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Babylon Berlin
Wie Öffentlich-Rechtliche und Private gemeinsame Sache machen

"Babylon Berlin" soll die deutsche Antwort auf Serien wie "House of Cards" oder "Game of Thrones" sein. Um das millionenschwere Projekt stemmen zu können, teilen sich ARD und Sky die Kosten. Auch an anderen Stellen arbeiten Öffentlich-Rechtliche und Private inzwischen zusammen. Dafür gibt es allerdings Grenzen.

Von Christoph Sterz | 28.09.2017
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    Ab Mitte Oktober bei Sky und ein Jahr später dann in der ARD: die Serie Babylon Berlin. (Filmausschnitt: Sky Television)
    Zwei Staffeln, insgesamt 16 Folgen und Kosten von um die 40 Millionen Euro, dazu prominente Schauspieler und Tom Tykwer als Regisseur und Drehbuchautor: Bei der Krimiserie Babylon Berlin wird nicht gekleckert. Dafür stemmen die ARD, Sky, die Produktionsfirma X Filme und der Filmhändler Beta Film das Großprojekt gemeinsam.
    "Jeder bekommt einen Teil der Rechte: Beta die internationalen Rechte, Sky die Pay-TV-Rechte für den deutschen Markt und wir im Kern die Free-TV-Rechte für den deutschen Markt. Das ist grob die Rechte-Aufteilung und entsprechend gestalten sich auch die finanziellen Anteile." Eine Win-Win-Situation sei das, meint Volker Herres, Programmdirektor des Ersten Deutschen Fernsehens. Ohne diese Zusammenarbeit sei so ein Projekt nicht möglich gewesen. Außerdem würden sich die Partner bei ihren Interessen nicht ins Gehege kommen - schließlich ist Sky ja ein Bezahlsender; und ein schon bekannter Kooperationspartner.
    Zusammenarbeit mit verschiedenen Partnern
    Seit der gerade begonnenen Saison laufen die Spiele der Handball-Bundesliga im Pay-TV und im Öffentlich-Rechtlichen. Sky, ARD und ZDF haben gemeinsam einen Vertrag unterschrieben. Sky überträgt alle Spiele live, die ARD bis zu zwölf Live-Begegnungen. Außerdem gibt es Zusammenfassungen zum Beispiel in der Sportschau oder im ZDF-Morgenmagazin.
    Das-Erste-Programmdirektor Volker Herres: "Auch wir, die wir ja mit einem gedeckelten und begrenzten Budget im Sportrechte-Markt agieren, müssen uns überlegen, wie wir bestimmte Rechte für ein breites Publikum im Free-TV sichern können. Und das geht nicht immer, indem wir alles exklusiv kaufen, sondern indem man Partnerschaften eingeht. Handball-Bundesliga war so eine."
    Und es gibt noch weitere Beispiele: Das öffentlich-rechtliche Jugendangebot "Funk" hat zusammen mit Spotify eine Serie zur Bundestagswahl angeboten; "Funk" produzierte Videos, Spotify einen Podcast. Auch die "Zeit" und "Report München" vom Bayerischen Rundfunk haben schon mal kooperiert, genau wie der RBB und die "Berliner Morgenpost".
    Kooperationsregeln müssen beachtet werden
    Was aber nicht bedeutet, dass die Öffentlich-Rechtlichen in allen Bereichen so viel wie möglich mit Privaten zusammenarbeiten. Auch deswegen, weil es dafür Grenzen gibt. Wann Kooperationen unzulässig sind, erklärt der Medienrechts-Professor Karl-Eberhard Hain von der Uni Köln:
    "Die wären nicht zulässig, wenn es nicht der Erfüllung des öffentlich-rechtlichen Auftrages dient, wenn Programmgrundsätze verletzt würden, wenn kein spezifisches öffentlich-rechtliches Profil gegeben wäre, wenn redaktionelle Verantwortung und redaktionelle Freiheit des öffentlich-rechtlichen Kooperationspartners nicht gewahrt werden könnte, wenn es vorrangig um wirtschaftliche Verwertungsvorgänge ginge, und - jedenfalls nach dem WDR-Gesetz, wenn in der Entscheidung oder Partnerauswahl eine Diskriminierung anderer Marktteilnehmer läge."
    Kritik am Rechercheverbund
    Letzteres wurde den Öffentlich-Rechtlichen vor einigen Jahren vorgeworfen, beim Rechercheverbund zwischen WDR, NDR und der Süddeutschen Zeitung. Der VPRT, also der Verband Privater Rundfunk und Telemedien, kritisierte, dass der Rechercheverbund den privaten Wettbewerb verzerre, zugunsten der "Süddeutschen". Der Verband legte Beschwerde ein - woraufhin der WDR eine Richtlinie erließ, wann Kooperationen zulässig sind und wann nicht.
    Eine Richtlinie ist das, die von den Öffentlich-Rechtlichen nur der WDR hat. In ihr steht jetzt schwarz auf weiß, dass der WDR seine privaten Kooperationspartner diskriminierungsfrei auswählen muss.
    Redaktionen müssen frei entscheiden können
    "Das heißt: Es gibt eine Regelung, die sagt: Ihr dürft Eure Partner nicht unbegründet auswählen. Es muss dafür sachliche Gründe geben. Allzu streng wird man allerdings mit der Anwendung dieses Grundsatzes nicht umgehen können, weil immer auch die redaktionelle Freiheit des öffentlich-rechtlichen Partners gewahrt bleiben muss", sagt Medienrechtler Hain.
    Solange sich die Zusammenarbeit also journalistisch begründen lässt und auch die übrigen Regeln eingehalten werden - zum Beispiel die ARD-Richtlinien für Werbung, Sponsoring, Gewinnspiele und Produktionshilfe - steht einer Kooperation zwischen Öffentlich-Rechtlichen und Privaten juristisch wenig im Wege.