In langen Reihen warten die Winzer auf ihren Traktoren, um die wertvolle Fracht abzuliefern. Traubenannahme beim Badischen Winzerkeller in Breisach. Rund 25 000 Mitglieder haben sich zur größte Winzergenossenschaft in Deutschland zusammengeschlossen, der Jahresumsatz erreicht stolze 50 Millionen Euro. Das Wetter in diesem Oktober ist gut, dennoch muss es jetzt schnell gehen:
"Hier werden also die vollen Traubenbottiche mit einem Kran abgeladen in die vorbereiteten Bearbeitungslinien." In Spitzentagen bekommen wir etwa bis zu 5000 solcher Bottiche. Je Bottich etwa 500 Kilogramm Trauben, "
erklärt Heinz Trogus, Vorstand Kellerwirtschaft. Nur wenige Kilometer entfernt in Vogtsburg, ebenfalls am Kaiserstuhl gelegen, geht es nicht minder hektisch zu. Auch auf dem Weingut Johner, einem der deutschen Spitzenweingüter für Rotwein, zählt jeder Tag, um eine größtmögliche Qualität der Trauben zu erreichen.
Dieses Jahr haben die badischen Winzer besonders mit der hohen Feuchtigkeit zu kämpfen - mit teilweise fatalen Folgen, sagt der Juniorchef des Unternehmens Patrick Johner und zeigt auf ein Nachbargrundstück:
" Wir haben am Weinstock, hier jetzt einen sehr stark behangenen Weinstock - und da sind ungefähr 10 Prozent mit Botritis behaftet und zwar fast schon so stark, dass man die eigentlich für einen normalen Wein nicht mehr verwenden kann."
Johner setzt kompromisslos auf Qualität - die besten Beeren werden nach der Lese per Hand selektiert.
" Es ist ein bisschen schwierig zu sagen, was kostet das für einen Hektar oder einen Betrieb, aber es ist eine ordentliche Summe im sechsstelligen Bereich, "
sagt Seniorchef Karl Heinz Johner. Seine hohen Kosten nimmt er in Kauf, denn wie bei anderen Spitzenwinzern auch sind seine Kunden bereit, Qualität zu bezahlen.
Auf rund 100 Milliarden Euro wird der globale Weinmarkt geschätzt. Doch der Anteil der Weine, die 3, 50 Euro und weniger kosten, liegt bei 77 Prozent, so das Ergebnis einer Untersuchung des britischen Marktforschungsinstituts International Wines und Spirits Records. Noch größer ist der Preisdruck allerdings hierzulande:
" Der Durchschnittspreis in Deutschland ist einer der niedrigsten der Welt. Zwei Euro, rund zwei Euro zahlt der Verbraucher im Durchschnitt für eine Flasche Wein."
Marian Kopp weiß, wovon er spricht. Kopp ist Vorstandsmitglied bei der Kellerei Racke, die sich auf Markenweine spezialisiert hat. Markenweine werden in großer Stückzahl auf dem Massenmarkt verkauft, in der Regel über den Supermarkt.
Die Maxime der wenigen großen deutschen Weinhandelsfirmen: jahrgangsbedingte Geschmacksschwankungen zu verhindern. Der Wiedererkennungseffekt ist eines der wesentlichen Kriterien einer erfolgreichen Marke:
" Unser Anspruch für die Weine, für die sagen wir mal, die geliebten Alltagsweine ist natürlich, die Qualität sehr gleichmäßig zu halten. Das gelingt uns, wenn wir verschiedene Rebsorten oder auch verschiedene Regionen in Verbindung bringen."
Die richtige Mischung macht es also. Und das geht nur im großen Stil. Per LKW, Tankschiff oder auch Eisenbahn wird der Wein auf der ganzen Welt aufgekauft, gut 160 Millionen Euro hat das Unternehmen im abgelaufenen Geschäftsjahr umgesetzt.
Dabei profitieren große Handelsbetriebe wie Racke von einem Trend, der bereits seit einigen Jahren zu beobachten ist, sagt Monika Christmann, zuständig bei der Weinforschungsanstalt Geisenheim für den Fachbereich Kellerwirtschaft:
" Früher ist man doch einmal, zweimal, dreimal zu seinem Winzer gefahren - hat den Kofferraum voll gemacht und hat davon das Jahr über gelebt. Und heute, wo 50 Prozent oder sogar etwas über 50 Prozent im Discounter gekauft werden, kann man auch hieran erkennen, dass einiges in Bewegung ist."
" Die Weinkönigin 2005/2006 heißt Sylvia Benzinger. "
Es ist ein alljährliches Ritual, dass bereits seit 1949 gepflegt wird - die Kür der deutschen Weinkönigin, die bei der Vermarktung deutscher Weine helfen soll. Doch solche Marketinginstrumente wirken angesichts der gewaltigen Verschiebungen auf dem deutschen wie globalen Weinmarkt reichlich antiquiert
" Wir haben heute zwei Weinmärkte. Wir haben einen Weinmarkt für Massenprodukte, für Massenware, für Industrieware und da ist natürlich die Konkurrenz aus Übersee führend. Und wir haben den Markt für hochwertige Weine, der sehr klein ist."
Der Weinautor Gerhard Eichelmann gilt als einer der besten Kenner des deutschen Marktes und seine Einschätzung wird von den meisten Experten geteilt. Gerade Australien, Chile oder auch Südafrika haben in den letzten Jahren ihre Rebflächen massiv ausgeweitet und mit saftigen, gehaltvollen Syrah- oder auch Cabernet Savignon-Weinen die globalen Geschmackstrends geprägt. Ein Erfolg, so die Professorin der Weinfachhochschule Geisenheim, dem die etablierten Produzenten in Europa so schnell nichts entgegenzusetzen haben.
" Wenn die Prognosen stimmen, die die verschiedenen Institute so voraussagen, sieht es so aus, dass im kommenden Jahr erstmalig mehr Wein aus Übersee in die europäische Union rein fließen wird als rausgeht. Also Deutschland ist in der gleichen Situation wie Frankreich, Italien, Spanien oder auch andere Länder in der EU, sich einem unheimlich wachsenden Druck und einem unglaublichen Angebot aus Übersee gegenüber zu sehen."
Auch die Gesellschaft für Konsumforschung hat jüngst dramatische Zahlen präsentiert: Demnach ist der Marktanteil deutschen Weins im eigenen Land in den letzten sieben Jahren um 10 Prozentpunkte auf gut 41 Prozent gesunken - eine Berechnung, die jedoch vom Deutschen Weininstitut angezweifelt wird. Dort heißt es, der Marktanteil bewege sich weiterhin konstant bei rund 50 Prozent. Der wachsende Druck durch die preisgünstigen Weine aus Übersee wird von der Selbsthilfeorganisation der deutschen Weinwirtschaft jedoch nicht bestritten.
Mit welchen Wettbewerbsvorteilen die neue Konkurrenz punkten kann, zeigt der Blick nach Chile. Concha y Toro - mit einem Jahresvolumen von 130 Millionen Litern einer der größten Weinproduzenten der Welt:
" Wir sind der Meinung, dass Chile bei der Weinproduktion klare Wettbewerbsvorteile hat. Unser Klima und unsere Böden sind wunderbar für den Weinanbau geeignet. Außerdem haben wir Kostenvorteile. Wir können Flächen, die für den Weinanbau geeignet sind, zu sehr günstigen Preisen kaufen. Hinzu kommen die niedrigeren Löhne. Die Lohnkosten hier in Chile sind ohne Zweifel geringer als in den USA oder Europa."
Erklärt selbstbewusst die Kommunikationschefin von Concha y Toro, Blanca Bustamente. Mit einem aggressiven Expansionskurs hat das Unternehmen die globalen Weinmärkte förmlich aufgerollt, und das bei weitem nicht nur mit Billigweinen. In rund 92 Ländern werden die Produkte vertrieben, selbst in China ist das mittlerweile börsennotierte Familienunternehmen präsent.
" In den vergangenen fünf oder sechs Jahren hat Concha y Toro seinen Umsatz im Durchschnitt jährlich um etwa 16,5 Prozent steigern können. 2004 lag der Verkaufserlös bei 338 Millionen Dollar. Was das Exportvolumen angeht: 2001 waren es noch fünfeinhalb Millionen Kisten Wein, im letzten Jahr haben wir neuneinhalb Millionen Kisten exportiert. Das heißt, in den vergangenen vier Jahren sind die Exporte von Concha y Toro im Durchschnitt um 20 Prozent gestiegen."
Beeindruckende Zahlen, mit denen die Weinwirtschaft hierzulande - von Tradition und Familienunternehmen geprägt - natürlich nicht mithalten kann. Aber selbst in Europa gibt es nur wenige Unternehmen wie etwa Philippe de Rothschild in Frankreich oder auch Antinori in Italien, die weltweit bekannte Markenweine vorweisen können.
Insbesondere in Sachen Marketing hat Europa noch viel zu lernen, meint Expertin Christmann:
" Wir produzieren hier nach unseren Traditionen und versuchen hier, unsere Weine im Markt abzusetzen. Während man in Übersee den genau umgekehrten Weg geht: Was will denn der Markt haben. Und da stehen dann große Mengen dahinter."
Ein Erfolgsweg, der sich auch in Südafrika abzeichnet. Von Anfang an setzen die Unternehmen auf Marktforschung. Die möglichen Absatzmärkte - und Deutschland ist der größte Weinimporteur der Welt - werden genau analysiert und gewichtet. Claudia Colussi, Markenmanagerin bei Nederburg, mit einer Jahresproduktion von rund einer Million Kisten und etwa 50 verschiedenen Weinen eines der großen Unternehmen in Südafrika:
" Nun in Deutschland ist der Weinkonsument etwas älter und konservativ. Das ist ähnlich wie hier bei uns in Südafrika. Sie oder er mögen Wein, sie sind keine Weinanfänger mehr, sie kennen das Produkt und sie gehören der guten Mittelschicht an. Unser Ziel ist es jetzt, jüngere Konsumenten zu erreichen - denn das ist die Voraussetzung, wenn man expandieren will. Das ist unsere Strategie."
International ausgerichtete Firmen wie der Weinhändler Racke investieren längst viel Geld in Werbung und Marktforschung. Und ist derzeit gerade Südafrika bei den Verbrauchern "in", dann wird natürlich auch diese Geschmacksmode bedient.
Und wie bei den Konzernen entwerfen die Marketingstrategen künftige Weine zunächst am Reißbrett. Mag der Weinliebhaber auch noch so sehr die Nase rümpfen - entscheidend, so Vorstandsmitglied Kopp sei allein der Geschmack der anvisierten Zielgruppe:
" Wir haben selbst mit unserer Marke Viala Sweet - das mag etwas ungewöhnlich klingen, aber wir haben "Sweet" drauf geschrieben, dass was wir meinen, nämlich süß. - wir haben das festgestellt bei unserer Zielgruppe, den jüngeren Verbrauchern so zwischen 20 und 30, dass man durchaus sagen sollte "sweet." Das ist modern, und das sind Weine, die haben über 40 Gramm Restzucker pro Liter."
Doch was machen die rund 14 000 Betriebe hierzulande, die von der eigenen Vermarktung leben müssen und sich nur bedingt auf internationale Trends einstellen können - zumal Deutschland als klassisches Weißweinland gilt? Einfache Antworten darauf gibt es nicht - schon gar nicht für die vielschichtige deutsche Weinwirtschaft
Da ist etwa die Gruppe der rund 900 Spitzenwinzer, die die dramatischen Umwälzungen auf den globalen Weinmärkten nur wenig zu spüren bekommen:
" Ich hasse grundsätzlich den Begriff "internationaler Geschmack". Was ich eher mag, ist, einen Wein zu produzieren, der Terroir, der gebietstypisch ist, der aber international vergleichbar ist. Das ist ein Riesenunterschied. Ein richtiger Wein, der blüht nicht in der Jugend, sondern der entfaltet sich erst später wie eine Rose."
Selbst bei Johner in Baden werden aber die internationalen Trends aufmerksam beobachtet, geht man notfalls neue Wege, um sich auf dem umkämpften Markt der Spitzenweine behaupten zu können. Deshalb haben die Winzer auch in Neuseeland investiert:
" Da können wir sozusagen mit unserm neuseeländischen Weingut den Namen Johner bekannt machen und dann auf dessen Rücken dann eines Tages unsere deutschen Spätburgunder und burgundischen Weine auch im Export zu platzieren."
Bis ans andere Ende der Welt wollen sich viele Spitzenwinzer sicherlich nicht vorwagen. Doch unternehmerisch setzen sie letztlich alle auf die gleiche Strategie: Kompromisslose Qualität und Eigenständigkeit im Geschmack sollen das Überleben sichern. Nicht der Massenmarkt zählt, sondern die Nische, sagt auch Manfred Schmidt vom Hofgut Consequence, das sich mit ökologisch hergestellten Weinen einen Namen gemacht hat:
" Wir dürfen nicht den Fehler machen, uns diesem Stil in großem Maß anzupassen. Wir in Deutschland haben höhere Kosten in der Produktion, wir haben ein engeres Weingesetz. Wir müssen uns spezialisieren. Wir müssen uns auf die Kunden konzentrieren, die direkten Kontakt zu den Winzern haben wollen. Die ökologisch orientiert sind und die wissen, woher der Wein kommt."
Doch im mittleren und unteren Preissegment tobt der Kampf um die Kunden, gerade auch auf dem heimischen Markt, ungleich härter. Und Weinautor Eichelmann sieht manchen Winzer längst auf verlorenem Posten und dafür sei die Branche auch selbst verantwortlich:
" Es werden immer nur neue Begriffe, neue Kategorien eingeführt. So wie man ‚Selection', wie man ‚Classic' eingeführt hat. Wie jetzt der Verband der Prädikatsweingüter mit dem Großen Gewächs wieder etwas eingeführt hat, das in jeder Region unterschiedlich gehandhabt wird, das niemand mehr versteht. Irgendwann wird auch die deutsche Weinwirtschaft merken, dass es so nicht weiter geht. Und der Verbraucher hat eigentlich schon die Konsequenz daraus gezogen. Also wer sich interessiert für deutschen Wein, der geht nach dem Winzer und nicht nach dem Etikett."
Von Verbandsseite ist jedoch kaum Hilfe zu erwarten. Zu unterschiedlich sind die einzelnen Interessen etwa zwischen den großen Genossenschaften und den Spitzenwinzern, als dass man sich schnell auf eine gemeinsame Strategie einigen könnte - sofern es die überhaupt gibt. Letztlich, so Eichelmann müsse also jeder Winzer selbst entscheiden:
" Wir sollten uns auf das besinnen, was wir können: schöne leichte trockene oder süße Weißweine zu machen mit wenig Alkohol, und nicht versuchen, jetzt internationalen Chardonnay zu imitieren."
Doch längst hat etwa Australien damit begonnen, große Rebflächen mit Riesling zu bepflanzen. Gut möglich, dass diese urtypisch deutsche Rebsorte in einigen Jahren von den Verbrauchern mit Australien in Verbindung gebracht wird.
Weinseligkeit, Gemütlichkeit und Sorglosigkeit - die alten Klischees haben mit der Weinwirklichkeit längst nichts mehr gemein. Bei den großen Konzernen heißen die Leitbilder Umsatz, Kostenkalkulation und Gewinnmaximierung. Dabei spielt auch die Technik immer mehr eine zentrale Rolle.
Der Einsatz von Eichenchips oder Eichenholzspänen in Edelstahltanks etwa ist in der Neuen Welt längst gängige Praxis. In der Europäischen Union dürfen dagegen nur richtige Eichenfässer verwendet werden, um den begehrten Holzgeschmack im Wein zu erzielen:
" Also im Grunde handelt es sich um den gleichen chemischen Prozess. Der große Unterschied besteht aber jetzt darin, wenn ich mit einem Barrique arbeite, habe ich Zusatzkosten, die bewegen sich zwischen 1 Euro 50 bis drei Euro pro Flasche. Den gleichen Effekt kann ich mit Chips erreichen für den Kostenfaktor von zwei Cents."
Gibt die Kellertechnikexpertin Christmann zu bedenken. Gerade bei den Produktionskosten sind die Wettbewerber aus Übersee ihren europäischen Konkurrenten mittlerweile meilenweit voraus, auch dies ein Grund für ihren aktuellen Erfolg. Notfalls wird den Weinen auch schon mal Zitronensäure oder auch künstliches Tanin zugesetzt. Und in den USA ist es bei Spitzenwinzern inzwischen gängige Praxis, in einem aufwendigen Verfahren Alkohol zu entziehen. Aus Verbraucherschutzgründen, so die schlichte Begründung. Traditionalisten mögen hier den Kopf schütteln, doch längst hat der technische Fortschritt in Form eines neuen Handelsabkommens auch die europäischen Grenzen erreicht:
" Indem die USA sich haben zugestehen lassen, dass sie Weine auf unseren Markt bringen dürfen, die nach Verfahren hergestellt werden, die in der Europäischen Union nicht erlaubt sind. Die Frage wird jetzt natürlich sein, nicht nur, wie erfolgreich sind diese Weine dann in Europa. Sondern die Frage wird sein, was haben die europäischen Winzer dem entgegen zu setzen. "
Für die Massenweine fällt die Antwort eindeutig aus: angesichts der knallharten Konkurrenz in den Supermarktregalen - immerhin hat der Verbraucher die Wahl zwischen rund 35.000 Angeboten - zählt jeder Cent, der vielleicht noch eingespart werden kann:
" Panschen, Manipulieren - das ist das schlimmste, was es gibt. Das ist und war schon immer durch das Weingesetz verboten. Das finden wir auch richtig. Aber, jetzt kommt die Kehrseite dazu. Wir sagen, dass der Verbraucher einen Anspruch hat, wenn er bestimmte Interessen hat und die Weinwirtschaft Interesse hat, Weine an den Mann, an die Frau zu bringen. Dass es wichtig ist, dass man nicht außer acht lässt, wie sich Trends, wie sich Geschmacksbilder entwickeln."
Im Klartext: die europäische Weingesetzgebung sollte dringend entschlackt und modernisiert werden, fordert der Kommunikationschef von Racke: Erste Anläufe dazu gibt es längst. Doch viele Winzer können schon jetzt nicht mehr mit der internationalen Konkurrenz mithalten:
" Wenn man da hinter die Kulissen schaut, dann weiß man auch, dass es dort enorme Probleme gibt im genossenschaftlichen Bereich zur Zeit. Was einige noch versuchen, mit Fusionen zu überspielen, zu verlagern. Aber es stehen doch viele Genossenschaften vor ernsten Problemen, um nicht zu sagen vor dem Aus, "
meint Gerhard Eichelmann. Immerhin, der Preisverfall beim Wein, so lautet eine andere Prognose, dürfte erst einmal gestoppt sein, auch wenn der globale Siegeszug des Industrieweins ungebrochen ist. Perfektionisten wie der Badener Winzer Johner bleiben dennoch gelassen: ein guter, mit Leidenschaft produzierter Wein wird sich immer durchsetzen und dass Chile und Südafrika inzwischen auch etwas zu sagen haben auf dem globalisierten Weinmarkt, das ist akzeptiert:
" Nicht sich hinter irgend etwas zu verstecken, sondern eine Eigenständigkeit zu kreieren, die einfach unverkennbar ist. wir sind schon Individualisten und absolute Einzelkämpfer."
" Ich meine: Südafrika ist erst gestartet. Natürlich liegt noch ein langer Weg vor uns. Aber wir sind auf der Erfolgsspur, gerade was das Wachstum angeht. Australien wird aufpassen müssen."
" Wir sind sehr offen und interessiert an neuen Trends. Concha y Toro ist ein flexibles Unternehmen. Wir kennen die verschiedenen Märkte und beobachten, welche Weine Erfolg haben und wie sich die Nachfrage nach den verschiedenen Rebsorten entwickelt."
Die neuen Herausforderer stehen aber schon längst in den Startlöchern: in Indien und China laufen die Vorbereitungen für eine Eroberung der globalen Weinmärkte bereits auf Hochtouren.
"Hier werden also die vollen Traubenbottiche mit einem Kran abgeladen in die vorbereiteten Bearbeitungslinien." In Spitzentagen bekommen wir etwa bis zu 5000 solcher Bottiche. Je Bottich etwa 500 Kilogramm Trauben, "
erklärt Heinz Trogus, Vorstand Kellerwirtschaft. Nur wenige Kilometer entfernt in Vogtsburg, ebenfalls am Kaiserstuhl gelegen, geht es nicht minder hektisch zu. Auch auf dem Weingut Johner, einem der deutschen Spitzenweingüter für Rotwein, zählt jeder Tag, um eine größtmögliche Qualität der Trauben zu erreichen.
Dieses Jahr haben die badischen Winzer besonders mit der hohen Feuchtigkeit zu kämpfen - mit teilweise fatalen Folgen, sagt der Juniorchef des Unternehmens Patrick Johner und zeigt auf ein Nachbargrundstück:
" Wir haben am Weinstock, hier jetzt einen sehr stark behangenen Weinstock - und da sind ungefähr 10 Prozent mit Botritis behaftet und zwar fast schon so stark, dass man die eigentlich für einen normalen Wein nicht mehr verwenden kann."
Johner setzt kompromisslos auf Qualität - die besten Beeren werden nach der Lese per Hand selektiert.
" Es ist ein bisschen schwierig zu sagen, was kostet das für einen Hektar oder einen Betrieb, aber es ist eine ordentliche Summe im sechsstelligen Bereich, "
sagt Seniorchef Karl Heinz Johner. Seine hohen Kosten nimmt er in Kauf, denn wie bei anderen Spitzenwinzern auch sind seine Kunden bereit, Qualität zu bezahlen.
Auf rund 100 Milliarden Euro wird der globale Weinmarkt geschätzt. Doch der Anteil der Weine, die 3, 50 Euro und weniger kosten, liegt bei 77 Prozent, so das Ergebnis einer Untersuchung des britischen Marktforschungsinstituts International Wines und Spirits Records. Noch größer ist der Preisdruck allerdings hierzulande:
" Der Durchschnittspreis in Deutschland ist einer der niedrigsten der Welt. Zwei Euro, rund zwei Euro zahlt der Verbraucher im Durchschnitt für eine Flasche Wein."
Marian Kopp weiß, wovon er spricht. Kopp ist Vorstandsmitglied bei der Kellerei Racke, die sich auf Markenweine spezialisiert hat. Markenweine werden in großer Stückzahl auf dem Massenmarkt verkauft, in der Regel über den Supermarkt.
Die Maxime der wenigen großen deutschen Weinhandelsfirmen: jahrgangsbedingte Geschmacksschwankungen zu verhindern. Der Wiedererkennungseffekt ist eines der wesentlichen Kriterien einer erfolgreichen Marke:
" Unser Anspruch für die Weine, für die sagen wir mal, die geliebten Alltagsweine ist natürlich, die Qualität sehr gleichmäßig zu halten. Das gelingt uns, wenn wir verschiedene Rebsorten oder auch verschiedene Regionen in Verbindung bringen."
Die richtige Mischung macht es also. Und das geht nur im großen Stil. Per LKW, Tankschiff oder auch Eisenbahn wird der Wein auf der ganzen Welt aufgekauft, gut 160 Millionen Euro hat das Unternehmen im abgelaufenen Geschäftsjahr umgesetzt.
Dabei profitieren große Handelsbetriebe wie Racke von einem Trend, der bereits seit einigen Jahren zu beobachten ist, sagt Monika Christmann, zuständig bei der Weinforschungsanstalt Geisenheim für den Fachbereich Kellerwirtschaft:
" Früher ist man doch einmal, zweimal, dreimal zu seinem Winzer gefahren - hat den Kofferraum voll gemacht und hat davon das Jahr über gelebt. Und heute, wo 50 Prozent oder sogar etwas über 50 Prozent im Discounter gekauft werden, kann man auch hieran erkennen, dass einiges in Bewegung ist."
" Die Weinkönigin 2005/2006 heißt Sylvia Benzinger. "
Es ist ein alljährliches Ritual, dass bereits seit 1949 gepflegt wird - die Kür der deutschen Weinkönigin, die bei der Vermarktung deutscher Weine helfen soll. Doch solche Marketinginstrumente wirken angesichts der gewaltigen Verschiebungen auf dem deutschen wie globalen Weinmarkt reichlich antiquiert
" Wir haben heute zwei Weinmärkte. Wir haben einen Weinmarkt für Massenprodukte, für Massenware, für Industrieware und da ist natürlich die Konkurrenz aus Übersee führend. Und wir haben den Markt für hochwertige Weine, der sehr klein ist."
Der Weinautor Gerhard Eichelmann gilt als einer der besten Kenner des deutschen Marktes und seine Einschätzung wird von den meisten Experten geteilt. Gerade Australien, Chile oder auch Südafrika haben in den letzten Jahren ihre Rebflächen massiv ausgeweitet und mit saftigen, gehaltvollen Syrah- oder auch Cabernet Savignon-Weinen die globalen Geschmackstrends geprägt. Ein Erfolg, so die Professorin der Weinfachhochschule Geisenheim, dem die etablierten Produzenten in Europa so schnell nichts entgegenzusetzen haben.
" Wenn die Prognosen stimmen, die die verschiedenen Institute so voraussagen, sieht es so aus, dass im kommenden Jahr erstmalig mehr Wein aus Übersee in die europäische Union rein fließen wird als rausgeht. Also Deutschland ist in der gleichen Situation wie Frankreich, Italien, Spanien oder auch andere Länder in der EU, sich einem unheimlich wachsenden Druck und einem unglaublichen Angebot aus Übersee gegenüber zu sehen."
Auch die Gesellschaft für Konsumforschung hat jüngst dramatische Zahlen präsentiert: Demnach ist der Marktanteil deutschen Weins im eigenen Land in den letzten sieben Jahren um 10 Prozentpunkte auf gut 41 Prozent gesunken - eine Berechnung, die jedoch vom Deutschen Weininstitut angezweifelt wird. Dort heißt es, der Marktanteil bewege sich weiterhin konstant bei rund 50 Prozent. Der wachsende Druck durch die preisgünstigen Weine aus Übersee wird von der Selbsthilfeorganisation der deutschen Weinwirtschaft jedoch nicht bestritten.
Mit welchen Wettbewerbsvorteilen die neue Konkurrenz punkten kann, zeigt der Blick nach Chile. Concha y Toro - mit einem Jahresvolumen von 130 Millionen Litern einer der größten Weinproduzenten der Welt:
" Wir sind der Meinung, dass Chile bei der Weinproduktion klare Wettbewerbsvorteile hat. Unser Klima und unsere Böden sind wunderbar für den Weinanbau geeignet. Außerdem haben wir Kostenvorteile. Wir können Flächen, die für den Weinanbau geeignet sind, zu sehr günstigen Preisen kaufen. Hinzu kommen die niedrigeren Löhne. Die Lohnkosten hier in Chile sind ohne Zweifel geringer als in den USA oder Europa."
Erklärt selbstbewusst die Kommunikationschefin von Concha y Toro, Blanca Bustamente. Mit einem aggressiven Expansionskurs hat das Unternehmen die globalen Weinmärkte förmlich aufgerollt, und das bei weitem nicht nur mit Billigweinen. In rund 92 Ländern werden die Produkte vertrieben, selbst in China ist das mittlerweile börsennotierte Familienunternehmen präsent.
" In den vergangenen fünf oder sechs Jahren hat Concha y Toro seinen Umsatz im Durchschnitt jährlich um etwa 16,5 Prozent steigern können. 2004 lag der Verkaufserlös bei 338 Millionen Dollar. Was das Exportvolumen angeht: 2001 waren es noch fünfeinhalb Millionen Kisten Wein, im letzten Jahr haben wir neuneinhalb Millionen Kisten exportiert. Das heißt, in den vergangenen vier Jahren sind die Exporte von Concha y Toro im Durchschnitt um 20 Prozent gestiegen."
Beeindruckende Zahlen, mit denen die Weinwirtschaft hierzulande - von Tradition und Familienunternehmen geprägt - natürlich nicht mithalten kann. Aber selbst in Europa gibt es nur wenige Unternehmen wie etwa Philippe de Rothschild in Frankreich oder auch Antinori in Italien, die weltweit bekannte Markenweine vorweisen können.
Insbesondere in Sachen Marketing hat Europa noch viel zu lernen, meint Expertin Christmann:
" Wir produzieren hier nach unseren Traditionen und versuchen hier, unsere Weine im Markt abzusetzen. Während man in Übersee den genau umgekehrten Weg geht: Was will denn der Markt haben. Und da stehen dann große Mengen dahinter."
Ein Erfolgsweg, der sich auch in Südafrika abzeichnet. Von Anfang an setzen die Unternehmen auf Marktforschung. Die möglichen Absatzmärkte - und Deutschland ist der größte Weinimporteur der Welt - werden genau analysiert und gewichtet. Claudia Colussi, Markenmanagerin bei Nederburg, mit einer Jahresproduktion von rund einer Million Kisten und etwa 50 verschiedenen Weinen eines der großen Unternehmen in Südafrika:
" Nun in Deutschland ist der Weinkonsument etwas älter und konservativ. Das ist ähnlich wie hier bei uns in Südafrika. Sie oder er mögen Wein, sie sind keine Weinanfänger mehr, sie kennen das Produkt und sie gehören der guten Mittelschicht an. Unser Ziel ist es jetzt, jüngere Konsumenten zu erreichen - denn das ist die Voraussetzung, wenn man expandieren will. Das ist unsere Strategie."
International ausgerichtete Firmen wie der Weinhändler Racke investieren längst viel Geld in Werbung und Marktforschung. Und ist derzeit gerade Südafrika bei den Verbrauchern "in", dann wird natürlich auch diese Geschmacksmode bedient.
Und wie bei den Konzernen entwerfen die Marketingstrategen künftige Weine zunächst am Reißbrett. Mag der Weinliebhaber auch noch so sehr die Nase rümpfen - entscheidend, so Vorstandsmitglied Kopp sei allein der Geschmack der anvisierten Zielgruppe:
" Wir haben selbst mit unserer Marke Viala Sweet - das mag etwas ungewöhnlich klingen, aber wir haben "Sweet" drauf geschrieben, dass was wir meinen, nämlich süß. - wir haben das festgestellt bei unserer Zielgruppe, den jüngeren Verbrauchern so zwischen 20 und 30, dass man durchaus sagen sollte "sweet." Das ist modern, und das sind Weine, die haben über 40 Gramm Restzucker pro Liter."
Doch was machen die rund 14 000 Betriebe hierzulande, die von der eigenen Vermarktung leben müssen und sich nur bedingt auf internationale Trends einstellen können - zumal Deutschland als klassisches Weißweinland gilt? Einfache Antworten darauf gibt es nicht - schon gar nicht für die vielschichtige deutsche Weinwirtschaft
Da ist etwa die Gruppe der rund 900 Spitzenwinzer, die die dramatischen Umwälzungen auf den globalen Weinmärkten nur wenig zu spüren bekommen:
" Ich hasse grundsätzlich den Begriff "internationaler Geschmack". Was ich eher mag, ist, einen Wein zu produzieren, der Terroir, der gebietstypisch ist, der aber international vergleichbar ist. Das ist ein Riesenunterschied. Ein richtiger Wein, der blüht nicht in der Jugend, sondern der entfaltet sich erst später wie eine Rose."
Selbst bei Johner in Baden werden aber die internationalen Trends aufmerksam beobachtet, geht man notfalls neue Wege, um sich auf dem umkämpften Markt der Spitzenweine behaupten zu können. Deshalb haben die Winzer auch in Neuseeland investiert:
" Da können wir sozusagen mit unserm neuseeländischen Weingut den Namen Johner bekannt machen und dann auf dessen Rücken dann eines Tages unsere deutschen Spätburgunder und burgundischen Weine auch im Export zu platzieren."
Bis ans andere Ende der Welt wollen sich viele Spitzenwinzer sicherlich nicht vorwagen. Doch unternehmerisch setzen sie letztlich alle auf die gleiche Strategie: Kompromisslose Qualität und Eigenständigkeit im Geschmack sollen das Überleben sichern. Nicht der Massenmarkt zählt, sondern die Nische, sagt auch Manfred Schmidt vom Hofgut Consequence, das sich mit ökologisch hergestellten Weinen einen Namen gemacht hat:
" Wir dürfen nicht den Fehler machen, uns diesem Stil in großem Maß anzupassen. Wir in Deutschland haben höhere Kosten in der Produktion, wir haben ein engeres Weingesetz. Wir müssen uns spezialisieren. Wir müssen uns auf die Kunden konzentrieren, die direkten Kontakt zu den Winzern haben wollen. Die ökologisch orientiert sind und die wissen, woher der Wein kommt."
Doch im mittleren und unteren Preissegment tobt der Kampf um die Kunden, gerade auch auf dem heimischen Markt, ungleich härter. Und Weinautor Eichelmann sieht manchen Winzer längst auf verlorenem Posten und dafür sei die Branche auch selbst verantwortlich:
" Es werden immer nur neue Begriffe, neue Kategorien eingeführt. So wie man ‚Selection', wie man ‚Classic' eingeführt hat. Wie jetzt der Verband der Prädikatsweingüter mit dem Großen Gewächs wieder etwas eingeführt hat, das in jeder Region unterschiedlich gehandhabt wird, das niemand mehr versteht. Irgendwann wird auch die deutsche Weinwirtschaft merken, dass es so nicht weiter geht. Und der Verbraucher hat eigentlich schon die Konsequenz daraus gezogen. Also wer sich interessiert für deutschen Wein, der geht nach dem Winzer und nicht nach dem Etikett."
Von Verbandsseite ist jedoch kaum Hilfe zu erwarten. Zu unterschiedlich sind die einzelnen Interessen etwa zwischen den großen Genossenschaften und den Spitzenwinzern, als dass man sich schnell auf eine gemeinsame Strategie einigen könnte - sofern es die überhaupt gibt. Letztlich, so Eichelmann müsse also jeder Winzer selbst entscheiden:
" Wir sollten uns auf das besinnen, was wir können: schöne leichte trockene oder süße Weißweine zu machen mit wenig Alkohol, und nicht versuchen, jetzt internationalen Chardonnay zu imitieren."
Doch längst hat etwa Australien damit begonnen, große Rebflächen mit Riesling zu bepflanzen. Gut möglich, dass diese urtypisch deutsche Rebsorte in einigen Jahren von den Verbrauchern mit Australien in Verbindung gebracht wird.
Weinseligkeit, Gemütlichkeit und Sorglosigkeit - die alten Klischees haben mit der Weinwirklichkeit längst nichts mehr gemein. Bei den großen Konzernen heißen die Leitbilder Umsatz, Kostenkalkulation und Gewinnmaximierung. Dabei spielt auch die Technik immer mehr eine zentrale Rolle.
Der Einsatz von Eichenchips oder Eichenholzspänen in Edelstahltanks etwa ist in der Neuen Welt längst gängige Praxis. In der Europäischen Union dürfen dagegen nur richtige Eichenfässer verwendet werden, um den begehrten Holzgeschmack im Wein zu erzielen:
" Also im Grunde handelt es sich um den gleichen chemischen Prozess. Der große Unterschied besteht aber jetzt darin, wenn ich mit einem Barrique arbeite, habe ich Zusatzkosten, die bewegen sich zwischen 1 Euro 50 bis drei Euro pro Flasche. Den gleichen Effekt kann ich mit Chips erreichen für den Kostenfaktor von zwei Cents."
Gibt die Kellertechnikexpertin Christmann zu bedenken. Gerade bei den Produktionskosten sind die Wettbewerber aus Übersee ihren europäischen Konkurrenten mittlerweile meilenweit voraus, auch dies ein Grund für ihren aktuellen Erfolg. Notfalls wird den Weinen auch schon mal Zitronensäure oder auch künstliches Tanin zugesetzt. Und in den USA ist es bei Spitzenwinzern inzwischen gängige Praxis, in einem aufwendigen Verfahren Alkohol zu entziehen. Aus Verbraucherschutzgründen, so die schlichte Begründung. Traditionalisten mögen hier den Kopf schütteln, doch längst hat der technische Fortschritt in Form eines neuen Handelsabkommens auch die europäischen Grenzen erreicht:
" Indem die USA sich haben zugestehen lassen, dass sie Weine auf unseren Markt bringen dürfen, die nach Verfahren hergestellt werden, die in der Europäischen Union nicht erlaubt sind. Die Frage wird jetzt natürlich sein, nicht nur, wie erfolgreich sind diese Weine dann in Europa. Sondern die Frage wird sein, was haben die europäischen Winzer dem entgegen zu setzen. "
Für die Massenweine fällt die Antwort eindeutig aus: angesichts der knallharten Konkurrenz in den Supermarktregalen - immerhin hat der Verbraucher die Wahl zwischen rund 35.000 Angeboten - zählt jeder Cent, der vielleicht noch eingespart werden kann:
" Panschen, Manipulieren - das ist das schlimmste, was es gibt. Das ist und war schon immer durch das Weingesetz verboten. Das finden wir auch richtig. Aber, jetzt kommt die Kehrseite dazu. Wir sagen, dass der Verbraucher einen Anspruch hat, wenn er bestimmte Interessen hat und die Weinwirtschaft Interesse hat, Weine an den Mann, an die Frau zu bringen. Dass es wichtig ist, dass man nicht außer acht lässt, wie sich Trends, wie sich Geschmacksbilder entwickeln."
Im Klartext: die europäische Weingesetzgebung sollte dringend entschlackt und modernisiert werden, fordert der Kommunikationschef von Racke: Erste Anläufe dazu gibt es längst. Doch viele Winzer können schon jetzt nicht mehr mit der internationalen Konkurrenz mithalten:
" Wenn man da hinter die Kulissen schaut, dann weiß man auch, dass es dort enorme Probleme gibt im genossenschaftlichen Bereich zur Zeit. Was einige noch versuchen, mit Fusionen zu überspielen, zu verlagern. Aber es stehen doch viele Genossenschaften vor ernsten Problemen, um nicht zu sagen vor dem Aus, "
meint Gerhard Eichelmann. Immerhin, der Preisverfall beim Wein, so lautet eine andere Prognose, dürfte erst einmal gestoppt sein, auch wenn der globale Siegeszug des Industrieweins ungebrochen ist. Perfektionisten wie der Badener Winzer Johner bleiben dennoch gelassen: ein guter, mit Leidenschaft produzierter Wein wird sich immer durchsetzen und dass Chile und Südafrika inzwischen auch etwas zu sagen haben auf dem globalisierten Weinmarkt, das ist akzeptiert:
" Nicht sich hinter irgend etwas zu verstecken, sondern eine Eigenständigkeit zu kreieren, die einfach unverkennbar ist. wir sind schon Individualisten und absolute Einzelkämpfer."
" Ich meine: Südafrika ist erst gestartet. Natürlich liegt noch ein langer Weg vor uns. Aber wir sind auf der Erfolgsspur, gerade was das Wachstum angeht. Australien wird aufpassen müssen."
" Wir sind sehr offen und interessiert an neuen Trends. Concha y Toro ist ein flexibles Unternehmen. Wir kennen die verschiedenen Märkte und beobachten, welche Weine Erfolg haben und wie sich die Nachfrage nach den verschiedenen Rebsorten entwickelt."
Die neuen Herausforderer stehen aber schon längst in den Startlöchern: in Indien und China laufen die Vorbereitungen für eine Eroberung der globalen Weinmärkte bereits auf Hochtouren.