die Beschäftigten. Wir haben Körperschaftssteuer massiv gesenkt. Das ist schon ein vernünftiger Weg. Trotzdem wissen wir alle, dass wir auch staatliches Handeln brauchen. Wir haben einfach Aufgaben zu bewältigen, die man nicht alleine dem Markt überlassen kann, zum Beispiel die Qualifikation unserer jungen Leute.
Müller: Tragen Sie denn, Frau Hauer, die drei Prozent Mehrwertsteuererhöhung nach wie vor immer noch mit?
Hauer: Wir haben die drei Prozent Mehrwertsteuererhöhung beschlossen. Das war keine sozialdemokratische Idee. Das war die Kröte, die wir in der Koalitionsverhandlung haben schlucken müssen. So ist das eben, wenn man einen Koalitionsvertrag am Ende finden muss. Dann muss man auch kompromissbereit sein. Und das ist jetzt beschlossen. Ich halte nichts davon, jetzt zu sagen, wir wollen das wieder zurücknehmen. So sind unsere Schulden in Deutschland entstanden, dass wir in guten Zeiten gedacht haben, jetzt können wir das Geld ausgeben, die Zeiten sind gut, und in schlechten Zeiten dann gedacht haben, jetzt muss der Staat viel Geld ausgeben, weil die Zeiten schlecht sind. So kommt man natürlich dahin, dass man die Staatsverschuldung hat, die wir haben.
Müller: Die SPD-Finanzpolitikerin Nina Hauer war das. Vielen Dank für das Gespräch und auf Wiederhören.
Hauer: Dankeschön, Wiederhören.
